„Die Drohne ist schon da“
Über die Zukunft von Drohnen - und warum Ingolstadt eine große Rolle spielen könnte

10.02.2023 | Stand 17.09.2023, 3:27 Uhr

Drohnen über dem Hamburger Hafen: Mit einem „Reallabor“ testete die Firma Droniq die Steuerung des Verkehrs von Drohnen außerhalb der Sichtweite. Fotos: Droniq

Droniq, ein Tochterunternehmen der Deutschen Flugsicherung und der Deutschen Telekom, will den bislang nicht erfassten Drohnenverkehr koordinieren - und die Region Ingolstadt könnte dabei eine Schlüsselrolle spielen. Dazu ein Interview mit Droniq-Geschäftsführer Jan-Eric Putze.



Herr Putze, zum Einstieg eine einfache Frage: Wie geht es voran mit der Urban Air Mobility (UAM)?
Jan-Eric Putze: (lacht) Also, eine ganz einfache Frage ist das nicht. Aber: Sie schreitet voran. Die EASA, die Agentur der Europäischen Union für Flugsicherheit, hat Regularien festgelegt und die Mitgliedsstaaten sind nun dabei, das in nationales Recht zu überführen. Sobald das geschehen ist, haben wir einen wichtigen Schritt getan. Denn dann hat die Industrie eine gewisse Sicherheit, was den rechtlichen Rahmen betrifft.

Gehen wir von der nahen in die ganz ferne Zukunft: Sie von Droniq wollen beziehungsweise können einen sogenannten U-Space, einen abgegrenzten, beaufsichtigten Luftraum für den Drohnenverkehr, überwachen und, wenn man so will, betreiben – vielleicht schon bald in und um Ingolstadt. Wird es in einigen Jahrzehnten diese U-Spaces in Deutschland flächendeckend geben oder nur in den Ballungszentren?
Putze: Da streiten sich momentan die Gelehrten noch. Die handfeste Frage dahinter ist: Soll ein U-Space wirtschaftlich betrieben werden oder wird das Teil einer Infrastruktur sein, die der Staat zur Verfügung stellt? Das ist noch relativ offen. Im Moment sieht es danach aus, dass die U-Spaces auf Wettbewerbsbasis betrieben werden sollen. Dann würde es U-Spaces nur an Orten geben, wo ein erhöhtes Drohnenaufkommen zu erwarten ist. Sonst rentiert sich das ja nicht. Aber um ehrlich zu sein: Darüber machen sich im Moment noch sehr wenige Leute Gedanken.

Sie habe bereits um den Hafen Hamburg einen U-Space betrieben. Was sind da Ihre Erfahrungen?
Putze: Dass das System funktioniert! Ich muss Sie allerdings korrigieren: Einen U-Space zu betreiben, war zu diesem Zeitpunkt rechtlich nicht möglich. Aber mit Sondergenehmigungen der Behörden konnten wir in Hamburg ein Reallabor betreiben, das wir der Einfachheit halber U-Space genannt haben. Dort haben wir zwei Wochen lang unter Realbedingungen simuliert, wie ein U-Space funktioniert und wie darin ein sicheres Zusammenspiel von bemannter und unbemannter Luftfahrt stattfinden kann.

Und nun lautet der nächste Schritt: Ein U-Space in und um Ingolstadt?
Putze: Das würde gut passen, denn Ingolstadt ist eine der Innovationsregionen in Bayern, gerade auch beim städtischen Luftverkehr mit Elektroluftfahrzeugen. Wir sind mit der Stadt und allen relevanten Partnern im Gespräch. Allerdings gibt es bislang noch keine nationale rechtliche Grundlage für die Einrichtung von U-Spaces. Wir müssen daher einen Schritt nach dem anderen gehen und fangen mit einfachen Tests an. Sollten wir zu einem positiven Ergebnis kommen, dann könnte in der Region der erste U-Space entstehen. Dabei stehen Flug- und Betriebssicherheit sowie die Berücksichtigung von Anwohner- und Nutzerinteressen an oberster Stelle. 

Sie könnten also anfangen? Die Werkzeuge haben Sie – Hammer, Nagel, Zange sozusagen liegt alles bereit?
Putze: Liegt alles bereit. Was noch fehlt, ist der gesetzliche Rahmen. Allen voran die große Frage: Wer zertifiziert uns? Was müssen wir dabei einreichen? Ist das geklärt, kann es aus unserer Sicht ganz schnell gehen.

Und für uns am Boden bedeutet das: Sie sorgen dafür, dass der Drohnenverkehr sicher abläuft?
Putze: Ganz genau. Wir kümmern uns um alles, was ab einem Zentimeter über dem Boden schwebt und bringen das in Einklang mit dem klassischen Luftverkehr. Dabei habe wir in der Region Ingolstadt noch die Besonderheit, dass es sich in Manching um einen kombinierten zivilen und militärischen Flughafen handelt. Dabei stellen wir in Zusammenarbeit mit der Flugsicherung in Manching sicher, dass alles geordnet abläuft.

Das wollen aber auch andere.
Putze: Momentan nicht in Manching und Ingolstadt; aber Sie können davon ausgehen, dass in jedem Land ein, zwei oder mehrere Firmen existieren, die daran arbeiten, U-Spaces-Services anzubieten. Das soll ja auch ein Wettbewerb sein.

Nun hat das bei Ihnen beim Reallabor in Hamburg offenbar gut geklappt. Wie sieht es denn da mit den Kapazitäten für den Datenverkehr aus? Müssen noch zusätzliche Handymasten aufgestellt werden?
Putze: Infrastruktur ist ein spannendes Thema. Die ist sicher noch nicht überall ausreichend vorhanden. Wir brauchen über der Strecke, die Sie mit Ihrer Drohne außerhalb Ihrer Sichtweite fliegen wollen, eine Mobilfunknetzabdeckung. Haben wir die nicht, müssen wir unter Umständen am Boden noch weitere Antennen und Sensoren aufstellen.

Der Drohnenverkehr ist ja eine Mischung aus Realität, die täglich passiert, und Science-Fiction. Was sind denn Ihrer Ansicht nach die die nächsten realistischen Schritte, die der Drohnenverkehr macht? Personenbeförderung ist das sicher noch nicht.
Putze: In Deutschland insbesondere werden die nächsten Schritte die sein, die von der breiten Bevölkerung akzeptiert werden. Wenn die Bevölkerung einen Mehrwert erkennt, wird sie den Schritt unterstützen. Mit dieser Akzeptanz könnte der Drohnenverkehr dann Schritt für Schritt wachsen. Wenn es darum geht, schnell Gewebeproben oder medizinisches Gerät zu liefern, wird das eher akzeptiert werden als der Transport eines Cappuccinos vom Italiener zur eigenen Terrasse. Es sollte sich die Erkenntnis durchsetzen, dass eine Drohne kein Spielzeug ist, sondern ein Werkzeug. So wie für den Dachdecker, der nun ein Dach inspizieren kann, ohne hochsteigen zu müssen.

Summa summarum: Die Drohne als Verkehrsmittel wird kommen?

Putze: Die Drohne ist schon da. Wegsehen hilft nichts. Die Technik ist da, sie wird weiter verbessert und verstärkt genutzt werden. Wir in Deutschland und in Bayern müssen zusehen, wie wir diese Entwicklung des Drohnenverkehrs weiter mitgestalten und entfalten können, damit das Instrument Drohne bestmöglich und vor allem jederzeit sicher eingesetzt werden kann.


DIE FIRMA DRONIQ



Ein Ziel der Droniq – eine Tochter der  Deutschen Flugsicherung (51 Prozent Anteile) und der Deutschen Telekom (49 Prozent) –  ist es, den Verkehr im unteren Luftraum, also vom Boden bis in eine Höhe von 150 Metern zu koordinieren. Außer im Bereich um Flughäfen wird dieser Bereich von der Flugsicherung derzeit nicht erfasst. Weil es also dafür keinen überwachten Luftraum gibt, muss derjenige, der eine Drohne steuert, diese bislang immer in Sichtweite steuern. Die Droniq mit Sitz in Frankfurt, die sich selbst als Full-Service Drohnendienst beschreibt, löst diese Herausforderung durch die Bereitstellung eines sogenannten Drohnenverkehrsmanagementsystems.

Damit sieht der Drohnenpilot sowohl seine Position als auch den ihn umgebenden bemannten und unbemannten Flugverkehr (unter und über 150 Metern Höhe). Ferner bietet ein solches System die Grundlage, um künftig in U-Spaces (eine Art Drohnenluftraum, der klar abgegrenzt ist und insbesondere in Gegenden mit hohem Drohnenaufkommen entstehen soll) den Drohnenverkehr sicher und effizient zu koordinieren. Die Firma Droniq wurde 2019 gegründet. Seitdem ist Jan-Eric Putz einer der beiden Geschäftsführer.

DK