Wolnzach
"Der Fußball fehlt mir schon extrem"

Wolnzachs Trainer Andreas Wörl über die trainingsfreie Zeit, fehlende Spieltagsvorfreude und mögliche Auswirkungen der Corona-Krise auf den Sport

25.05.2020 | Stand 02.12.2020, 11:17 Uhr
"Ich bin wirklich fußballverrückt": Andreas Wörl betreut seit der Saison 2017/18 die Kreisklassen-Mannschaft des TSV Wolnzach. Zuvor trainierte der 48-Jährige den FC Schweitenkirchen ebenfalls in der Kreisklasse. −Foto: Stolle/Archiv

Wolnzach - Die Fußballer des TSV Wolnzach sahen im März einer relativ ruhigen Rückrunde entgegen.

 

In der Kreisklasse 2 befindet sich die Mannschaft auf Tabellenplatz 7, mit neun Punkten Vorsprung auf Abstiegsrelegationsrang 11 und acht Zählern Rückstand auf Aufstiegsrelegationsplatz 2. Doch wie alle anderen Fußballvereine brachte die Corona-Krise den Verein aus dem Vorbereitungsrhythmus. Wir sprachen mit Wolnzachs Trainer Andreas Wörl darüber, wann das Team wieder ins Training einsteigt, was sich durch die Krise im Fußball verändern könnte und was der 48-Jährige während der Zwangspause am meisten vermisst.

Herr Wörl, wie geht es Ihnen ohne wöchentliches Training und den direkten Kontakt zur Mannschaft?

Andreas Wörl: Für mich wie auch für alle anderen ist es eine ruhige Zeit. Der Fußball fehlt mir schon extrem. Wir haben in der Vorbereitung noch zu 100 Prozent normal trainiert, aber als es mit Corona ernster wurde und Spiele abgesagt wurden hat man den Jungs schon angemerkt, dass die Motivation langsam verschwand. Wir halten wie auch die meisten anderen Teams über unsere Whatsapp-Gruppe Kontakt, aber ohne dass es speziell um Fußball oder Training geht. Ich kann mich auf meine Jungs verlassen, dass sie ihr Fitnesslevel halten.
Eigentlich wäre die Rückrunde momentan in vollem Gange und es stünden Entscheidungen über Auf- und Abstiege an - was fehlt Ihnen momentan am meisten?

Wörl: Die Mannschaft sowie die Stimmung in der Kabine und auf dem Platz. Zudem fehlen mir Besprechungen im Vereinsheim mit Spielern und meinen Co-Trainern, wie wir den nächsten Gegner besiegen können. Dieser wöchentliche Kitzel mit Vorfreude auf den anstehenden Spieltag ist momentan einfach nicht da. Das ist einfach eine feste Gewohnheit in meinem Leben, die fehlt.

Der Bayerische Fußball-Verband (BFV) plant, die Saison ab dem 1. September fortzusetzen und zu Ende zu spielen. Wie beurteilen Sie diese Entscheidung des Verbandes?

Wörl: Das ist eine schwierige Frage. Ich will mich hier gar nicht festlegen und maße mir keine wirkliche Beurteilung an. Beide Entscheidungen, egal ob wir weiterspielen oder einen Neustart erleben, sind verständlich. Es weiß keiner im Detail, wie es mit und nach Corona genau weitergehen wird. Es ist ja laut einigen Virologen auch möglich, dass es nochmal eine zweite Corona-Welle geben wird und dann muss man auch wieder umdenken. Zumindest kann man in der kommenden Zeit wieder auf das Sportgelände und auf Rasen trainieren, was ein guter Anfang ist.
Wie hat sich Ihre Mannschaft in den vergangenen Wochen fit gehalten und wie bauen Sie das Training jetzt wieder auf?

Wörl: Tatsächlich starten wir erst wieder ab Mitte Juni, damit wir bis dahin alle Vorkehrungen vollumfänglich umsetzen können. Da richten wir uns voll nach den Vorgaben des BFV, also Training in Vierer-Gruppen und so weiter. Da freue ich mich aber sehr darauf. Wir sind beim TSV Wolnzach gut aufgestellt und haben Co-Trainer, einen Athletik-Trainer, einen Torwart-Trainer und auch die Trainer der Zweiten Mannschaft unterstützen mich. Das heißt, dass wir das Training sehr vielfältig gestalten können. Auch die Spieler freuen sich wieder richtig auf das Training mit Ball, nachdem sie sich in den vergangenen Wochen selbstständig mit Läufen und Fitnesstraining fit gehalten haben. Aber zum Mannschaftssport gehört eben auch, dass man in der großen Gruppe trainieren kann.

Denken Sie der Fußball wird sich durch die Corona-Krise in irgendeiner Weise nachhaltig verändern?

Wörl: Ich denke, es wird sich alles schnell wieder normalisieren. Auch beim Suizid von Robert Enke damals hieß es kurz danach, dass alle mehr Mitgefühl und Aufmerksamkeit füreinander haben sollten. Dennoch sind Depressionen und andere seelische Erkrankungen bei Profifußballern bis heute an der Tagesordnung. Beim Fußball steckt einfach viel Geld und damit in gewisser Weise auch Druck dahinter. Dennoch denke ich, dass sich beispielsweise Ablösesummen verringern werden, egal ob im Profi- oder Amateurbereich.

Oftmals hilft eine Krise auch, Dinge oder Ansichten zu verändern. Wie haben Sie die Zeit genutzt? Und haben Sie spezielle Kenntnisse für sich gewonnen?

Wörl: Für mich war Fußball schon immer die größte Leidenschaft, ich jage dem Ball seit Kindestagen hinterher. Dass das in den vergangenen Wochen weggebrochen ist, hat mir bestätigt, dass ich nach wie vor mit Leib und Seele für diesen Sport brenne. Ich bin wirklich fußballverrückt und habe mich in dieser Zeit viel mit anderen Trainern oder Einrichtungen wie der Münchener Fußballschule ausgetauscht, um neue Erkenntnisse zu gewinnen. Auch durch meinen Sohn, der momentan in der U16 des TSV 1860 München spielt, bin ich immer gut informiert. So konnte ich dort neue Informationen sammeln, auf was beim Training mit Jugendlichen wertgelegt wird und wie Konzepte dort in professionellem Umfeld praxisnah umgesetzt werden. Generell versuche ich einfach stetig, auf dem Laufenden zu sein.

PK

Das Interview führte

Konstantin Flick.