Ingolstadt/Gaimersheim
Cyberangriff legt Schlemmerservice und Schulessen lahm

Pflegedienst Ponzer bekam keine Lieferung von Apetito: 80 Patienten mit Restbeständen versorgt - 15 Schulen betroffen

01.07.2022 | Stand 22.09.2023, 21:42 Uhr

Auf der Homepage informiert Apetito über den Cyberangriff. Auch ein Pflegedienst und 15 Ingolstädter Schulen werden über die Firma beliefert. Foto: Stückle

Während in Verbindung mit dem Ukraine-Krieg die Angst vor einer Hungersnot global zunimmt, müssen sich auch Senioren und Kinder im Raum Ingolstadt Sorgen ums Essen machen.



Denn die IT-Systeme der Apetito AG, die unter anderem auch den in Gaimersheim ansässigen Pflegedienst Ponzer und 15 Ingolstädter Schulen beliefert, ist durch einen Cyberangriff lahmgelegt worden. „Wir haben keine Lieferung bekommen“, so Pflegedienstleiter Christian Ponzer. Die etwa 80 Patienten für den „Schlemmerservice“, wie das Essen auf Rädern bei Ponzer heißt, seien am Donnerstag mit Restbeständen versorgt worden. „Sie können sich nicht vorstellen, was bei uns los ist.“

Bereits vor einigen Tagen wurden die IT-Systeme des im nordrhein-westfälischen Rheine beheimateten Lieferanten von Fertigmenüs gehackt. „Da unsere Server attackiert wurden“ habe das Unternehmen derzeit keinen Zugriff auf die Systeme, teilt Apetito auf seiner Homepage mit. Bestellungen seien zurzeit nicht möglich. Laut Homepage will der Essenslieferant vor allem die Versorgung von Seniorenheimen, Kliniken und Senioren sicherstellen. Hierzu wolle man Ersatzmenüs bereitstellen.

„Dann ruft’s halt einen Metzger an“

Der ambulante Pflegedienst Ponzer gehört offenbar nicht dazu. „Wir hätten am Mittwoch beliefert werden sollen, haben aber nichts gekriegt“, erzählt Ponzer unserer Zeitung. Oberste Priorität, habe man ihm gesagt, hätten Kliniken und Seniorenheime. Man habe am Telefon die Antwort bekommen: „Dann ruft’s halt einen Metzger an“, so Ponzer. Plan B, hieß es, sei Sache des Pflegedienstes. „Jetzt müssen wir rumtelefonieren, damit wir Essen herkriegen“, sagt Ponzer.

Man habe am Donnerstag bei einem Konkurrenten bestellt und hoffe, so eine Woche überbrücken zu können. Allerdings gebe es natürlich nicht die vorbestellten Speisen. Die Senioren suchen sich normalerweise ihre Menüs aus. Jetzt bekommen sie wohl anderes Essen als bestellt. Was zu Beschwerden führt. Einem 80-Jährigen zu erklären, der Grund sei ein Cyberangriff, sei nicht einfach. Viele verstünden nicht, was damit gemeint sei.

In elf Schulen wird selbst gekocht

Auch 15 Ingolstädter Schulen werden von dem Anbieter beliefert. Wie Stadtsprecher Michael Klarner auf Nachfrage sagte, erhalten diese seit dieser Woche von Apetito keine Essenslieferungen mehr. Die Folge: In elf Schulen wird selbst gekocht. Aufgrund der Infrastruktur vor Ort könnten einfache Gerichte übergangsweise zubereitet werden, „sodass hier weitgehend ohne Einschränkungen Essen ausgegeben werden können“.

In den vier anderen von Apetito belieferten Schulen, deren Infrastruktur die Zubereitung von Essen nicht ermöglicht, werden die Lagerbestände aufgebraucht. „Die Eltern wurden bereits informiert, dass in der kommenden Woche vorübergehend Brotzeiten mitgebracht werden müssen.“ Kitas sind laut Klarner nicht betroffen.

Derzeit verhandelt die Stadt mit einem anderen Lieferanten, um spätestens übernächste Woche Ersatz zu haben. Wann Apetito wieder erreichbar ist, ist nicht absehbar. Kunden werden an die jeweiligen Außendienstmitarbeiter verwiesen.

DK