Neuer Vizemeister
ERC-Trainer French und seine Spieler blicken trotz Finalniederlage mit Stolz auf erfolgreiche DEL-Saison

25.04.2023 | Stand 16.09.2023, 23:08 Uhr

Aufmunterung von den Rängen: Die ERC-Fans feierten die Spieler am Sonntag in der Olympia-Eishalle trotz der bitteren Niederlage noch lange nach Spielende. Foto: Imago Images

Die große Sause blieb am Sonntagabend aus, nach der Niederlage im Finale der Deutschen Eishockey-Liga (DEL) gegen den EHC München mussten die Spieler des ERC Ingolstadt bei ein paar Bier in gemeinsamer Runde erst mal die Enttäuschung verarbeiten. Für Trainer Mark French überwog dennoch der Stolz auf seine Mannschaft, die sich auch nach Rückschlägen nie vom erfolgreichen Weg hatte abbringen lassen.



Die Narbe unterhalb von Daniel Piettas linkem Auge, die er aus der Prügelattacke von Mannheims David Wolf im zweiten Halbfinale davongetragen hatte, ist kaum noch zu sehen. Auch die vielen blauen Flecken und Prellungen der ERC-Spieler werden schon in einigen Tagen nicht mehr schmerzen, die Körper sich erholen. Die seelischen Wunden nach dem verlorenen Finale aber werden noch länger nachwirken. „Im Moment tut’s weh“, meinte Pietta nach der entscheidenden 1:3-Niederlage gegen München. „Es wird ein paar Tage dauern, bis wir realisiert haben, dass wir auch ein bisschen stolz auf uns sein können.“

Emotionale Panther



Am Sonntagabend ließ eine Mischung aus Erschöpfung und Enttäuschung über die verpasste Chance, zum zweiten Mal nach 2014 den Meistertitel nach Ingolstadt zu holen, die Spieler emotional werden. „Man sieht nur leere Blicke, wenn man in die Kabine kommt“, meinte Stürmer Wayne Simpson. Kapitän Fabio Wagner kämpfte im Interview mit den Tränen, während einige Meter weiter die ERC-Fans am Mannschaftsbus warteten und Spielern und Trainern Respekt zollten für die erfolgreiche Saison. „Wir sind stolz auf unser Team“, skandierten die treuen Anhänger, die die Panther schon in der Olympia-Eishalle noch lange nach Spielende trotz der bitteren Niederlage gefeiert hatten.

Für den neuen Vizemeister endete in diesem Moment eine Reise, die vor neun Monaten mit sehr viel Ungewissheit und noch viel mehr Glaube an die eigenen Stärken gestartet war. Gleich im allerersten Meeting habe das neue Trainerteam um Chefcoach French über den anvisierten Umbruch und die neue Gewinnermentalität gesprochen, erzählte Pietta. „Umso länger die Saison dauerte, umso mehr hat jeder Einzelne daran geglaubt. Von Woche zu Woche, von Monat zu Monat, von Sieg zu Sieg wurde dieser Glaube immer stärker.“

Fester Zusammenhalt prägte Saison



Dabei wurden die Panther immer wieder von Ausfällen gebeutelt, teilweise musste der ERC gleichzeitig auf sechs Leistungsträger verzichten. Doch dadurch sei die Mannschaft noch viel enger zusammengerückt, erklärte Pietta. Einer sprang für den anderen ein, es sei die „Initialzündung“ einer Erfolgsstory gewesen, mit der kaum jemand gerechnet hatte und die erst im Finale endete. „Wenn wir rausgehen, ist es fast wie ein Kampf, in den wir gemeinsam ziehen“, meinte Ty Ronning. „Dieses Team gibt niemals auf.“

Dieser Einsatz imponierte vor allem den Architekten des Erfolgs. Auch gegen den souveränen Hauptrundensieger München lieferte Frenchs Mannschaft einen großen Kampf und war in vier der fünf Finalspiele ebenbürtig. „Ingolstadt hat uns alles abverlangt“, befand auch EHC-Kapitän Patrick Hager.

French erinnerte sich aber auch an das vierte Halbfinalspiel in Mannheim, das die Panther nach einem intensiven Duell mit 1:0 gewannen und damit den Ausgleich in der Serie schafften. „Bei all der Erleichterung über den Sieg waren die Spieler zu kaputt, um sich zu freuen“, erzählte French. „Wie kann ich also jetzt enttäuscht sein, wenn man eine Mannschaft hat, die sich so reinhängt?“

Nach seinem Antritt in Ingolstadt habe er mit seinem Trainerteam eine Kultur der Arbeitsmoral und Selbstlosigkeit aufgebaut, meinte French. „Oft sind das nur leere Worte, aber die Spieler haben die Identität, die wir Trainer etabliert haben, aufs Eis gebracht und sie gelebt.“

Großer Umbruch bleibt aus



Für Spieler und Fans bleibt die Hoffnung, dass dem „Trainer des Jahres“ der DEL dieses Kunststück in der kommenden Saison erneut gelingt. Ein großer Umbruch bleibt im Gegensatz zu Halbfinalgegner Mannheim bei den Panthern aus, auch wenn wichtige Spieler wie Frederik Storm und Justin Feser, die in dieser Saison zusammen 78 Scorerpunkte erzielten, den Verein verlassen. „Klar verliert man immer einige wichtige Leute“, meinte Pietta. „Ich glaube aber, dass wir ein gutes Korsett für nächstes Jahr haben, damit wir noch mal angreifen können.“

Nach zwei Halbfinalserien mit seinem Heimatverein Krefeld Pinguine erlebte der Stürmer in seiner 20. DEL-Saison sein erstes Endspiel, den Traum vom Meistertitel will der 36-Jährige längst nicht abschreiben. Ray Bourque, Vater des ehemaligen Panther-Stürmers Chris Bourque, sei in seinem allerletzten Jahr als NHL-Profi Stanley-Cup-Sieger geworden. „Das hält die Hoffnung am Leben bei mir, dass es irgendwann noch mal klappt“, meinte Pietta. „Aber dafür müssen wir nächstes Jahr noch einen Schritt weiter gehen.“

DK