Schrobenhausen
Plötzlich rund 300 Stunden mehr Freizeit

Sportler während der Coronavirus-Zwangspause (37): Stadtlauf-Cheforganisator Manfred Dallmeier

02.06.2020 | Stand 23.09.2023, 12:13 Uhr
Glücklich im Kreise seiner drei Mädels: Manfred Dallmeier zusammen mit Freundin Simone sowie den Zwillingen Thea und Linda. −Foto: privat

Schrobenhausen - Schrobenhausen - eine Stadt der Jogger, Leichtathleten, Bewegungsliebhaber?

 

Lange Zeit durfte man erhebliche Zweifel daran haben. Bis 2013 Manfred Dallmeier sowie seine damalige Freundin Carolin Euba tätig wurden: Aufgrund eines familiären Schicksalsschlags bei ihr hatte es sich dieses Pärchen in jenem Jahr fest vorgenommen, Geld für wohltätige Zwecke zu sammeln - und hierbei kam ihm die fast schon geniale Idee, den Stadtlauf in der Altlandkreismetropole zu neuem Leben zu erwecken. "Ursprünglich hatten wir geplant, das Ganze nur einmal zu machen", erinnert sich Dallmeier: "Aber die Resonanz bei der Premiere war dann dermaßen riesig, dass wir förmlich weitermachen mussten. Die Veranstaltung entwickelte sich zu einem absoluten Selbstläufer, der Sport in Schrobenhausen schien nach so etwas regelrecht zu plärren. "

Inzwischen wurde das Rennen stolze sechs Male seit 2013 wiederholt - und auch heuer, von heute aus gesehen in exakt 108 Tagen, hätte in der Lenbachstraße ein Startschuss für Hunderte von Bewegungsfreudigen erfolgen sollen. Wenn das Coronavirus nicht gekommen wäre. Es kam jedoch - und ließ den Organisatoren keine andere Wahl, als das für den 19. September geplante Lauf-Event bereits Anfang Mai abzusagen.

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"Natürlich fiel uns dieser Schritt sehr schwer", erklärt Dallmeier: "Aber man darf nicht vergessen, dass zunächst mal eine Summe von rund 15000 bis 20000 Euro von Nöten ist, um den Schrobenhausener Stadtlauf überhaupt einigermaßen planen zu können. " Zugegeben: In den vorherigen Jahren hatten die Organisatoren schon immer 25 bis 30 treue Sponsoren, um den schönen Batzen Geld zusammenzubekommen. Aber hätte das auch heuer, in der Corona-Krise, wieder so locker geklappt - in einer Zeit, in der viele Firmen gewiss andere Probleme haben, als einen Stadtlauf zu unterstützen? Dallmeier und Euba wollten da verständlicherweise kein Risiko eingehen - zumal nicht sicher ist, ob im September überhaupt schon wieder sportliche Großveranstaltungen wie dieses Rennen erlaubt sind.

"Dass ich extrem traurig darüber bin, dass wir heuer aussetzen müssen - das muss ich wohl nicht besonders hervorheben", sagt Dallmeier. Er weiß nur zu gut: Seit der Premiere 2013 hat "sein" Stadtlauf Jahr für Jahr eine beeindruckende Steigerung hingelegt, die Starterzahl ging stets nach oben - und damit auch die Geldsumme, die am Ende übrig blieb, um sie an wohltätige Einrichtungen in der näheren Umgebung zu spenden. "Insgesamt sind bereits über 60000 Euro durch unsere Rennen in Schrobenhausen zusammengekommen", vermeldet der 38-Jährige stolz. Beziehungsweise äußerst dankbar in Richtung aller, die hierzu ihren Teil beigetragen haben.

Wobei die Hauptarbeit trotzdem er sowie Euba zu verrichten hatten. Sein ungefährer Zeitaufwand? "Gut und gerne rund 300 Stunden pro Jahr", rechnet Dallmeier vor: "Alles rein ehrenamtlich, ohne zu einem großen Verein zu gehören. " Keine Frage, das ist nicht schlecht - erst recht nicht für einen Mann, der als Vater von zwei kleinen Zwillingen und als selbstständiger Versicherungsmakler/ Berufsunfähigkeitsspezialist sowieso nicht über fehlende Beschäftigung klagen kann. . .

 

Aber der einstige Bezirksligafußballer vom BSV Berg im Gau möchte nicht darüber klagen. Ganz im Gegenteil. "Jeder einzelne Stadtlauf war bislang eine tolle Sache für mich. Ich lernte dadurch viel hinzu, durfte mit Menschen aus allen Facetten in Kontakt kommen. Wie wichtig der sportliche Bereich in unserer Gesellschaft ist - durch diese Events konnte ich das in aller Ausführlichkeit feststellen. "

Schöne Worte von Dallmeier. Und ihm ist es wichtig zu betonen, dass er sie auch exakt so meint: "Diese Stadtläufe zu organisieren, das hat mich vom Kopf her definitiv erwachsener gemacht. Von den Erfahrungen, die ich hierbei über all die Jahre sammelte, kann nun mein gesamtes Leben lang profitieren, Wie soll/muss/kann ich mit anderen Leuten umgehen? Wie sind Menschen einzuteilen, wie muss man sie delegieren? All das hatte ich als Mit-Cheforganisator in all den Jahren zu lernen. Das alles lief fast schon wie in einer kleinen Firma - nur mit der Ausnahme, dass wir keine Angestellten hatten, sondern immer rund 40 Freunde, die uns ehrenamtlich unterstützten. "

Und was macht Dallmeier nun mit den zirka 300 Stunden an zusätzlicher Freizeit, die er aufgrund der Stadtlauf-Absage 2020 hat? Der 38-Jährige lacht: "Meine beiden Zwillinge Thea und Linda sowie meine Freundin Simone dürften auf jeden Fall davon profitieren. Außerdem fahre ich gerne mit dem Rennrad sowie dem Mountainbike, jogge, mache Kräftigungsübungen, spiele Fußball und Tennis. " Mit anderen Worten: Langweilig wird es ihm nie.

Wobei Dallmeier sich immer wieder gerne als "Ballkind" bezeichnet. Was so viel bedeutet wie: Individualsportarten schön und gut - ein Stück weit empfindet er sie aber dennoch als "monoton". Dementsprechend schwer war es ihm gefallen, schon vor über einem Jahrzehnt seine Fußballschuhe an den berühmten Nagel hängen zu müssen - zumindest in Sachen Punktspiele. "Wir hatten damals beim BSV Berg im Gau einen wahrlich ,gesunden' Jahrgang, in dem nahezu jeder richtig gut kicken konnte. Nicht von ungefähr hielten wir uns damals jahrelang in der Bezirksliga", erinnert sich Dallmeier. Bloß bei ihm persönlich kamen plötzlich schwere Verletzungen hinzu, als eine Folge davon ging sein Frustfaktor stetig nach oben - "und da blieb aus meiner Sicht nichts anderes mehr übrig, als frühzeitig Schluss zu machen", berichtet der inzwischen 38-Jährige: "Ich bin niemand, der an etwas festhalten will, das keinen Sinn mehr macht. "

Inwieweit er auch 2021 noch am Schrobenhausener Stadtlauf festhalten möchte? Ob es dann, von heute aus gesehen in zwölf Monaten und ungefähr 108 Tagen, zur achten Auflage des Rennens kommen wird? All das steht noch in den Sternen. Grundsätzlich sagt der 38-Jährige: "Seitdem ich selbst so etwas mitorganisiert habe, sehe ich Großveranstaltungen mit ganz anderen Augen. Wie viel Arbeit, wie viel Aufwand, wie viel Risiko dahintersteckt, das war mir zuvor nie richtig bewusst gewesen. Umso wichtiger ist es, dass es immer wieder Menschen gibt, die sich bereit erklären, so etwas zu machen. "

SZ

Roland Kaufmann