Ingolstadt
Das Dilemma mit der Führung

FC Ingolstadt konnte nur zwei von elf 1:0-Führungen zu Siegen nutzen

17.04.2019 | Stand 23.09.2023, 6:41 Uhr
Letztmals in der Ingolstädter Startelf stand Christian Träsch (links) im Heimspiel vor knapp drei Wochen gegen den SV Sandhausen. Beim MSV Duisburg wurde der Routinier in der Schlussphase eingewechselt, gegen Holstein Kiel blieb der 31-Jährige ohne Einsatz. −Foto: Weigel/dpa

Ingolstadt (DK) Zum vierten Mal in Folge ist der FC Ingolstadt am vergangenen Spieltag in Führung gegangen. Doch wie so oft in dieser Saison reichte es nicht zum Sieg. Vor dem nächsten "Endspiel" bei Arminia Bielefeld am kommenden Sonntag (13.30 Uhr) zieht Trainer Tomas Oral noch einmal die Zügel an. Davon soll auch Vizekapitän Christian Träsch profitieren.

Erich Röcher staunte gestern Vormittag nicht schlecht. "Der jagt sie aber ganz schön", kommentierte der Vater von Linksaußen Thorsten Röcher in schönstem österreichischem Dialekt die schweißtreibende Einheit. Bis zur totalen Erschöpfung arbeitete Oral in Vierergruppen am Umschaltspiel. "Ihr müsst euren inneren Schweinehund überwinden", forderte der Ingolstädter Trainer von seinen Profis. "Wir müssen eben alles geben", erklärte sich der 45-Jährige gegenüber unserer Zeitung.

Das gilt laut Oral besonders für Träsch. Denn war der Mittelfeldspieler unter Ex-Coach Jens Keller noch als Ballverteiler gesetzt, kam er gegen den MSV Duisburg (4:2) nur zu einem Kurzeinsatz und wurde gegen Holstein Kiel (1:1) gar nicht mehr berücksichtigt. "Es ist ärgerlich, dass ich nicht spiele. Aber ich werde keine Ansprüche stellen, dass ich unbedingt spielen muss. In den letzten fünf Spielen geht es nicht um Egoismen", stellte der 31-Jährige gewohnt professionell fest.

Oral hatte die Nichtberücksichtigung des Routiniers mit dessen körperlichem Zustand begründet: "Wie ich ihn aus der Vergangenheit kenne, ist er noch nicht hundertprozentig fit." Für sein kraftraubendes Umschaltspiel setzte der Trainer in den zwei Partien nach seiner Rückkehr lieber auf Spieler, die unermüdlich marschieren oder eben den "inneren Schweinehund" überwinden können.

"Als Spieler hört man es nicht gerne, dass man Defizite hat", entgegnet Träsch, der nach der überraschend schnellen Rückkehr nach seinem Kreuzbandriss womöglich auch in ein kleines Leistungsloch gefallen ist. Der Routinier lässt aber auch durchblicken, dass ihm die Umstellung vom Kellerschen Ballbesitzfußball zum Oralschen Umschaltspiel nicht ganz leicht fällt. "Das ist ein ganz anderer Fußball. Aber ich werde versuchen, das schnellstmöglich aufzuholen, um am Wochenende zu spielen."

Dann wartet mit dem Auswärtsspiel in Bielefeld das nächste "Endspiel" auf den Tabellenvorletzten der 2. Fußball-Bundesliga. Und Träsch pflichtet Oral bei, dass nur ein Sieg zählt, um im Abstiegskampf weiter im Rennen zu bleiben. "Das ist so. Wir müssen Vollgas geben, uns in die Zweikämpfe reinwerfen und über die Mentalität kommen. Das kann jeder von uns einbringen. Dann können wir das Ruder noch rumreißen und das Wunder schaffen", sagt der Vizekapitän.

Um diesem näher zu kommen, sollten es die Schanzer aber auch einmal schaffen, eine Führung über die Zeit zu bringen. Bereits elfmal erzielte der FCI in dieser Saison das "wichtige" 1:0, fuhr dabei aber nur zwei Siege ein. Viermal gingen die Ingolstädter sogar komplett leer aus. "Vielleicht liegt das an der Angst, etwas verlieren zu können", sucht Träsch nach einer Erklärung für dieses Dilemma und ergänzt: "Gegen Kiel war es auch so, dass wir uns immer weiter zurückgezogen haben, und schon haben wir ein Tor kassiert. Mir wäre es am liebsten, dass wir das zweite oder dritte Tor nachlegen und uns dann zurückziehen."

Fünf Partien bleiben den Ingolstädtern noch, um sich wenigstens auf den Abstiegsrelegationsplatz zu retten. "Das ist definitiv das primäre Ziel", meint Träsch, der sich mit einem etwaigen Scheitern gar nicht erst beschäftigen will. "Das kostet nur Nerven und raubt Energie", meint der Mittelfeldspieler. Ob er im Falle eines Abstiegs in seiner neuen, alten Heimat bleiben würde, wollte der Familienvater, der unter Ex-Geschäftsführer Harald Gärtner einen Vertrag bis 2021 unterschrieben hatte, nicht verraten: "Ich habe mir noch keine Gedanken gemacht, was dann passiert."
 

Mavraj wieder im Mannschaftstraining

Trainer Tomas Oral hat gestern so viele Spieler wie schon lange nicht mehr im Training zur Verfügung gehabt. Bis auf Rekonvaleszent Lucas Galvao und Ersatztorwart Fabijan Buntic (beide Sprunggelenk) standen alle Profis des FC Ingolstadt bei den letzten beiden öffentlichen Einheiten vor dem Auswärtsspiel in Bielefeld am Sonntag (13.30 Uhr) auf dem Trainingsplatz. Mergim Mavraj (Rippenprellung) wirkte bei der Nachmittagseinheit wieder voll mit und hinterließ dabei einen guten Eindruck. Das galt auch für Tobias Schröck, der nach seiner Oberschenkelverletzung früher als erwartet eine Option sein könnte. Einzig Ex-Kapitän Marvin Matip (Sprunggelenk) trainierte nur individuell.

Julian Schultz