Sünder
Eusebio und die "Hand Gottes"

05.07.2016 | Stand 02.12.2020, 19:35 Uhr

Sünder Abel Xavier vergrub sein Gesicht im Gras, während seine Nebenleute wild zu protestieren begannen. Luis Figo warf sein Trikot weg, "weil wir ein kleines Land sind, das niemand im Finale haben will". Joao Pinto forderte, dass Portugal den Rasen verlässt und gab dazu eindeutige Handzeichen. Andere beschimpften und rempelten den Unparteiischen, der daraufhin Nuno Gomes die Rote Karte zeigte. Und Trainer Humberto Coelho versuchte seine Spieler zu beruhigen, wurde aber vom norwegischen Uefa-Delegierten Odd Flattum weggezerrt.

Und mittendrin stand ein älterer Herr im grauen Anzug, mit weißem Handtuch um den Hals. Es war Eusebio, die Legende Portugals. Der ruhende Pol in einem Meer aus Aggression, Wut und Trauer. Niemand wagt es, ihm zu widersprechen. Niemand wagt es, sich ihm zu widersetzen. Was der "Pantera Negra", der "Schwarze Panther", sagt, wird gemacht.

Kurz zuvor an jenem 28. Juni 2000 drohte das EM-Halbfinale zwischen Frankreich und Portugal im Brüsseler König-Baudouin-Stadion zu eskalieren. Portugals Abwehrhüne Abel Xavier war im Stile eines Handballtorwarts nach unten getaucht und hatte einen Schuss des Franzosen Sylvain Wiltord regelwidrig abgewehrt. Reflex? Angeschossen? Die "Hand Gottes"? "Was soll er denn machen? Soll er sich etwa den Arm abhacken", schimpfte Figo, als Schiedsrichter Günter Benkö aus Österreich drei Minuten vor dem Ende der Verlängerung nach Intervention seines Linienrichters auf Elfmeter für die Equipe Tricolore entschied. Zinedine Zidane schoss die Franzosen mit seinem Treffer zum 2:1 eiskalt ins Endspiel gegen Italien.

Erst als Eusebio auf den Rasen eilte, beruhigten sich seine Landsleute. Er war auch der Erste, der den Franzosen gratulierte. Er stellte sich schützend vor Schiedsrichter Benkö. Nach der WM 1966 in England, als der portugiesische Ausnahmestürmer neun Treffer erzielte, sorgte Eusebio abermals weltweit für Aufsehen. ‹ŒAlexander Fischer