Ingolstadt/Roth
Sparkassenfusion vorerst vom Tisch: Mittelfranken-Süd zieht zurück

Vorstandssuche in Roth hat jetzt Vorrang

22.03.2022 | Stand 23.09.2023, 2:16 Uhr

Die Sparkassen Mittelfranken-Süd: Die Bankenehe liegt auf Eis, weil in Roth zunächst ein neuer Vorstand gebraucht wird. Foto: Münch

Von Marco Schneider, Rainer Messingschlager und Markus Meßner

Die Fusion der Sparkassen Ingolstadt-Eichstätt und Mittelfranken-Süd ist vorerst vom Tisch: Nach der überraschenden Trennung von Vorstandsmitglied Daniela Heil will man den Fokus vorerst auf die Suche nach einer neuen Führung legen. Mittelfranken-Süd bleibt bis auf Weiteres selbstständig. Ganz aufgegeben hat die Bankenehe aber noch niemand.

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Die Pressemitteilung, die von der Sparkasse Mittelfranken-Süd verschickt wurde, war dünn: „Nach intensiver Analyse und Diskussion hat der Verwaltungsrat entschieden, nach den bisherigen Sondierungen mit der Sparkasse Ingolstadt-Eichstätt nicht in Fusionsverhandlungen einzusteigen; trotz betriebswirtschaftlicher Vorteile und einem guten partnerschaftlichen Austausch.“ Und weiter: „Erfahrungen aus anderen Häusern zeigen, dass Fusionen nur mit einer starken Aufstellung auf beiden Seiten und bei voller Fokussierung erfolgreich sein können.“ Das sei aktuell in Roth nicht gegeben.

Fusionsvertrag war im Entwurf fertig

In Ingolstadt zeigte man sich am Montagnachmittag bei einem kurzfristig anberaumten Gespräch mit unserer Zeitung enttäuscht über die Vollbremsung. „Wir waren optimal unterwegs“, sagte Vorstandsvorsitzender Jürgen Wittmann. Es habe „breite Einigkeit“ bei vielen Themen gegeben – etwa bei der Besetzung der Gremien, der Marktaufstellung. Ein Termin für die technische Fusion stand fest, der Fusionsvertrag lag im Entwurf auf dem Tisch. Wäre alles weitergelaufen wie bisher, wäre zum 1. Januar 2023 die viertgrößte Sparkasse Bayerns entstanden – mit einer Bilanzsumme von mehr als zehn Milliarden Euro.

Vor rund einem Monat überraschten die beiden Geldhäuser mit der Ankündigung zu fusionieren. Nun also der Rückzieher. An den Sondierungsgesprächen habe es nicht gelegen, sagt Roths Landrat Herbert Eckstein (SPD), Vorsitzender des Verwaltungsrates der Sparkasse Mittelfranken-Süd und bestätigt damit die Sicht der Ingolstädter. Dass man nun von der Fusion Abstand nimmt, hängt in der Tat mit der Vorstandsituation zusammen. Denn nach dem Ausscheiden von Daniela Heil steht Vorstandschef Hans-Jürgen Rohmer alleine da: bis zum März 2023, wenn er in den Ruhestand geht.

„Um auf Augenhöhe in die Verhandlungen zu gehen, braucht es zwei Starke“, sagt Eckstein. Ein schneller Ersatz für Heil sei nicht möglich gewesen. Man habe zwar jemand Älteren im Blick gehabt, doch der habe nicht gewollt und die Jüngeren müssten erst noch gewisse Voraussetzungen erfüllen. Jemand mit Stallgeruch hätte es aus Sicht Ecksteins aber sein müssen. Bei einer Fusion müsse Überzeugungsarbeit geleistet werden, „da kann man nur reingehen, wenn man stark aufgestellt ist“. Die Mitarbeiter müssten wissen, dass da jemand ist, der auch die Ellenbogen ausfahren kann. Ein neuer Vorstand müsse sich auch erst etablieren.

„Ich verstehe, dass die Sparkasse Mittelfranken-Süd gerne mit einem eigenen Vorstand im gemeinsamen Haus vertreten sein möchte“, betont Wittmann. Einer, der Mitarbeiter, Kunden und Sparkasse kenne. Man bedauere die Entwicklung, vor allem auch, „weil wir überzeugt davon sind, dass dieser Zusammenschluss ein Erfolgsmodell ist“, so Wittmann: „Beide Häuser passen wie Zahnräder ineinander.“ Im Umkehrschluss heißt das: „Die Türe bleibt offen.“ Und Wittmann schiebt nach: „Zu gegebener Zeit.“ Das betont auch der Ingolstadt-Eichstätter Verwaltungsratsvorsitzende, OB Christian Scharpf. Der bisherige Austausch sei vielversprechend gewesen: „Ich wünsche mir, dass der Gesprächsfaden nicht aufgegeben wird.“ Es gebe klare Argumente für den Zusammenschluss.

Anetsberger: Absage „verwunderlich“

Auch aus mittelfränkischer Sicht ist nichts endgültig, sagt Eckstein. Aber auf absehbare Zeit werde es keine Verhandlungen geben: Der jetzt vollzogene saubere Schnitt und die klare Ansage, dass man die nächsten Jahre als selbstständige Sparkasse weiter machen will, sei für die Beschäftigten wesentlich fairer, findet Eckstein. „Wir werden jetzt die beiden Vorstandspositionen zeitnah ausschreiben.“ Dieses neue Team müsse sich dann ein gewisses Grundvertrauen erwerben: Man brauche jetzt erst einmal alle Kräfte nach innen.

„Das ist eine Wendung, die ich so nicht erwartet hatte“, sagt Landrat Alexander Anetsberger (CSU). Er sei davon ausgegangen, dass die Fusionspläne zunächst nur auf Eis gelegt werden sollen. Aber die Mitteilung der Sparkasse Mittelfranken-Süd sei an „Klarheit nicht zu übertreffen“. Das Anliegen der Vertreter der Sparkasse Ingolstadt-Eichstätt sei es, „die Sparkasse weiterzuentwickeln und die Spitzenposition im Markt zu stärken“. Er findet die Absage „etwas verwunderlich“, zumal die Beteiligten jetzt in vertiefte Gespräche einsteigen wollten. Am Mittwoch findet bereits die nächste Sitzung des Verwaltungsrats statt. Landrat Anetsberger geht davon aus, dass es dann auch nähere Informationen über die geplatzte Fusion geben wird.

Eichstätts Oberbürgermeister Josef Grienberger (CSU), stellvertretender Verwaltungsratsvorsitzender, zeigt sich ebenfalls überrascht von dieser Entwicklung in den vergangenen Tagen: „Wir haben bisher gute und vertrauensvolle Vorgespräche geführt.“ Eine Fusion beider Häuser wäre auch sinnvoll gewesen, fügte er hinzu. Aber aufgeschoben muss aus seiner Sicht nicht gleich aufgehoben bedeuten. Vielleicht würden sich derzeit manche Dinge überschneiden, die für eine solche Fusion hinderlich seien und es sei nötig, die Bremse einzulegen.

Für Grienberger ist der Zug auch nicht endgültig abgefahren: Er verweist darauf, dass beide Sparkassen aus einer Position der Stärke heraus miteinander verhandelt hätten und nicht, weil sie in Not geraten sind. Deshalb erwartet er für die Sparkasse Ingolstadt-Eichstätt auch keine unmittelbar negativen Konsequenzen daraus. „Die Welt dreht sich weiter“, sagte er.

DK