Der Lenbachplatz wird zu Noisehausen

31.07.2016 | Stand 02.12.2020, 19:28 Uhr

−Foto: Richard Koller

Schrobenhausen (SZ) Knapp tausend Musikfans verwandelten Schrobenhausen am Samstag in Noisehausen. Ein wenig Nostalgie, die Erinnerung an erfolgreiche Open Airs der 90er Jahre, schwang dabei mit. Doch das Festival auf dem Lenbachplatz hat vielleicht auch eine große Zukunft vor sich.

Irgendwann, schon weit nach Mitternacht, als Aftershowparty und Bühnenabbauarbeiten noch in vollem Gange waren, konnte auch Andreas Baierl endlich durchschnaufen. „So schön es war, jetzt ist es auch schön, dass es vorbei ist“, seufzte der erschöpfte, aber glückliche Festivalleiter nach einem anstrengenden Tag, dem viele anstrengende Wochen und Monate vorausgegangen waren. Jede Menge Arbeit, Engagement und Zeit hatten Baierl, genau wie seine Partner vom Heimat 2-Team und vom Lions Club Schrobenhausen-Aichach, in das Projekt investiert. Das erste Fazit fällt nun umso erfreulicher aus. „Ich glaube, alle Beteiligten sind mit dieser Premiere sehr zufrieden“, so Baierl. Da das Wetter und die Schrobenhausener mitspielten, verwandelten knapp tausend Musikfans den Lenbachplatz in den Stadtteil Noisehausen. Ein weiterer Schritt, um der einstigen „Rockcity“ neues Leben einzuhauchen, scheint damit geglückt.
 


Dafür sprechen zumindest die Reaktionen der ganz unterschiedlichen Besucher. Da waren diejenigen, die sich auf eine oder mehrere spezielle Bands freuten, um schließlich zum richtigen Zeitpunkt vor der Bühne zu erscheinen. Andere, die ohne große Erwartungen kamen und sich ganz einfach überraschen ließen. Wieder andere waren da, „weil etwas los ist“ in der Stadt. Ein bisschen dauert es deshalb am Samstag stets, ehe richtige Festivalstimmung entsteht, doch schon am Nachmittag gibt es immer wieder diese Momente: Zum Beispiel als Monobo Son, angeführt vom LaBrassBanda-Posaunisten Manuel Winbeck, über den Lenbachplatz marschiert, um das Publikum zu animieren. Der „King Of Helsinki“, Knucklebone-Oscar-Frontmann Oskari Martimo, lässt sich lieber von einem Security-Mann durch die Menge tragen. Die Finnen besitzen seit ihren früheren Auftritten eine große Fangemeinde in der Stadt.

Noch nicht ganz so groß ist die Fangemeinde von Alexander Dick und Jonas Gruber, doch vielleicht ändert sich das ja bald. Die beiden jungen Schrobenhausener, inzwischen bekannt als Dedodedooiweisitzn, eröffnen das Festival am Nachmittag mit bayerischem Hip-Hop. Alleine der „Goaßmass-Song“ hat Kult-Potenzial. Eine andere Musikergeneration sind Robert „Bob“ Hassfurter, Gerhard „Solo“ Zimmermann und Franz „BuddE Love“ Raßhofer. Joe Leila steht für die Brücke in die Vergangenheit, die das Festival schlägt. Aber eben auch dafür, dass die lokale Bandszene zukünftig genauso weiterleben soll.

Überhaupt ist es diese Mischung, die das Festival ausmacht. Sowohl im Publikum als auch auf der Bühne. „Natürlich ist es schwierig, alle Leute zufriedenzustellen“, weiß Baierl. „Aber ich glaube, insgesamt war das Line-Up in dieser Form sinnvoll.“ Also auch die Entscheidung, den eigentlichen Headliner und prominentesten Act des Abends, Jesper Munk, spielen zu lassen, bevor die Jungs der Mundwerk-Crew die Stimmung zum Abschluss noch einmal richtig anheizen. Munk liefert mit seinen Bandkollegen das, was man von ihm erwartet: Reibeisenstimme, geschmeidigen Blues-und Soul-Sound. Bei manchen Liedern sitzt der Wahl-Berliner neuerdings auch am Klavier, so wie beim Tom-Waits-Stück „Christmas Card From A Hooker In Minneapolis“. Wer sich im Publikum darauf einlässt, ist begeistert.

Vor und nach dem Konzert läuft Munk auch ungeniert durch das Publikum. Genau wie alle anderen Bands. Es ist ein angenehm lockeres Miteinander auf dem Lenbachplatz, der bei Dunkelheit in ein atmosphärisches Lichterspiel getaucht wird. Zu dieser Wohlfühlstimmung trägt auch der englisch-französische Singer-Songwriter Xavier Darcy aus München bei. Die großartigen Adulescens, deren erwachsener Indie-Sound eher nach Großstadt als nach Aichach klingt, leiten zuvor in den Abendteil des Festivals über. Bereits am Nachmittag komplettieren Paincake, ebenfalls aus Aichach, und The Satellite Year aus dem Saarland das Line-Up.

Der Tenor nach über zehn Stunden Musik ist jedenfalls eindeutig: Das Festival möge sich bitteschön als feste Einrichtung etablieren.