Eichstätt
Bravouröses Comeback

Theaterleit vo Preith sprühen bei „Umdraaht“ vor Spielfreude

24.11.2022 | Stand 19.09.2023, 3:41 Uhr

Wer möchte seine Lebens-Rolle tauschen? Beim sonntäglichen Frühschoppen werden die Karten neu gemischt, damit sich bald alle in „Umdraaht“ wiederfinden. Die Schauspieler der Theaterleit vo Preith (von links): Gabi Pfaller, Herbert Bauch, Michael Schneider, Manfred Bittl, Christine Hajak, Markus Bauer, Lina Bauer und Reni Ferstl. Foto: Breitenhuber

Preith – Wer nach fast drei Jahren Abstinenz wieder Preither Theaterluft atmen kann, vergisst die Pandemie-Zwangspause im Nu. Denn da sind sie wieder: die Freude am Spiel, die unbändige Lust der Schauspieler, die detailverliebte, perfekte Bühne, das große Zusammenwirken vor und hinter den Kulissen und das begeisterte Publikum. Als wäre keine Pause gewesen, präsentieren die Theaterleit vo Preith mit „Umdraaht“ einen Landstorfer-Klassiker, der Freude, Kurzweil und Heiterkeit verbreitet und dem treuen Zuschauer wie immer auch einen augenzwinkernden Stupser verpasst.

Vorhang auf und Licht aus! Der Effekt zu Beginn des Stückes beeindruckt nicht nur wegen spezieller Beleuchtung. In den Anfangs-Statements der Akteure wird klar, worum es sich dreht: Man möchte raus aus seiner Lebens-Rolle, die einem überdrüssig erscheint und letztlich für Unzufriedenheit allerorten sorgt.

Ein Dorfrichter – mit bajuwarischem Pathos von Michael Schneider verkörpert – sehnt sich nach einem unbeschwerten Job ohne Entscheidungsdruck. Seine rechte Hand Georgia alias Reni Ferstl wirbelt als fürsorgend-frische Gerichtsschreiberin über die Bühne und verliert mit zunehmender Anzeigenflut die Nerven für ihren Job. Einmal nur möchte sie den Spieß umdrehen und sich vor Gericht als notorisches Kräuterweiberl (köstlich von Lina Bauer präsentiert) über alles Unwichtige beschweren, so wäre zumindest ihr Traum.

Dass der Viehhändler sein Leben als „Leitbscheißer“ ebenfalls satt hat und sich als kundenfreundlicher Wirt beweisen möchte, stellt den Lauf der Dinge zusätzlich auf den Kopf. Die Protagonisten – vortrefflich Herbert Bauch als „leitbscheißender“ Preller Hanse und Gabi Pfaller als derb-grantige Wirtin – spielen sich in einen Rausch. Allein die Hoffnung auf bessere Zeiten in der neuen Rolle wird bald von der Realität eingeholt. Dem Publikum gereicht diese Erkenntnis aber nicht wirklich zum Schaden: Vielmehr führt die in jeder Beziehung treffend inszenierte Verwandlung der Figuren in ein regelrecht komisches Chaos, bei dem kein Auge trocken bleibt.

So auch beim Rollentausch des unter der Fuchtel seiner Frau stehenden Leopold Duckerer: Wie sich Markus Bauer mit seiner Bühnenfigur identifiziert, ist eine große Schau. Beim Wandel zum dominanten Großbauern bleibt nicht nur seiner bislang überdominanten Frau Theresia die Spucke weg. Die Großbäuerin – Christine Hajak, resolut und in überzeugender schauspielerischer Manier – verstummt im Schatten ihres Gatten, womit sie im Leben nie gerechnet hätte.

Doch was bleibt für den armen Poeten und Künstler in dieser verdrehten Welt? Inspiriert von der Muse – Carl Spitzweg lässt grüßen – und im Outfit eines überregional anerkannten Künstlers des Altmühltals unterwegs, könnte Manfred Bittl diese Figur nicht authentischer spielen. Sein vornehm-feinsinniger Ausdruck und die köstlich zurückhaltende Art in der deftigen Schafkopfrunde sind großes Theater. Und das ganze Ensemble zaubert mit seiner Wandlungsfähigheit, der großen Spiellust und den starken Charakteren ein bravouröses Comeback nach zwei Jahren Pause auf die Bühne.

Kein Zweifel besteht darin, dass den Schauspielern, Bühnenbauern und Regisseuren – erfolgreich im Duo Stephan Gabler und Veronika Bauch – im Margraf-Haus wieder ein herzerfrischendes Bühnenstück gelungen ist, das so manche entbehrungsreiche Zeiten vergessen lässt.

eb