Längenfeld
Länger Trainer als Spieler

FCI-Coach Kauczinski und seine Assistenten Giannikis und Westermann sind jung aber trotzdem erfahren

31.07.2016 | Stand 02.12.2020, 19:28 Uhr

Stimmen sich beim FC Ingolstadt eng ab: Besprechung nach dem Training zwischen Co-Trainer Patrick Westermann, Chefcoach Markus Kauczinski, Fitnesstrainer Jörg Mikoleit und Co-Trainer Argirios Giannikis (von links). - Foto: Bösl

Längenfeld (DK) Von außen wirkt es so, als hätten sich da drei gesucht und gefunden: Markus Kauczinski, Argirios, genannt Agi, Giannikis und Patrick Westermann. Das neue Trainertrio des FC Ingolstadt tauscht sich bei der Arbeit auf dem Sportzentrum in Längenfeld immer wieder intensiv aus.

Allen ist eines gemeinsam - sie sind neu in der Bundesliga und trotz ihres jungen Alters länger Trainer als sie selbst aktiv gespielt haben. Kauczinski, der ein Studium als Diplom-Sportlehrer absolvierte und nebenher beim VfL Bochum in der Oberliga spielte, schlug beim FC Schalke mit 27 Jahren die Trainerlaufbahn ein. "Ich habe schnell gemerkt, dass es zum Profi einfach nicht reicht", sagt Kauczinski ganz offen. Dafür ist er nun nach 15 Jahren als Nachwuchstrainer und vier Jahren als Chefcoach des Zweitligisten Karlsruher SC in der Bundesliga angekommen - ganz ohne Komplexe. "Man braucht Fachkenntnisse, steht medial im Fokus, muss Menschen führen und Leute begeistern können. Das Feld der Kompetenzen, die ein Trainer benötigt, ist riesig. Um diese Vielfalt zu beherrschen, muss ich aber vorher nicht zwingend Profi gewesen sein", sagt der 46-Jährige Gelsenkirchener.

Seine Partner sehen das genauso. Co-Trainer Giannikis kam als Aktiver gar nicht erst in eine Seniorenmannschaft. Als A-Jugendlicher strich der Deutsch-Grieche beim KSC nach einem Schienbeinbruch und weiteren schweren Verletzungen entnervt die Segel. "Der Körper hat mir einen Streich gespielt", sagt Giannikis. Danach war eigentlich Schluss mit Fußball und während des BWL-Studiums kreisten die Gedanken Richtung Börsenmakler oder Unternehmensberater. "Doch der Fußball hat mir gefehlt. Mir hat es schon als Spieler Spaß gemacht, Strategien zu entwickeln, und mit 21 habe ich dann bei Phoenix Mannheim eine U 17-Mannschaft übernommen. Seither bin ich Trainer."

Giannikis machte alle Trainerscheine und absolvierte 2015 auch den Lehrgang zum Fußballlehrer. Allerdings setzte der 36-Jährige eine praktische Prüfung in den Sand und muss diese deshalb noch einmal wiederholen, um sein Diplom zu bekommen. Auf dem Platz merkt man davon nichts. Er führt meistens das Regiment, erklärt viele taktische Übungen und erteilt lautstark Anweisungen. "Mehr Tempo auf die Kette", hallt es über den Platz oder "Komm her und sichere mich ab", lauten die Kommandos, gelegentlich unterbrochen von einem "klasse gespielt, sehr gut".

"Die Spieler wollen klare Ansagen und ein kurzes Feedback gleich auf dem Platz. Das sind meine Erfahrungen", sagt Giannikis und freut sich auch über seine Rolle. "Ich bin oft die ausführende Hand auf dem Platz, Markus lässt mich da frei arbeiten", sagt "Agi", der sich das Vertrauen seines Chefs in neun Jahren gemeinsamer Arbeit verdiente. Zunächst als Jugendtrainer unter Kauczinski als Chef des Karlsruher Nachwuchsleistungszentrums, seit fünf Jahren als sein Co-Trainer im Profibereich des KSC. "Agi ist loyal, wir sind beide offen und haben unsere Arbeit gut abgestimmt. Ich bin auf dem Platz oft nur Zuschauer. Wir sind ein modernes Trainerteam", sagt Kauczinski.

Die Spielidee ist beiden gemeinsam. "Wir wollen das bisher Positive beibehalten und das Angriffspressing fortsetzen. Aber wir wollen variabler sein und der Mannschaft das Umschalten beibringen, damit sie sich bei eigenem Ballbesitz erholen und selbst den Gegner müde spielen kann. Das ist anspruchsvoller als bisher, und es wird dauern, bis die Balance stimmt, aber die Spieler machen gute Fortschritte", sagt Giannikis.

Unterstützt und ergänzt werden Kauczinski und Giannikis von Patrick Westermann. Auch er hat bereits in der Jugend des KSC seine aktive Laufbahn beendet, kam dann aber über ehemalige Mitspieler zum Klub zurück und arbeitete acht Jahre lang als Nachwuchstrainer. Zuletzt suchte er bei 1899 Hoffenheim einen Tapetenwechsel, kehrte aber nach zwei Jahren zum KSC und zu Kauczinski zurück. Nun ist er für die Spiel- und Gegneranalyse zuständig und bereitet das Videomaterial vor.

"Im Verein herrscht ein familiäres Umfeld. Das kenne ich aus Karlsruhe und kommt mir sehr entgegen", sagt der 35-jährige Westermann, der mit seiner in Rosenheim arbeitenden Freundin die neue Heimat Ingolstadt schon etwas erkundet hat. Gleiches gilt für Jungvater Giannikis - Sohn Mattheo ist sechs Wochen alt - und seine griechische Frau Rula. Schon einen Schritt weiter ist da sein Chef, der mit seiner Frau nach Ingolstadt zog, während der 17-jährige Sohn Gerion in Karlsruhe bleibt und im kommenden Jahr das Abitur machen soll.

Zu dritt wollen sie die großen Fußstapfen von FCI-Erfolgscoach Ralph Hasenhüttl ausfüllen. Für FCI-Fan Michael Gaßner, der mit seinem 14-jährigen Neffen Jonas am Wochenende die Schanzer im Trainingslager besuchte und beobachtete, eine spannende Geschichte. "Hasenhüttl war ein Menschenfänger. Es wird interessant, wie Kauczinski die Mannschaft für sich gewinnen kann", sagt Gaßner treffend. Für Kauczinski, der gerne Biografien liest, ist klar - er will seiner eigenen ein neues Kapitel hinzufügen und mit dem FC Ingolstadt in der Bundesliga Geschichte schreiben.