Serie zu 20 Jahre FC Ingolstadt
Viel Drama: Tomas Oral erlebte als FCI-Trainer drei Relegationen – Am Ende Entlassung trotz Aufstieg

17.08.2023 | Stand 12.09.2023, 23:26 Uhr

Tomas Oral nach seinem größten Erfolg mit dem FC Ingolstadt, dem Aufstieg in die 2. Bundesliga 2021, im Kreis der Mannschaft. Fotos: Bösl

Der FC Ingolstadt startet in seine 20. Saison. Seit der Gründung am 5. Februar 2004 haben die Schanzer viel erlebt, darunter fünf Aufstiege bis in die Bundesliga, aber auch vier Abstiege. Für uns ein Anlass, noch einmal auf die Entwicklung des Vereins zurückzublicken, der einst aus der Fusion der Fußballtraditionsklubs ESV und MTV hervorging. Vor dem kommenden Heimspiel gegen den Halleschen FC beschäftigen wir uns mit Trainer Tomas Oral, der gleich dreimal bei den Schanzern war und Dramatik pur erlebte.



19 Cheftrainer gab es bereits in der Geschichte des FC Ingolstadt, aber keiner ist so verbandelt mit den Schanzern wie er: Tomas Oral. Gleich dreimal bestimmte er die sportlichen Geschicke – und meistens war dies mit einem Drama verbunden. Zuletzt vor allem für ihn persönlich. Kurz nachdem Oral mit dem FCI in zwei Relegationsduellen gegen den VfL Osnabrück (3:0, 1:3) die Rückkehr in die 2. Bundesliga geschafft hatte, teilte ihm der Verein mit, dass er nicht mit ihm weitermachen wolle – der Aufstiegstrainer musste gehen.

Tomas Oral und hofft auf ein schnelles Comeback des FCI



Sein Groll, den er nach den Ereignissen im Juni 2021 hegte, ist mittlerweile verraucht. „Der FCI ist ein Herzensverein für mich, darum werde ich ihm immer verbunden bleiben. Mit Peter Jackwerth habe ich ein sehr gutes Verhältnis, da ist nichts hängengeblieben. Leider hat er sich damals etwas zu sehr zurückgezogen und die katastrophalen Personalentscheidungen nicht verhindert“, sagt Oral und hofft auf ein schnelles Comeback der Schanzer. „Ich wünsche es dem Verein, dass er die Kurve kriegt. Der FCI ist gut aufgestellt, hat eine bundesligareife Infrastruktur und auch das nötige Know-how. Aber es wird elementar wichtig sein, dass der Aufstieg in die 2.Bundesliga gelingt, auf Dauer wird der Verein nicht in der 3.Liga spielen können.“

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Oral weiß, wovon er spricht. Im November 2011 kam der frühere Trainer des FSV Frankfurt, mit dem er 2008 gemeinsam mit den Schanzern in die 2. Bundesliga einzog – damals als Meister vor dem FCI mit Thorsten Fink – das erste Mal nach Ingolstadt. Zusammen mit Sportdirektor Thomas Linke, der ihn aus gemeinsamer Zeit bei RB Leipzig kannte. Und schon damals war Oral als Retter gefragt. Unter seinem Vorgänger Benno Möhlmann, der in der Vorsaison in einer ähnlichen Situation noch den Klassenerhalt bewerkstelligt hatte, zierten die Schanzer am 14. Spieltag das Tabellenende in der 2. Bundesliga. Nach holprigem Start legte Oral mit Kapitän Stefan Leitl und Co. eine Serie von 14 Spielen ohne Niederlage hin und kam auf Rang zwölf ins Ziel.

Die Folgesaison verlief für die Schanzer ungewohnt ruhig, erstmals blieben sie den Abstiegsrängen fern – und trotzdem passte es am Ende nicht mehr. Oral hatte mit seiner diktatorischen Art Teile der Mannschaft verloren, darunter auch seinen Kapitän. Die Folge: Der FCI trennte sich trotz der punktemäßig besten Saison von Oral. „Wir haben den Verein stabilisiert und die Grundlage für den danach folgenden Aufschwung geschaffen“, ist Oral, der auch den Wechsel von Pascal Groß zum FCI initiiert hatte, überzeugt.

Tomas Oral erlebt bitteren Abstieg mit dem FCI



Sechs Jahre später tauchte der Trainer, der inzwischen beim FC Fulham (als Assistent von Felix Magath), erneut beim FSV Frankfurt sowie beim Karlsruher SC tätig war, bei den Schanzern in einer abermals prekären Situation auf. Sieben Spieltage vor Saisonende leuchtete beim FCI wieder einmal die rote Laterne, fünf Punkte fehlten auf den Relegationsrang. Doch mit fünf Siegen in sechs Spielen erzwang Oral mit seinem Team noch die Entscheidungsspiele gegen Wehen Wiesbaden (mit dem späteren FCI-Trainer Rüdiger Rehm). „Das war eigentlich meine schwierigste Aufgabe und für mich wie eine Meisterschaft. Aber dann wurde uns der Klassenerhalt noch aus der Hand gerissen, weil wir es im Hinspiel in Wiesbaden verpassten, das dritte und vierte Tor zu erzielen und uns im Rückspiel Almog Cohen und Sonny Kittel ausfielen“, meint Oral, der allerdings auch auf den erfahrenen Christian Träsch verzichtet hatte. Die Folge: Nach einem 2:1-Sieg unterlagen die Schanzer zu Hause mit 2:3 und stiegen aufgrund der damals noch gültigen Auswärtstorregel ab. Oral hatte keine Lust auf eine Weiterbeschäftigung.

Drama im Relegations-Rückspiel gegen den 1. FC Nürnberg



Seine dritte Mission beim FCI begann nicht weniger dramatisch – im Gegenteil, es gab sogar noch eine Steigerung. Fast auf den Tag genau ein Jahr später stand der gebürtige Ochsenfurter wieder an der Seitenlinie. Zuschauer jedoch fehlten, die Auswirkungen der Corona-Pandemie hatten gerade voll auf den Fußball durchgeschlagen. Und dieses Mal lautete auch die Aufgabe anders – er sollte mit Sportdirektor Michael Henke (davor jeweils sein Co-Trainer) noch den Aufstieg bewirken. Abermals gelang Oral mit einer Erfolgsserie noch der Sprung auf den Relegationsplatz, beim abschließenden 2:0-Sieg im Derby bei 1860 München wähnten sich die Schanzer für Minuten bereits in der Zweiten Liga, ehe den Würzburger Kickers in der Nachspielzeit gegen den Halleschen FC noch ein Tor gelang.

Das Drama nahm aber erst seinen Anfang. In der Relegation gegen den 1. FC Nürnberg gab es nach dem 0:2 im Hinspiel kaum noch Hoffnung, doch dann führten die Schanzer im Rückspiel plötzlich mit 3:0 und standen erneut mit einem Bein in der 2. Bundesliga – bis zur 97. Minute, als Fabian Schleusener mit seinem Treffer mitten ins Schanzer Herz traf.

Oral schafft mit dem FCI den Aufstieg in seiner dritten Relegation



Doch dieses Mal blieb Oral und schaffte schließlich im nächsten Anlauf 2021 den Aufstieg – in seiner dritten Relegation. „Das sind Momente, die man nicht vergisst. Diese Saison war auch durch Corona etwas Besonderes, da ist eine Nähe zwischen Mannschaft und dem gesamten Staff entstanden, wie ich das sonst nicht zulasse“, sagt Oral und hat die Schanzer weiter im Blick. „Es sind jetzt Leute am Werk, die Erfahrung haben. Und dass man vier, fünf Zweitliga-Spieler geholt hat, ist ja schon eine sportliche Ansage, dass man weiter angreifen will“, meint der 50-Jährige, warnt aber auch vor überzogenen Erwartungen: „Aufzusteigen ist nicht so einfach, das erfordert einen enormen Kraftaufwand.“ Oral weiß das beim FCI so gut wie kein anderer.