"Wir wollen Platz zwei verteidigen"

FCI-Sportdirektor Henke lobt schnellen Entwicklungsprozess der Schanzer, fordert aber weitere Steigerung

23.12.2019 | Stand 02.12.2020, 12:19 Uhr
Applaus: Sportdirektor Michael Henke ist mit der Entwicklung der Schanzer zufrieden. −Foto: Imago Images

Ingolstadt - 30 Jahre lang war Michael Henke als Trainer im Profi-Fußball tätig. Seit dieser Saison wechselte der 62-Jährige beim FC Ingolstadt auf den Sportdirektorposten und lenkt die Geschicke beim Drittligisten. Der DK hat mit Henke gesprochen.

Die Schanzer haben nach dem Zweiliga-Abstieg schnell in die Spur gefunden und überwintern auf Tabellenplatz zwei. Die sofortige Rückkehr in die 2. Bundesliga rückt näher.

Herr Henke, wie zufrieden sind Sie mit dem aktuellen Zwischenstand?

Michael Henke: Der Tabellenplatz ist mir egal. Es ist eine angenehme Nebenerscheinung, dass wir auf einem Aufstiegsplatz stehen. Aber davon haben wir im Moment nichts. Mich interessiert mehr die Entwicklung der Mannschaft, und da hat es der Trainer mit seinem Stab geschafft, sie kontinuierlich weiterzuentwickeln. Es ist sicher noch Luft nach oben, aber wir haben Schritte gemacht und sind beispielsweise gut mit Negativerlebnissen umgegangen.

Sind Sie überrascht, dass das so schnell ging?

Henke: Ich hatte aus Bielefeld gehört, dass Jeff Saibene ein Trainer ist, der schnell an die Mannschaft heranbringt, was er will. Aber es ging wirklich sehr zügig, dass sich die jungen Spieler wie Patrick Sussek, Fatih Kaya, Thomas Keller oder auch Filip Bilbija an das Niveau gewöhnt haben. Ich meine da nicht nur die Spiele, sondern auch das Training. Aber dass sie ihre Leistung so bringen, hängt auch stark mit dem Umfeld zusammen, das gut funktioniert. Da gehören auch die medizinische Abteilung und die Betreuer dazu. Die Spieler fühlen sich wohl und bekommen deshalb schneller Sicherheit. Sie brauchen keine Angst haben und dürfen auch mal etwas falsch machen. Und der Trainer hat auch den nötigen Mut, mit der Rückendeckung von Florian Zehe (Technischer Direktor, Anm. d. Red.) und mir, die jungen Spieler reinzuwerfen.

Was muss noch besser werden?

Henke: Wir hatten viele Spiele mit Phasen, in denen wir die Kontrolle hergegeben haben. Da müssen wir stabiler werden, vor allem, wenn wir führen. Wir sind da zu nervös und müssen ruhiger und abgezockter werden. Wie in den Spielen gegen Meppen (1:1) oder 1860 München (2:2), in denen das Ergebnis gerecht war, wir aber Vorteile hatten und diese hergeschenkt haben. Das ist ein Anpassungsprozess, den wir forcieren müssen.

Ist das mit den bestehenden Spielern möglich oder suchen Sie in der Winterpause nach Verstärkungen?

Henke: Das Potenzial haben alle unsere Spieler. Bei manchen erfahreneren Profis ist die Nervosität nicht zu verstehen. Wenn ich da Sascha Mölders von den Münchner Löwen sehe, wie der uns in der einen oder anderen Szene abgekocht hat, können unsere davon nur lernen. Um mehr Cleverness zu bekommen, braucht man keine neuen Spieler, das ist einfach ein Prozess. Wann hat ein junger Spieler wie Fatih Kaya das schon erlebt, gegen einen Mölders zu spielen?

Also bleibt in der Winterpause alles beim alten?

Henke: Wir sitzen zusammen und sprechen über Möglichkeiten, den Kader zu verändern, eventuell auch erst im Sommer. Mit Sicherheit kann ich sagen, dass wir nicht viel machen müssen, weil der Kader funktioniert. Vielleicht gibt es in der Winterpause auch überhaupt keine Veränderung.

Der FCI liegt mit vier Punkten Vorsprung auf einem Aufstiegsplatz. Ist das nicht der Zeitpunkt, an dem Sie sich zum Ziel Aufstieg bekennen müssen?

Henke: Nein. Die Platzierung interessiert mich erst am Ende der Saison. Wir haben am Anfang eher glücklich die Punkte geholt, dann kam die Negativserie und nun haben wir uns stabilisiert. Das Ergebnis dieses ganzen Prozesses ist momentan der zweite Platz. An unserem Ziel hat sich aber nichts geändert. Wir wollen eine Mannschaft entwickeln, die möglichst gut abschneidet. Aber wenn wir Zweiter sind, wollen wir den Platz auch verteidigen.

Platz zwei verteidigen, bedeutet ja aufzusteigen. Also lautet das Ziel Aufstieg?

Henke: Das kann man so nicht sagen, weil es eine Momentaufnahme ist. Wir wissen, dass wir nicht durch Zufall dahingekommen sind. Wir wollen möglichst schnell wieder hoch, weil die Zweite Liga für uns als FC Ingolstadt das Ziel sein muss. Aber das kann durchaus zwei, drei Jahre dauern, weil der Abstieg zu viele Schäden hinterlassen hat.

Was fehlt, um wieder reif für die 2. Bundesliga zu sein?

Henke: Wichtig ist, dass die Spieler, die sich schon gut entwickelt haben, nicht da stehen bleiben, wo sie jetzt sind. Beispielsweise Fabijan Buntic. Am Anfang der Saison war nicht klar, ob er die Nummer eins wird. Jetzt hat er sich reingekämpft und entwickelt. Er nimmt als Torwart eine wichtige Position ein und hat viel Ausstrahlung auf die Mannschaft. Der jetzige Stand kann nicht das Ende sein, es muss weitergehen. Das gilt auch für die jungen Spieler wie Fatih Kaya, Patrick Sussek oder Thomas Keller. Aber auch für Dennis Eckert-Ayensa. Er kam aus dem Ausland, hat sich gut eingefügt und hat trotz seiner tollen Torquote noch Entwicklungspotenzial, damit wir als Mannschaft besser werden. Auch beim 5:1 gegen Jena hatten wir Phasen, in denen das Spiel nicht so klar war. Es hätte auch 3:1 oder 2:0 ausgehen können. Ich hätte mir gewünscht, dass wir etwas sicherer agieren. So ein 1:0 wie gegen Meppen mal über die Runden zu bringen, wäre für mich auch ein Entwicklungsschritt, den die Mannschaft noch gehen muss.

Sie nennen Buntic und Eckert-Ayensa als Beispiele. Ist der Aufstieg nicht auch in dieser Hinsicht notwendig, um solchen Spielern Perspektiven zu bieten, beim FCI zu bleiben?

Henke: Es ist ja ein Glück, dass wir Dennis überzeugen konnten, zu uns zu kommen. Solche Spieler kann man reizen, in dem wir Ihnen aufzeigen, dass Ingolstadt ein Sprungbrett sein kann. Es muss eine Win-Win-Situation sein. Wenn wir uns mithilfe von ihm nach vorne entwickeln, kann er auch den nächsten Schritt machen. Klar ist, dass es für uns als Verein einfacher wird Spieler zu halten, die auf sich aufmerksam machen, wenn wir sportlich erfolgreich sind. Das geht Hand in Hand.

Wen sehen Sie als größte Konkurrenten im Aufstiegsrennen?

Henke: Das ist die Schwierigkeit in der Liga. Außer Duisburg gibt es sicher fünf, sechs Mannschaften. Man sieht an Mannheim, welche Entwicklung dieses Team genommen hat und wie schwierig es für uns dort war. Unterhaching, Braunschweig, Halle haben alle schon die Qualität nachgewiesen.

Rechnen Sie auch noch damit, dass jemand aus hinteren Tabellenregionen nach vorne stößt?

Henke: Die Abstände sind immer noch gering. Ich traue das Uerdingen zu und auch 1860 München. Dort herrscht jetzt mehr Stabilität. Das werden in der Rückserie hochinteressante Spiele. In denen müssen wir uns durchsetzen, gleich zum Auftakt beim MSV Duisburg (25. Januar, Anm. d. Red. ). Wenn wir das schaffen, haben wir es auch verdient, oben zu stehen.

Sie haben jahrelang als Trainer gearbeitet. Wie viel Spaß macht Ihnen die neue Aufgabe?

Henke: Ich habe nie auf diesen Posten geschielt und wurde auch ein bisschen dazu überredet. Aber ich habe mich nicht zu sehr gewehrt und hatte ein paar Ideen. Das Schöne ist, dass wir das, was Florian Zehe und ich entwickeln wollten, auf einen guten Weg gebracht haben. Wir wollen eine junge, hungrige Mannschaft aufbauen, die mit einigen bekannten Leitfiguren gespickt ist, in der aber auch Hochkaräter oder solche, die wir dafür halten, aus dem eigenen Nachwuchsleistungszentrum ihre Chance bekommen. Das ist aufgegangen, und die Mannschaft hält zusammen. Wenn man sieht, dass der Plan, den man verfolgt funktioniert, dann macht das Spaß.

Das Interview führte Gottfried Sterner.