Nach der Schlusssirene wird der Torhüter beinahe von seinen Mitspielern erdrückt. „Jimmy hat uns das Spiel gewonnen, keine Frage“, konstatiert Ingolstadts Trainer Ron Kennedy. Und unsere Zeitung titelt am nächsten Tag: „Grandioser Waite verhilft ERC ins Halbfinale“.
Der Kanadier, dessen Trikot längst unter dem Hallendach der Saturn-Arena hängt, ermöglicht am 21. März 2004 seiner Mannschaft mit einer überragenden Leistung den Sieg im entscheidenden sechsten Viertelfinalspiel gegen die Nürnberg Ice Tigers. Zwei Drittel lang aber geben die Franken den Ton an, während die Ingolstädter extrem verhalten und defensiv agieren. Während der ERC kaum in Schussposition kommt, haben die Gäste selbst in Unterzahl die besseren Chancen.
Dabei steht in dieser Partie alles auf dem Spiel, denn die Panther um ihre Führungsspieler Glen Goodall, Günther Oswald und Jakub Ficenec haben gleich die ersten beiden Play-off-Derbys der Deutschen Eishockey-Liga (DEL) gegen den Hauptrundenzweiten Nürnberg mit 1:2 nach Penaltyschießen und 2:5 in eigener Halle verloren. Doch dann schlägt der Liga-Siebte zurück, geht in Nürnberg zweimal mit 3:2 als Sieger vom Eis und ist auch zu Hause bei einem 4:3-Sieg nach Penaltyschießen nicht zu schlagen.
Alle bisherigen Episoden der Play-off-Momente:
2008: Enge Serie ohne Happy End
2018: Mannheim wieder zu stark
So kommt es zum nervenaufreibenden sechsten Duell. Die Zuschauer in der Arena halten die Spannung kaum aus. Doch Waite zeigt keine Nerven, dafür unglaubliche Paraden, und hält sein Team so im Spiel. „Ich sag nur Jimmy Waite – er war’s“, meint Stürmer Cameron Mann hinterher. Erst in den letzten fünf Spielminuten treffen Sean Tallaire und Doug Ast zum 2:0 – der bis dato größte Erfolg in der Vereinsgeschichte des ERC ist perfekt.
„Wir können stolz sein auf das, was wir erreicht haben, aber wir wissen auch, dass es im Sport wenige Möglichkeiten gibt, etwas ganz Großes zu schaffen. Darum muss man die Chance nutzen, wenn sie kommt. Wir werden alles versuchen“, kündigt Waite nach dem Einzug ins Halbfinale an. Doch die kraftraubende Serie gegen Nürnberg fordert ihren Tribut. Hauptrundensieger Eisbären Berlin fertigt die Panther mit drei Siegen ab, die Meisterschaft gewinnen am Ende die Frankfurt Lions. Bester DEL-Torhüter der Saison aber wird am Ende: Jimmy Waite.
In eigener Sache
Wegen des Coronavirus ist die Saison der Deutschen Eishockey-Liga (DEL) vorzeitig und erstmals ohne Play-offs zu Ende gegangen. Als Ersatz erinnern wir in dieser Serie an die größten Siege und die bittersten Niederlagen in der Play-off-Geschichte des ERC Ingolstadt in der DEL. Besondere Momente der sensationellsten Saison der ERC-Geschichte finden Sie im Buch "Das Eiswunder von Ingolstadt" unserer Sportredakteure Alexander Petri und Julian Schultz. Mehr dazu hier.
Julia Pickl
