Pfaffenhofen
Parken im Kiesbett und fünf Triumphe

Der 16-jährige Marius Zug macht in der GT4 European Series einige Erfahrungen und holt Rang zwei

23.09.2019 | Stand 23.09.2023, 8:42 Uhr
Erhard Wallenäffer
  −Foto: GT4 European Series

Pfaffenhofen (PK) Marius Zug gehört zu den hoffnungsvollen Talenten im deutschen Nachwuchsrennsport.

Als Beleg dafür dient etwa der Gewinn des Titels in der Junioren-Klasse des ADAC Kart Masters - immerhin der größten Kart-Rennserie Deutschlands. Im vergangenen Februar wurde der Pfaffenhofener 16 Jahre alt. Erst seitdem darf er seine internationale Rennfahrerlizenz besitzen - infolgedessen war heuer sein Einstieg in den Automobilrennsport geplant.

Als geeignete Einstiegs-Rennserien für den Schüler, wurden die ADAC GT4 Germany sowie die GT4 European Series gewählt. Schon der Name des letzteren Wettbewerbs lässt erahnen, dass es sich hier um eine Europameisterschaft handelt. Sechs Rennwochenenden waren hier vorgesehen - jeweils ein 60-minütiges Sprintrennen sowohl am Samstag als auch am Sonntag sah der Ablauf vor. Dabei immer vorgeschrieben: Ein Fahrerwechsel gegen Rennmitte. Marius Zug teilte sich das Cockpit eines 430 PS-starken BMW M4 GT4 mit Gabriele Piana, einem erfahrenen Piloten aus Italien. Ziel war es, in der Pro-Am Wertung (Profi plus Amateur) vordere Plätze für ihr Team RN Vision STS zu erreichen. Gelungen ist dieses Vorhaben in jedem Fall: Nur haarscharf wurde der Europameistertitel verpasst. An dieser Stelle schildert Zug seine ersten Rennerfahrungen im Cockpit eines Supersportwagens - erzählt von übersehenen gelben Flaggen, Defekten, Aufholjagden und ungefährdeten Siegen.

nMonza, Italien (13. und 14. April): "Auf dem legendären Formel 1-Grand-Kurs von Monza zu fahren, macht richtig Spaß - erst recht, wenn man dort gleich sein erstes Rennen gewinnt. Am Samstag überließ mir mein Teamkollege das Cockpit als Führender. Diese Spitzenposition wiederum konnte ich problemlos bis zur karierten Flagge halten. Am Sonntag machte ich dann eine völlig neue Erfahrung: Bei starkem Regen schloss ich das Qualifying als Zwölfter ab und auch beim anschließenden Rennen sollten die Bedingungen nicht besser werden. Die schlechte Sicht machte mir zu schaffen, jedoch konnte ich noch einige Plätze gutmachen, bevor Gabriele unser Fahrzeug sogar noch auf Platz zwei steuerte. "

nBrands Hatch, Großbritannien (4. und 5. Mai): "Die Berg- und Talbahn südöstlich von London hat es in sich: Fährt man dort zum ersten Mal, dann muss man sich zunächst ein bisschen einschießen. Vor allem die Referenzpunkte sind zu finden, da man nicht alle Ecken einsieht. Mein Einsatz im Samstags-Qualifying lief dann auch nicht gerade nach Wunsch: Mit stumpfen Waffen, sprich - auf Regenreifen unterwegs - war für mich nicht mehr als Platz sechs zu erreichen. Wir hatten uns hierbei ein wenig verzockt, denn der Asphalt trocknete immer mehr ab. Umso größer war die Freude, als wir im anschließenden Rennen trotzdem Zweiter wurden. Am Sonntag bekam ich dann unverhofft einen freien Tag beschert: Mein Kollege war in einem Startunfall verwickelt, womit unser Rennwochenende beendet war. "nLe Castellet, Frankreich (1. und 2. Juni): "Auf dem Circuit Paul Ricard fährt man grundsätzlich risikoreicher als sonst. Grund dafür ist die dortige Sicherheitskonzeption, denn die bemerkenswert großen Auslaufzonen verleiten einfach zum Probieren und Gas geben. Am Samstag übernahm ich den BMW an achter Stelle liegend und sah letztlich die Zielflagge als Dritter. Allerdings unterlief mir dann am Sonntag ein Fauxpas: Ich übersah die gelben Flaggen der Streckposten und ignoriert das geltende Überholverbot. Durch die folgende Durchfahrtstrafe fielen wir von Rang zwei auf sechs zurück. "

nMisano, Italien (29. und 30. Juni):"Licht und Schatten erlebten wir auch bei unserem zweiten Italien-Wochenende in diesem Jahr. Am Samstag war ich Schnellster im Qualifying und was folgte, war ein ungefährdeter Start-Ziel-Sieg. Unser Auto lief tatsächlich wie ein Uhrwerk, weshalb wir voller Hoffnung waren, auch am Sonntag die maximale Punktausbeute einheimsen zu können. Erneut mit der Pole-Position ausgestattet, ging dann schon in der Formationsrunde die Benzinpumpe kaputt. Von Sieganwärtern wurden wir also zu Zuschauern degradiert, wobei ich rückblickend feststellen muss: In Misano haben wir wohl die entscheidenden Meisterschaftszähler verloren. "

nZandvoort, Niederlande (13. und 14. Juli): "Der Dünen-Kurs an der niederländischen Nordseeküste gefiel mir auf Anhieb: Gabriele Piana beendete das Samstags-Zeittraining als Fünfter und übergab mir das Cockpit in Reichweite des Podiums. Ich wiederum konnte unser Fahrzeug an die Spitze peitschen, womit der dritte Saisonsieg unter Dach und Fach war. Am Sonntag dann, während des Qualifyings, wurde einsetzender Regen für mich zum Problem: Mit profillosen Slicks ausgestattet, fand ich meinen ,Parkplatz' im Kiesbett. So nahm ich das anschließende Rennen mit einer Portion Wut auf, und tatsächlich gelang es mir, mich von Position 24 auf drei vorzukämpfen. Aufgrund technischer Probleme jedoch, fiel mein Teamkollege noch um einen Platz zurück. "

nNürburgring, Deutschland (31. August und 1. September): "Unsere Chancen auf den Gesamtsieg in der Pro-Am-Wertung waren aufgrund unserer Ausfälle nur noch theoretisch intakt - dennoch wollten wir unbedingt die beiden abschließenden Heimrennen gewinnen. Letztlich gelang uns eine Demonstration unserer Stärke: Zweimal die schnellste Zeit im Qualifying und zwei ungefährdete Start-Ziel-Siege - perfekter kann ein Rennwochenende wirklich nicht verlaufen. Dass schlussendlich das Mercedes-AMG-Team von Leipert-Motorsport Europameister wurde und nicht wir, lag schlichtweg an der Konstanz. Jedoch ist speziell bei mir die Freude über diesen Vize-Titel sehr groß. Alle Rennen dieser Serie verliefen für mich unfallfrei und als jüngster Fahrer im Feld konnte ich heuer extrem viel lernen. "

Erhard Wallenäffer