Ingolstadt
„Ich habe kein Fitzelchen Vertrauen verloren“

FCI-Sportdirektor Michael Henke glaubt an die Mannschaft und sieht einen Ausweg aus der Krise

26.02.2020 | Stand 23.09.2023, 10:55 Uhr
Zuversichtlich trotz kritischen Blicks: FCI-Sportdirektor Michael Henke. −Foto: Bösl

Ingolstadt - Der FC Ingolstadt steht in der 3. Liga nach drei Niederlagen in Folge erstmals seit dem 1. Dezember nicht mehr auf einem direkten Aufstiegsrang. FCI-Sportdirektor Michael Henke nimmt im Interview mit unserer Zeitung zur Krise Stellung und erklärt, worauf es in den verbleibenden 13 Spieltagen bis zum Saisonende ankommt.

Herr Henke, was hat die Ursachenforschung nach der 0:3-Niederlage in Rostock ergeben?

Michael Henke: Ich denke, wir haben nach der Winterpause unseren Weg verloren. Die Vorbereitung war gut, vielleicht zu gut. Es  gab  zu viel Lob von allen Seiten, auch innerhalb des Vereins, wie wir  die schwierige Lage im Sommer gemeistert haben. Mich hat es fast schon ein bisschen aggressiv gemacht, wenn ich hörte:  ,Ihr und Duisburg steigt  sowieso auf’.   Jetzt ist ein Negativtrend da. Aber wir haben uns kritisch damit auseinandergesetzt und können  wie in der ähnlich schwierigen Situation in der Hinrunde wieder herauskommen.

Sie sprechen die Krise in der Hinrunde an. Jetzt sind aber bereits zwei Drittel der Saison vorbei, der Druck wird größer. Ist es nun schwieriger, sich aus dieser Situation zu befreien?

Henke: Man muss jede Situation  einzeln betrachten. Wir haben im Winter zu  weit nach vorne geblickt, uns zu sehr  mit der Zweiten Liga beschäftigt. Man darf darüber nicht die tägliche Arbeit vergessen. Das Spiel in Würzburg (1:3) war ein gutes Beispiel. Da hat sich die Mannschaft nach der Führung zurückgelehnt. Das ist tödlich in der 3. Liga. Daraus müssen wir lernen. Jetzt heißt es,  gegen Viktoria Köln  die bestmögliche Leistung abzurufen.

Muss man auch  einen Schritt zurückmachen und wieder einfacheren Fußball spielen?

Henke: Absolut. In Rostock haben wir gedacht, wir kicken ein bisschen, mal quer und zurück. Wir hatten mehr Ballbesitz,  aber in den Zweikämpfen fehlte die letzte Konsequenz.  Wir sind wieder an einem Punkt, wo wir uns um die Basics kümmern müssen: hohe Laufintensität, gute Zweikampfführung und auch mal einen Ball wegschlagen. Das hat uns in der Hinrunde stark gemacht.

Hat  Trainer Jeff Saibene zu viel Wert  auf die spielerische Komponente gelegt, weil er das Spiel weiter entwickeln wollte?

Henke: Ich nehme den Trainer da raus. Man kann mit Jeff gut diskutieren, weil er das zulässt. Er wiederum  erklärt seine Sicht  und arbeitet das mit der Mannschaft hervorragend auf.  Wir wollen alle die Mannschaft entwickeln,  aber man kann das eine machen, ohne das andere zu lassen. Keiner hat verboten, den langen Ball auf Stefan Kutschke zu spielen.   Daher ist für mich ganz klar die Mannschaft gefordert.

Sehen Sie diese Phase als Reifeprüfung für die jungen Talente?

Henke: Auf jeden Fall. Wenn ich das Spiel von Rostock im Kopf habe und die jungen Spieler  danach im Training sehe, ist  ein klarer Unterschied erkennbar. Da ist Leben, Power und Selbstbewusstsein in den Aktionen.  Wir müssen sie dahinbringen,  dass sie das wieder im Spiel zeigen, egal ob von Anfang an, oder wenn sie von der Bank reinkommen.

In der Hinrunde kamen von den Einwechselspielern stets Impulse. Warum ist das jetzt nicht mehr der Fall?

Henke: Das stimmt, und es fällt mir auch schwer, das zu begründen. Diejenigen, die reinkommen, haben  den gleichen Willen wie am Anfang der Saison. Fatih Kaya ist ein gutes Beispiel.  Über dessen Einstellung gibt es nullkommanull Zweifel, aber im Spiel will er vielleicht ein bisschen zu viel.

Es gibt aber auch die erfahrenen Spieler, beispielsweise Maximilian Beister. Warum tut er sich so schwer, eine  tragendere Rolle zu übernehmen?

Henke: Wir haben ihn als Unterschiedsspieler geholt, und er hat seine Qualität mit seinen fünf Toren auch schon gezeigt.  Da muss er wieder hin. Er hat sich durch die Rote Karte gegen 1860 München selbst aus dem Spiel und Rhythmus gebracht, aber wir setzen nach wie vor auf ihn. Gerade er ist in so einer Situation gefordert, und ich muss auch sagen, dass er sich im Training voll reinhängt und seiner Rolle absolut gerecht wird. 

Ist die Mannschaft aus Ihrer Sicht intakt?

Henke: Absolut.  Aber es gibt keine Garantie, dass das so bleibt, weil eine Mannschaft ein fragiles Gebilde ist.  Im Moment haben wir keinerlei Auflösungserscheinungen. Wir haben eine gute Basis, um die Wende zu schaffen, aber das muss gegen Köln sichtbar sein.

Ist die Partie am Sonntag (13 Uhr, Audi-Sportpark) das Schlüsselspiel in der Saison, sowohl was den Anschluss zur Tabellenspitze anbelangt als auch im Hinblick auf die Stimmung?

Henke: Ja, aber in erster Linie geht es um die Leistung. Wir stehen immer noch oben, müssen uns nun aber gegen viel mehr Konkurrenz und Widerstände durchsetzen. Es ist ein sehr wichtiges Spiel, aber  kein entscheidendes  in irgendeine Richtung. Was sich entscheidet ist, ob die  Mannschaft  kapiert hat, um was es jetzt geht, und die Situation  richtig annimmt.  Das zeigt sich nicht unbedingt am Ergebnis, sondern an der Art und Weise, wie wir das Spiel bestreiten. Ich denke da an das 0:0 gegen Unterhaching zurück. Da waren zwar viele Zuschauer im Stadion unzufrieden, aber wir haben uns in diesem Spiel stabilisiert und einen Schritt nach vorne gemacht. Das war mit ein Grund dafür, warum wir im Winter Zweiter waren. 

Überrascht Sie der Zeitpunkt der jetzigen Krise?

Henke: Mich überrascht im Fußball eigentlich gar nichts mehr, aber ich gebe zu, es verwundert mich  schon ein wenig, weil nichts darauf hingedeutet hat. Nach dem Spiel  in Rostock war ich auch  enttäuscht. Aber ich habe dadurch nicht ein Fitzelchen an Vertrauen in diese Kombo verloren.  

Wir kommen in den März. Befürchten Sie zusätzliche Störfeuer durch Vertragsverhandlungen?

Henke: Nein. Wir sind in einer sehr guten Situation, weil fast alle Spieler Verträge besitzen. Das ist kein Vergleich zum Sommer. Dass einzelne Spieler eine Ausstiegsklausel haben und eventuell nicht noch mal in der 3. Liga spielen wollen, ist normal. Wir haben den  Kader für zwei, drei Jahre geplant, da bricht nichts auseinander. Das ist schon jetzt klar.

Der FCI hat stets vermieden, das Ziel Aufstieg auszugeben. Wie sehr fällt es ins Gewicht, dass diese große Chance jetzt vorhanden ist?

Henke: Es ist doch klasse, dass wir nach wie vor alle Möglichkeiten haben. Im Winter waren wir Zweiter, da hat die Mannschaft von sich aus schon gesagt, dass sie diesen Platz   verteidigen will. Wir wissen, dass wir den Kader haben, um erfolgreich zu sein, aber das  müssen wir Schritt für Schritt  umsetzen. Wir brauchen jetzt keine super Spiele, sondern eine super Einstellung und positive Ergebnisse. 

Gottfried Sterner