Reichertshausen
Leppelsacks Drei-Stufen-Plan

Staffel-WM, U23-EM, Olympia: Der Reichertshausener 400-Meter-Läufer hat trotz Corona große Ziele

15.03.2021 | Stand 23.09.2023, 17:23 Uhr
Horst Kramer

Reichertshausen - Er wirkt etwas verloren, wie er da so auf dem Ingolstädter Bahnhof steht: Arne Leppelsack.

Denn wo die Reise für den Reichertshausener 400-Meter-Läufer in der anstehenden Freiluft-Saison hingeht, ist noch nicht klar. Indes der Adler auf der Brust deutet schon an, dass sich der Leichtathlet einige Optionen ausrechnen kann. Trotz der unklaren Situation im Sport im Allgemeinen und der olympischen Kernsportart im Besonderen. Doch dass die Staffel-WM Ende Mai im polnischen Chorzow sowie die U23-EM zwei Monate später im norwegischen Bergen über die Bühne gehen werden, scheint einigermaßen sicher. Und dann lockt auch noch Tokio.

"Klar, dass ich in Polen und Norwegen dabei sein möchte", sagt Leppelsack. "Ich weiß allerdings, dass die Qualifikation schwer sein wird", schränkt der Langsprinter ein. Mut macht ihm sein Auftritt bei den deutschen Hallenmeisterschaften Ende Februar in Dortmund. "Wir hatten eigentlich überhaupt keine Hallenstarts geplant", berichtet Leppelsack und meint mit "wir" seinen Trainer Peter Rabenseifner und dessen Trainingsgruppe beim TSV Gräfelfing, ein Sportverein im Westen von München. "Dann hat der Bundestrainer (Edgar Eisenkolb, Anm. d Red. ) angerufen und gefragt, ob ich starten kann. " Klar, dass ein Sportler in so einer Situation nicht nein sagen kann. Leppelsack setzte sich also einen Tag vor dem Wettkampf in den Zug und düste nach Dortmund. Mitten aus dem Training heraus, ohne gezielte Vorbereitung. Am Samstag standen um 14.30 Uhr die drei Halbfinalrennen an. Der 22-Jährige bekam es mit dem späteren Vizemeister Constantin Preis (VfL Sindelfingen, Persönliche Bestzeit: 46,95 Sekunden), dem hoch eingeschätzten Marc Koch (LG Nord Berlin, 46,18) sowie dem Hallen-Vizemeister des Vorjahres, Justus Baumgarten (SCL Baden-Baden, 47,34), zu tun. Leppelsack war bei der Freiluft-DM 2020 mit einer Zeit von 47,79 unterwegs gewesen. "Wir hatten abgesprochen, dass ich den Wettkampf schnell angehe und zum Schluss schaue, was noch geht", berichtet der Reichertshausener. Tatsächlich legte er furios los und hatte den vor ihm laufenden Baumgarten schon nach der ersten Kurve überholt. Vorne kämpften Preis und Koch um den Spitzenplatz. Preis setzte sich auf der Schlussgeraden ab, Leppelsack stürmte von hinten heran und fing den Berliner kurz vor der Ziellinie ab. Mit einer Klassezeit von 47,74 hatte sich der Reichertshausener für das Finale qualifiziert und nebenbei seinen persönlichen Hallenrekord um zwei Zehntel gesenkt.

Im Endlauf lief es nicht mehr ganz so gut: Im Sechserfeld musste Leppelsack mit der sehr engen Innenbahn vorlieb nehmen. Als das Feld nach innen einschwenkte, verpasste er haarscharf einen Mittelfeldplatz und versuchte trotzdem, nach der nächsten Kurve nochmals anzugreifen. Vergeblich. Er wurde Sechster (48:38). "Das stört mich nicht weiter", bekennt das frühere MTV-Talent, "ich hatte schon mehr erreicht, als mein Trainer und ich erwartet hatten. " Zumal alle seine U23-Konkurrenten langsamer waren als er. Leppelsacks Hoffnungen sind groß: "Wenn ich schon ohne Vorbereitung so eine Leistung bringen kann, sollte mit gezielter Vorbereitung einiges möglich sein. "

Der BWL-Student hat indes - wie alle Leichtathleten in diesem Jahr - mit einem Problem zu kämpfen: Die Auftrittsmöglichkeiten werden rar sein. Anfang Mai bestreitet er mit seinen Staffelkameraden, darunter der zweimalige deutsche Meister Johannes Trefz und der 400-Meter-Hürden Spezialist Michael Adolf (früher DJK Ingolstadt), ein Testrennen. Die Bestleistung der Gräfelfinger liegt bei 3:09,10 Minuten. Leppelsack ist nach Trefz die Nummer zwei. In der Rumpfsaison trat das Rabenseifner-Team nicht an, die schnellsten Staffeln 2020 waren um 13 Sekunden und mehr langsamer. Nach Polen werden mindestens sechs Athleten fahren, schließlich gibt es auch eine Mixed-Staffel. "Da rechne ich mir schon Chancen für eine Nominierung aus", zeigt sich Leppelsack optimistisch. Die Entscheidung liegt letztlich bei Bundestrainer Eisenkolb. Die Wahrscheinlichkeit, dass er zur U23-EM nach Bergen fahren darf, scheinen sogar noch größer. Zumal alle seine U23-Konkurrenten in Dortmund langsamer waren als er.

Und was ist mit Olympia? "Ja, das wäre natürlich ein Traum", antwortet Leppelsack nach einer kleinen Pause. "Aber wenn es nicht klappt, wäre ich auch nicht enttäuscht. " Ob der Reichertshausener die DLV-Norm hierfür erfüllen kann, entscheidet sich wohl bei den deutschen Meisterschaften, die am 5./6. Juni in Braunschweig stattfinden.

Ein anderes Thema beschäftigt den Studenten hingegen sichtlich: "Ich bin schon sehr dankbar, dass ich in der Pandemie die Möglichkeit habe, meinem Sport nachzugehen. Das ist ein enormes Privileg, das meines Erachtens mit großer Verantwortung verbunden ist. " Als Kaderathlet trainiert Leppelsack mehrmals pro Woche in der Werner-von-Linde-Halle im Münchner Olympiapark.

Wie der DLV die Hallen-DM organisiert hat, hat ihn überzeugt - mit täglichen Tests und einem bis ins Kleinste eingehaltenen Hygienekonzept. "Wenn ich mir dagegen anschaue, was in manchen anderen Sportarten so passiert, geht es mir regelrecht schlecht. " So sehr sich Leppelsack einen Auftritt bei Olympia wünscht, so sehr scheint er derzeit zu zweifeln, ob so eine Massenveranstaltung in diesem Jahr überhaupt organisierbar ist. Doch vielleicht klappt es ja 2024. Bei diesen Olympischen Spielen in Paris wird der Reichertshausener erst 25 Jahre alt sein.

PK

Horst Kramer