Ingolstadt
Die Sprache als "das letzte unabnehmbare Zuhause"

Ausstellung der FOS/BOS in der Stadtbücherei

06.02.2020 | Stand 02.12.2020, 12:01 Uhr

Ingolstadt - Seit einigen Tagen ist im zweiten Stock der Stadtbücherei die Ausstellung "Sprache als Exil - Hilde Domin und Moses Rosenkranz" mit Faksimiles der Dichternachlässe aus dem Deutschen Literaturarchiv Marbach zu sehen.

Sie wurde von Schülerinnen und Schülern der FOS/BOS Ingolstadt gestaltet und kuratiert. Die Ausstellung habe bereits "großen Zuspruch erfahren", berichten die das Projekt betreuenden Lehrerin Margarethe Kuffer und ihr Kollege Christian Däufel. "Sprache als Exil" ist noch bis zum 22. Februar zu sehen.

Den historischen Kontext erläutern die Ausstellungsma-cher wie folgt: "Die gebürtige Kölnerin Hilde Domin erkannte früh die Zeichen der Zeit. Bereits 1932 entschied sie sich zusammen mit ihrem späteren Ehemann Erwin Walter Palm, Deutschland zu verlassen und nach Italien zu emigrieren. Diesem ersten, noch selbstbestimmten Schritt ins Exil folgte eine Flucht vor dem sich ausbreitenden Nationalsozialismus, die über Frankreich nach England und auf Umwegen über Kanada, Jamaika und Kuba bis in die Dominikanische Republik führte. Es handelt sich um eine Odyssee aus dem Zentrum Europas an den äußersten Rand der Welt, die die Ausstellungsbesucher anhand von Pässen Briefen und Tagebuchnotizen nachvollziehen können. Eine Vitrine widmet sich dem Spannungsfeld zwischen Erleichterung über das Ende der Bedrohung und Verzweiflung angesichts der politischen Situation nach der Ankunft in dem diktatorischen Inselstaat. "

Der so außergewöhnlichen wie schrecklichen Biografie des aus der Bukowina stammenden Dichters Moses Rosenkranz wendet sich der zweite Teil der Ausstellung zu. "Hier bildet das Gedicht Einstimmung, das von Heimatverlust und Entwurzelung kündet, den Beginn eines mehrere Stationen umfassenden Wegs, der die traumatischen Erfahrungen des Schriftstellers nachvollzogen macht: Zwar entging Rosenkranz der Ermordung durch den Nationalsozialismus, doch verbrachte er mehrere Jahre in Arbeitslagern des rumänischen Faschismus. Das Ende des Zweiten Weltkrieges bedeutete zudem kein Ende der Verfolgung. Denn die neuen kommunistischen Machthaber misstrauten dem Deutsch sprechenden Dichter und verschleppten ihn für zehn Jahre in ein Straflager nach Sibirien. Dieser Internierung im Gulag widmet sich eine Station, die nur eine leere Fläche zeigt und so den Umstand versinnbildlicht, dass Moses Rosenkranz der Besitz von Stift und Papier untersagt war. "

Ein Zitat Hilde Domins bildet das Leitmotiv der Ausstellung: "Für mich ist die Sprache das Unverlierbare, nachdem alles andere sich als verlierbar erwiesen hatte. Das letzte unabnehmbare Zuhause. "

DK