Ingolstadt
"Ich habe alles auf den Fußball ausgelegt"

Sie ist die erste Trainerin in der A-Junioren-Bundesliga: Sabrina Wittmann betritt beim FC Ingolstadt Neuland

19.04.2019 | Stand 02.12.2020, 14:09 Uhr
Sabrina Wittmann. −Foto: Foto: FCI

Ingolstadt (DK) Der FC Ingolstadt hat für ein Novum in der U19-Bundesliga gesorgt: Mit Sabrina Wittmann steht erstmals eine Frau an der Seitenlinie in Deutschlands höchster Nachwuchsliga.

Wie die 27-Jährige dorthin kam und wo ihr Weg noch hinführen soll, verriet sie im Gespräch mit unserer Zeitung.

Frau Wittmann, 2006 liefen Sie mit den "Maria Ward Allstars" beim Soccer-Cup in Eichstätt auf und wurden dabei unter vielen Jungs zur besten Spielerin gewählt. War damals schon klar, dass Sie später einmal im Fußball arbeiten werden?
Sabrina Wittmann: Nein, ich habe nie wirklich eine große Spielerkarriere angepeilt. So gut war ich dann doch nicht. Ich hatte ja erst mit 14 Jahren angefangen, wirklich Fußball zu spielen. Ich war zwar nicht ganz untalentiert, weil ich auch davor schon viel mit Jungs gekickt hatte, aber daran war damals nicht zu denken.

Der FCI-Nachwuchsleiter Roland Reichel meinte, er schätze Ihr gutes Spielverständnis. Sie waren früher Mittelfeldspielerin. Waren Sie eine Strategin?
Wittmann: Überwiegend habe ich Außenverteidigerin oder eben im defensiven Mittelfeld gespielt. Ich identifiziere mich aber nicht über meine kurze und eher unerfolgreiche Zeit als Spielerin. Ich habe das Meiste hier im Trainerwesen und vor allem von meinen Kollegen gelernt. Gerade auch Roland hat mir als sportlicher Leiter in meiner Zeit hier einen ganz anderen Blick auf das Spiel aufgezeigt.

Wie kam es dann dazu, dass Sie nun die U19-Junioren des FC Ingolstadt trainieren?
Wittmann: Ich war sieben Jahre als Spielerin im Verein aktiv und habe während eines Auslandsjahres zufällig erste Trainererfahrung in den USA gesammelt. Ich bin dann als Trainerin über die U15-Juniorinnen zur U10 im Nachwuchsleistungszentrum gekommen und habe anschließend mehrere Stationen durchlaufen. Unter anderem war ich in der vergangenen Saison Chef-Trainerin der U14. Parallel zu meinem Sport-Studium, wollte ich im Leistungsbereich und vor allem von Roberto Pätzold lernen und bin mit dem Wunsch, zur U19 zu gehen, an die Verantwortlichen herangetreten. Roland Reichel, Ronnie Becht und Sebastian Knosp haben es mir ermöglicht, dort als Co-Trainerin zu arbeiten, und mir jetzt erneut das Vertrauen geschenkt.

In der U13 meinten Sie, es mache viel Spaß, die rasante Entwicklung der Spieler beobachten können. Ist das in der U19 noch genau so gegeben?
Wittmann: Man hat auch in dieser Mannschaft extreme Fortschritte gesehen, ja. Da der Großteil der Jungs vorher auch noch nie Bundesliga-Erfahrung sammeln konnte, war vor allem der Fortschritt im technischen Bereich und bei der Trainings- und Spielintensität enorm. Sie befinden sich zudem gerade im sogenannten zweiten goldenen Lernalter und sind jetzt in der Jugendliga mit der höchsten Geschwindigkeit und Intensität. Deswegen kann man Woche für Woche Fortschritte sehen.

Faszinieren Sie Geschwindigkeit und Intensität am meisten - gerade im Vergleich zu den Damen?
Wittmann: Ich muss schon sagen, dass mich die intensive Spielweise mit vielen Zweikämpfen und Laufduellen sehr begeistert. Ich war aber auch nie an dem Punkt, wo ich mich für eine Richtung oder eben Männer- oder Frauenfußball entscheiden musste. Ich bin im NLZ gewachsen und mit den Jungs groß geworden. Hier fühle ich mich seit Jahren unfassbar wohl.

Sie haben die DFB-Elite-Jugend-Lizenz. Wie geht es weiter?
Wittmann: In der U19 bin ich definitiv eine Interimslösung. Wie es für mich dann weitergeht, weiß ich noch nicht. Mein aktueller Fokus liegt voll und ganz darauf, die kommenden Wochen mit den Jungs zu genießen und die Saison in der Bundesliga so gut wie möglich zu beenden. Ich werde in diesem Jahr die A-Lizenz absolvieren und habe mittelfristig vor, meinen großen Traum zu verwirklichen: die Ausbildung zum Fußballlehrer. Ich habe mit vollem Risiko alles auf den Fußball ausgelegt und möchte auch weiterhin hauptberuflich als Trainerin arbeiten.

Mit Inka Grings in der Regionalliga oder Imke Wübbenhorst in der Oberliga übernahmen zuletzt auch Frauen Herrenteams. Was spricht dagegen, dass nicht auch mal eine Frau ganz oben als Trainerin aktiv wird?
Wittmann: Diese Diskussion darf es da eigentlich gar nicht geben, weil meiner Meinung nach nicht das Geschlecht, sondern die fachliche Kompetenz und die Mannschaftsführung ausschlaggebend sein müssen. Ich glaube, es liegt eigentlich nur daran, dass die Entscheidungsträger den Mut finden und mit einer gewissen Offenheit an das Thema herantreten. Dass viele junge Trainer bereits ganz oben arbeiten dürfen, ist schon eine erste Form dieser Offenheit. Die beiden genannten Trainerinnen sind auf jeden Fall positive Beispiele und ich glaube, dass sich die Türen noch weiter öffnen werden.

Das Gespräch führte

Johannes Nusko.