Burgheim
Anmut und totale Körperbeherrschung

Bei den Vereinsmeisterschaften des RV Burgheim zeigen die Kunst- und Einradfahrerinnen ihr Können

25.03.2019 | Stand 23.09.2023, 6:22 Uhr
Patricia Viertbauer
  −Foto: P. Viertbauer

Burgheim (DK) Normalerweise messen sich die Sportlerinnen des RV Burgheim auf nationalen Wettbewerben in der gesamten Bundesrepublik mit der Konkurrenz. Am Sonntag konnten Familien und Freunde ihnen auch dabei zusehen, wie sie ihre Küren vorführen. Bei den alljährlichen Vereinsmeisterschaften ging es um keinen wichtigen Titel, aber trotzdem gaben die Kunst- und Einradfahrerinnen alles.

Es war ruhig in der Burgheimer Schulturnhalle. Über 100 Zuschauer saßen auf den Sportbänken und betrachteten fasziniert die heimischen Athletinnen. In der Mitte der Halle stellte sich eine Vierergruppe junger Einradfahrerinnen auf. Ohne sich festzuhalten stiegen sie auf ihre Räder und saßen, ohne sich großartig zu bewegen, auf dem Sattel. Eines der Mädchen gab mit starker Stimme der Technik zu verstehen, dass die Musik beginnen kann. Ruhige, melodische Töne erfüllten die Halle und die Mädchen fuhren ihre Kür. "Das Fahren an sich ist eigentlich nicht das Schwere, vielmehr die Synchronität", erklärt RVB-Pressewartin Jasmin Roßmann. Jeder Tritt muss aufeinander abgestimmt sein, auch wenn die Einradfahrerinnen mit dem Rücken zueinander fahren und sich nicht sehen. Deswegen hörte man während den Darbietungen ein Mädchen immer wieder kräftig "Hopp" rufen. Es folgt ein neues Bild. "Das Hopp ist sozusagen ein Signal während der Kür. Es zeigt der ganzen Gruppe, dass das eine Bild vorbei ist und nun ein neues gefahren wird", erklärt Roßmann.

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Unter einem Bild versteht man im Radsport die einzelnen Elemente. Insgesamt 23 Bilder müssen die Gruppen in der fünfminütigen Kür ausfahren. "Da sollten die Athletinnen schon Gas geben und sich gleichzeitig nicht aus der Ruhe bringen lassen", meint die Pressewartin. Die Jury achtet nämlich auf mehrere Aspekte, die in die abschließende Bewertung einfließen. Allen voran die Körperspannung, denn jeder Wackler gibt Punkteabzug. "Schultern hinter, Arme auf Brusthöhe und Spannung bis in den kleinsten Zeh sind das A und O!" Auch die Griffverbindungen müssen sitzen und bei all den Punkten, auf die sich die Fahrerinnen konzentrieren müssen, sollten sie nicht vom Rad herunterfallen. "Die unterschiedlichen Bilder geben aber auch abgesehen von der Ausführung unterschiedlich viele Punkte. So kann man jedes Element vorwärts und rückwärts fahren. Letzteres gibt natürlich automatisch mehr Punkte", sagt Jasmin Roßmann.

 

 



1899 wurde der Radverein Burgheim gegründet und hat heute 60 Aktive. "Von fünf bis fünfzig Jahren reicht die Altersspanne unserer Sportlerinnen. Das macht uns aus." Wenn die Kinder ihre Einradkarriere beginnen, lernen sie erst einmal das Aufsteigen an den Händen ihrer Trainer. Bis sie es alleine schaffen, kann es Monate dauern. Dann kommen die Mädchen in eine Vierer- oder Sechser-Gruppe und "es wird eine Kür herausgearbeitet mit bekannten Elementen, aber auch neuen damit der Anreiz bleibt", so Roßmann. Die meisten Mädchen sind auch privat Freundinnen, viele fangen zusammen an. So zum Beispiel die zehnjährige Yvonne Meyr und ihre Mädelsmannschaft. "Wir haben immer Spaß im Training und bei den Wettkämpfen. Wir sind einfach ein tolles Team und halten immer zusammen", betont die Einradfahrerin. Obwohl sie schon seit fast sechs Jahren diesen Sport betreibt, gibt es Bilder, die ihr noch schwer fallen. "Durcheinander eine Rückwärtsschleife fahren ist schon ganz schön schwierig", sagt Meyr.



Dass die Bilder harte Arbeit bedeuten, ist normal. Je routinierter sie werden, desto eleganter führen die Sportlerinnen mit der Zeit die Bilder aus. "Wir sind sehr stolz auf unsere Mädels und Frauen. Im Elitebereich nehmen wir seit über 20 Jahren an den deutschen Meisterschaften teil und sind meistens vorne mit dabei", meint Roßmann.

Abgesehen von den Kinder-, Jugend- und Elitemannschaften ist der RV Burgheim auch stolz auf die Ehemaligenmannschaft. "Ich habe damals mit neun Jahren damit angefangen, Einrad zu fahren, aber mit 22 wieder aufgehört. 2016 haben ich und ein paar andere Frauen uns dazu entschieden, wieder mit unserem alten Sport anzufangen", erklärt Margit Kugler, die mit ihren Freundinnen in einem Viererteam fährt. "Es ist schon verrückt, wieder Einrad zu fahren. Verlernt haben wir es aber nie", so die 48-Jährige. Trotzdem gebe es Unterschiede zu früher: "Im Alter denkt man mehr und wir haben auf jeden Fall mehr Hemmungen. Nach einer gewissen Zeit kriegt man die aber in den Griff."

Kurz bevor die Ehemaligenmannschaft die Kür präsentiert, schauen sich die Frauen lachend an und meinen einstimmig: "Das Einradfahren ist wirklich top: Wir haben seitdem keine Rückenschmerzen mehr."

Patricia Viertbauer