Pfaffenhofen
"Wir werden die Krise überstehen"

Die Sportklubs im Landkreis sorgen sich wegen ausbleibender Einnahmen zwar um die Finanzen, haben aber keine Existenzängste

06.05.2020 | Stand 23.09.2023, 11:56 Uhr
Verlassene Sportplätze: Weil das Angebot aller Sportvereine derzeit ruht, machen sich manche Verantwortliche Sorgen um die Klubkasse. −Foto: Forsthofer

Pfaffenhofen - Mitte März regnete es gewissermaßen Verbandsmitteilungen mit Spielabsagen und Saisonunterbrechungen.

 

Die Corona-Krise war endgültig in Deutschland angekommen, quasi im Stundentakt teilten die bayerischen Sportfachverbände mehr oder weniger unisono mit: Der Spielbetrieb wird unterbrochen, die Wertung ist unklar, der Trainingsbetrieb soll komplett eingestellt werden. Danach waren bayern- und deutschlandweit alle Sportanlagen gesperrt, wie nahezu alle anderen öffentlichen Einrichtungen auch. Und so gilt für den Breitensport, was auch für Unternehmen oder Einzelpersonen in Kurzarbeit gilt: Die Einnahmen werden deutlich weniger, die laufenden Kosten dagegen nicht unbedingt.

Der Bayerische Landes-Sportverband (BLSV) als Dachorganisation aller bayerischer Sportfachverbände sprang seinen rund 12000 Mitgliedsvereinen mit mehr als 4,5 Millionen Sportlern zur Seite. Zunächst richtete der BLSV ein Online-Meldesystem ein, bei dem die Vereine die erwarteten finanziellen Schäden als Folge der Corona-Krise angeben können. Bis zum 17. April hinterlegten mehr als 2300 Vereine ihre finanziellen Einbußen - der Dachverband vermeldete als Zwischenstand einen Schaden rund 200 Millionen Euro für den Sport in Bayern. Die Folge: Der BLSV forderte vom Staat ein Hilfspaket. Der Ministerrat der Bayerischen Staatsregierung beschloss darum, die Vereinspauschale im Jahr 2020 von 20 auf 40 Millionen Euro zu verdoppeln.

Am Dienstag kam die nächste positive Nachricht für den organisierten Sport in Form von ersten Signalen für eine Wiederaufnahme des Sportbetriebs. Ab Montag ist kontaktfreier Individualsport mit Abstand wieder zugelassen, Konzepte für weitere Lockerungen werden laut einer BLSV-Mitteilung erarbeitet. Um ein Stimmungsbild der Vereine im Landkreis Pfaffenhofen zu erhalten, hat unsere Zeitung einen Fragebogen mit mehreren Fragen zu finanziellen Schäden und dem Umgang damit an 34 Sportvereine verschickt. Darauf reagierten elf Vereine, sieben davon beantworteten die Fragen. Daraus leiten wir einen groben, nicht-repräsentativen Überblick über den Umgang der Sportklubs mit den durch die Corona-Krise entstandenen finanziellen Einbußen ab.

Der MTV Pfaffenhofen, der FC Gerolsbach und der TV Geisenfeld gaben an, beim BLSV die finanziellen Schäden im Zuge der Corona-Krise hinterlegt zu haben - die Geisenfelder erwarten beispielsweise einen Schaden im niedrigen fünfstelligen Bereich. "Natürlich haben wir laufende Kosten, zum Beispiel muss die Platzpflege gewährleistet sein, wenn auch auf einem reduzierten Niveau", sagt auch der Vorsitzende des FC Gerolsbach, Heiko Krabbe. Zudem würden auch die üblichen Betriebskosten für den Unterhalt von Gebäude und Vereinsgelände weiterlaufen. "Dies beläuft sich auf einen niedrigen dreistelligen Betrag pro Monat. " Auch bei der DJK Rohrbach, die das Meldeportal des BLSV nicht nutzte, laufen die fixen Kosten weitgehend weiter, wie der stellvertretende Vorsitzende Stephan Lachmann erklärt.

Der Vorsitzende des MTV Pfaffenhofen, Helmut Reiter, antwortet auf die Frage, wodurch sich der finanzielle Schaden ergibt: "Miete für externe und derzeit nicht nutzbare Sportstätten. " Dazu kommen fehlende Pachteinnahmen für die Vereinsgaststätte, fehlende Eintrittsgelder, fehlende Werbeeinnahmen, fehlende Mieteinnahmen und fehlende Kursgebühren. Auch für Gerolsbachs Vorsitzenden Krabbe wiegen die entfallenen Einnahmen beispielsweise durch die Vereinswirtschaft während des Spielbetriebs schwer. Der Vorsitzende des TV Geisenfeld, Harald Bruckmeier, beklagt fehlende Pachteinnahmen durch das Tennisheim und Tilly Grubwinkler, Vorsitzende des Tennisclubs Scheyern, nennt Verbandsabgaben und Meldegebühren.

Zu den Ausgaben, die während der Corona-Krise gestoppt werden konnten, zählen für alle Vereine hauptsächlich die Übungsleiterkosten, da die in der Regel an die Stundenzahl gekoppelt sind. Der Tennisclub Scheyern kann laut der Vorsitzenden Grubwinkler die Fixkosten geringhalten, da die Platzinstandsetzung von den Mitgliedern erledigt wird. Die Verantwortlichen aller Vereine, wie Bruckmeier vom TVG, erklären zudem, dass laufende Kosten wie Wasserverbrauch oder Stromkosten geringer ausfallen - komplett auf null sinken sie aber nicht. Manche Vereinseinnahmen laufen aber weiter. Das gilt vor allem für die Mitgliedsbeiträge. Großartige Kündigungswellen haben die Vereine nämlich nicht zu beklagen.

Bei den Sponsoreneinnahmen gestaltet sich die Sache aber schwieriger. Manche Vereinsverantwortliche, wie der stellvertretende Vorsitzende des ST Scheyern, Johannes Baumeister, weisen zwar darauf hin, dass auch die Sponsoring-Einkünfte weiterlaufen - über die Vereine hinweg ist aber die Unsicherheit zu spüren, ob das so bleibt. "Wir sind gespannt, ob und wie die Sponsoren und Werbetreibenden zukünftig den Verein weiter unterstützen können und wollen", sagt Gerolsbachs Krabbe. "Wenn dies signifikant wegbricht, hätten wir schon Schwierigkeiten, die Vereinsgeschicke im bisher bekannten Maß aufrecht zu erhalten. " Der MTV-Vorsitzende Reiter ergänzt: "Da wir mittelständische Sponsoren und private Gönner haben, die selbst mit den Folgen der Covid-19-Krise zu kämpfen haben, ist die Bereitschaft unseren Verein zu unterstützen leider deutlich zurückgegangen. " Für Gespräche, wie künftige Unterstützung aussehen könnte, ist es, das bestätigen alle Vereine, derzeit noch zu früh.

Zudem vergrößert sich das Problem ausbleibender Eintrittsgelder über den Spielbetrieb im Hinblick auf Veranstaltungen, die für Vereine häufig wichtige Einnahmequellen sind. Egal ob Jugendcamp (TC Scheyern), Familienfest (MTV Pfaffenhofen), Watt-Turniere (ST Scheyern), Theateraufführungen (SpVgg Steinkirchen) oder Musikveranstaltungen (FC Gerolsbach): An Großveranstaltungen ist in diesem Sommer kaum zu denken. "Für manche Abteilungen machen diese Einnahmen einen wesentlichen Teil ihres Jahresetats aus", sagt der MTV-Vorsitzende Reiter. "Die Einnahmen hätten uns gutgetan", sagt Gerolsbachs Vorsitzender Krabbe. Dass dagegen Jahreshauptversammlungen wie bei der DJK Rohrbach oder dem ST Scheyern ausfallen, ist für die jeweilige Vereinskasse eher unkritisch.

Die Corona-Krise trifft die Vereine - und dort alle Abteilungen gleichermaßen - insgesamt empfindlich, vor allem weil keine alternativen Einnahmequellen generiert werden können. Die Befragung der Vereine hat aber auch ergeben: Am Sportangebot wollen die Klubs nicht sparen, die Zeit der Ausgangsbeschränkungen nutzten viele Vereine, um ihren Mitgliedern online Fitnessprogramme zur Verfügung zu stellen. Der MTV Pfaffenhofen will nach der Corona-Krise sogar ein erweitertes Sportangebot anbieten. "Wir stellen derzeit Überlegungen an, eine Hockey-Abteilung zu gründen", sagt Pfaffenhofens Vorsitzender Reiter. "Unsere neue Gymnastikhalle soll jetzt nach der Fertigstellung intensiv genutzt werden und die Möglichkeit bieten, vorhandene Kurse auszuweiten und neue Kursangebote aufzunehmen. "

Während die Profivereine von Existenzängsten sprechen, ist der Breitensport weit weniger betroffen. Ernst ist die Lage aber trotzdem - und vor allem unsicher. "Die Auswirkungen werden sich erst im Laufe der nächsten Monate wirklich zeigen", sagt Gerolsbachs Vorsitzender Krabbe. Auch Scheyerns stellvertretender Vorsitzender Baumeister sieht die große Herausforderung eher für das Vereinsleben als im finanziellen Bereich, Pfaffenhofens Reiter gibt dagegen zu Bedenken, dass womöglich Rücklagen angegriffen werden müssen.

Die Vereinsverantwortlichen spüren in dieser schwierigen Zeit aber den Rückhalt ihrer Mitglieder. "Die Reaktionen sind durchweg positiv und verständnisvoll", sagt Rohrbachs Lachmann. Pfaffenhofens Vorsitzender Reiter spürt sogar einen gewachsenen Zusammenhalt, der sich durch mehr ehrenamtliches Engagement oder den Kauf von Gutscheinen für die Vereinsgaststätte ausdrückt. Beim ST Scheyern nahmen viele Mitglieder an der Corona-Hilfe teil, bei der Senioren oder Menschen in häuslicher Quarantäne Essen nach Hause gebracht wurde. Irgendwie wird es weitergehen. Oder wie Bruckmeier vom TVG es ausdrückt: "Wir werden die Krise überstehen, der TV Geisenfeld hat eine mehr als 125-jährige Geschichte hinter sich, darunter zwei Weltkriege, zwei Inflationen, diverse Finanz- und Wirtschaftskrisen. Das bringt uns nicht um. "

PK

Christian Missy