"Ich wollte nicht pokern"

Der ehemalige Ingolstädter Stefan Lex über seine Vertragsverlängerung bei 1860 München

06.02.2020 | Stand 02.12.2020, 12:01 Uhr
Heftige Gegenwehr: Eichstätts Yomi Scintu (rechts) im Zweikampf mit dem Ex-Ingolstädter Profi Stefan Lex. −Foto: Foto: Traub

München - Das Wochenende war für Stefan Lex schmerzhaft schön.

Am Donnerstag fiel der Löwen-Stürmer im Training unglücklich und brach sich dabei die linke Mittelhand. Drei Tage nach dem Bruch spielt Lex von Beginn an beim 2:2 gegen den FSV Zwickau. Das erste Tor bereitet er vor, das zweite macht er selbst. Es läuft gerade für den Ex-Ingolstädter, vergangene Woche hat er seinen Vertrag bei den Löwen verlängert.

Herr Lex, Sie sind mit dem TSV 1860 München seit neun Spielen ungeschlagen. Wissen Sie noch, wie sich verlieren anfühlt?
Stefan Lex: Das ist schon eine super Serie, die wir gerade haben. Und wir wollen sie mit aller Macht verteidigen. Wie sich verlieren anfühlt, weiß ich natürlich trotzdem.

Vom Schafkopf wahrscheinlich.
Lex: Nein, da gewinne ich immer (lacht). Wir trainieren ja jeden Tag und da kannst du auch nicht jedes Spiel gewinnen.

Sie waren in Ihren letzten sechs Spielen an neun Toren beteiligt. Vorher war Ihre Saison eher durchwachsen. Wieso läuft es seit November so gut?
Lex: Ich bin im Sommer verletzt in die Saison gegangen. Als ich wieder gesund war, hatte ich mit muskulären Problemen zu kämpfen, musste wieder aussetzen. Dann habe ich drei, vier Wochen voll trainieren können, habe viel Selbstvertrauen gesammelt. Das Tor gegen Viktoria Köln (beim 4:2 Anfang November, Anm. d. Red. ) war befreiend. Ich spiele jetzt ein bisschen zentraler als zuvor. Es liegt mir, wenn ich näher zum Tor agieren kann. Das Selbstvertrauen ist für einen Offensivspieler natürlich auch wichtig - und das ist gerade da.

Der Umschaltfußball, den Michael Köllner spielen lässt, dürfte Ihnen dabei entgegen kommen.
Lex: Auf jeden Fall. Schnell nach vorne zu spielen und die Bälle hinter die Abwehrkette zu bringen, ist einfach mein Ding. Mit Sicht zum Tor zu agieren, liegt mir und haut ja auch insgesamt für uns gut hin.

Ihr erstes Jahr nach dem Wechsel aus Ingolstadt nach München verlief durchwachsen. In einem Interview sprachen Sie von mentalen Problemen. Wieso platzt jetzt nach eineinhalb Jahren erst so richtig der Knoten?
Lex: Am Anfang war es eine Umstellung vom Spielsystem her. Wir haben oft im 4-4-2 gespielt, in dem ich klassisch über den Flügel gekommen bin. Das habe ich vorher in Ingolstadt so nicht gespielt. Wenn wir dort mit drei Spitzen gespielt haben, war ich auch eher Stürmer als Außenbahnspieler. Daher war die Rolle für mich neu. In Ingolstadt war ich außerdem nicht der Spieler, von dem Wunderdinge erwartet wurden. Bei Sechzig war die Erwartungshaltung an mich schon größer. Jetzt kenne ich die Mannschaft besser, sie kennt mich besser, weiß, welche Bälle ich brauche. Das haut im Moment sehr gut hin.

Sie haben vergangene Woche Ihren Vertrag verlängert - als erster Leistungsträger der Mannschaft. Wieso?
Lex: Mein Vertrag wäre ja ausgelaufen und die Verletzungen in letzter Zeit haben mir gezeigt, wie schnell man wieder raus sein kann. Ich wollte nicht pokern. Mir ist es lieber, ich habe einen Vertrag und bin nicht abhängig davon, wie es in den nächsten Spielen läuft. So kann der Verein auch mit mir planen.

 

Zwei Spieler waren zuletzt besonders oft an Toren beteiligt: Sie und Sascha Mölders. Sie haben verlängert, ihr Sturmpartner möchte ja eigentlich mit Profifußball aufhören. Müssen Sie da mal ein ernstes Wörtchen mit ihm reden?
Lex: Von mir lässt er sich sicher nicht umstimmen (lacht). Sascha weiß selbst am besten, was er machen will. Ich kann nachvollziehen, wenn er sagt, dass es ihm reicht. Aber ich glaube auch, dass es ihm momentan ziemlich Spaß macht.

Sascha Mölders und Sie haben auch gemeinsam, dass Sie kein Nachwuchsleistungszentrum durchlaufen haben. Sie kamen über Eintracht Freising und den TSV Buchbach in den Profifußball. Gibt es Unterschiede zwischen NLZ-Spielern und solchen, die sich "hochgekämpft" haben?
Lex: Ich sehe mich jetzt zum Beispiel nicht als technisch herausragenden Spieler bei uns im Kader. Bis zu meinem 23. Lebensjahr habe ich dreimal in der Woche trainiert, die anderen sechs- oder siebenmal. Es ist schade, dass es den Weg, den Sascha und ich gewählt haben, nicht mehr so oft gibt.

Ihr Entdecker ist Anton Bobenstetter, lange Trainer beim TSV Buchbach. Gibt's noch Kontakt?
Lex: Ja, ab und zu. Jetzt im Trainingslager hat er uns besucht, weil er in der Nähe war und andere Trainingslager angeschaut hat. Dann hat er mir geschrieben, wann wir trainieren und hat vorbeigeschaut. Wir sind immer wieder im Austausch, wenn ich wissen will, wie es bei Buchbach läuft oder er eine Einschätzung zu einem Spieler will.

Sie sind bekanntlich seit Ihrer Kindheit Löwen-Fan. Ärgert man sich da umso mehr, dass sich der Verein durch interne Querelen immer wieder selbst im Weg steht?
Lex: Was hier möglich ist, wenn man zusammenhält, hat man in der Regionalliga-Saison gesehen. Ich habe das Gefühl, dass wir momentan auf einem sehr guten Weg sind. Wenn es sportlich gut läuft und wir als Mannschaft symbolisch vorausgehen, dann kann der Verein insgesamt in ein ruhiges Fahrwasser kommen.

Sie haben mal gesagt, dass Sie davon träumen, bei 1860 eines Tages als Poster an der Wand zu hängen. Was müsste dafür passieren?
Lex: Das war damals so: In dem Raum, in dem wir in der Mittagspause immer schafkopfen, hängen ein paar Poster von ehemaligen Spielern. Daraus entstand dann diese Aussage. Was dafür passieren müsste? Wahrscheinlich nicht nur vier Tore und vier Assists wie letzte Saison (lacht). Wenn wir als Mannschaft erfolgreich sind und ich meinen Teil dazu beitragen kann, dann haben wir am Ende alle etwas davon. Es ist jetzt der erste Schritt, dass ich meinen Vertrag verlängert habe und jetzt schauen wir mit vielen kleinen Schritten, dass da wirklich irgendwann einmal ein Poster von mir hängt - und wenn ich es selbst aufhängen muss.

Das Gespräch führte
Alexander Augustin