Vier Gegentore in ersten zehn Minuten
ERC Ingolstadt gibt zweites Finale gegen EHC München früh aus der Hand und verliert mit 1:7

Torhüter Stettmer für Reich eingewechselt

16.04.2023 | Stand 16.09.2023, 23:32 Uhr

Freud und Leid: Die Münchner Ben Smith und Austin Ortega jubeln über das 1:1, die ERC-Profis Wojciech Stachowiak (vorne) und Leon Hüttl können es nicht fassen. Foto: Traub

Es war die höchste Heimniederlage in einer Play-off-Finalserie der Deutschen Eishockey-Liga (DEL): Nach dem 1:7 (1:4, 0:2, 0:1) im zweiten Duell um die deutsche Meisterschaft am Sonntag liegt der ERC Ingolstadt in der „Best-of-Seven“-Serie gegen den EHC München mit 0:2 zurück.



Wie im ersten Spiel verpatzten die Ingolstädter den Start und kassierten vier Gegentreffer, nach denen der von einer Erkrankung geschwächte Torhüter Kevin Reich für Jonas Stettmer ausgewechselt wurde. Für Spiel drei am Dienstag (19.30 Uhr/Magenta Sport) besteht Hoffnung auf Reichs Rückkehr. „Das Gute in den Play-offs ist: Ob man mit einem oder sieben Toren verliert, ist egal“, sagte ERC-Trainer Mark French. „Aber wir müssen schnell vergessen.“

Wenn ein Trainer früh im Spiel eine Auszeit nimmt, muss bei seiner Mannschaft zuvor einiges schiefgelaufen sein. So war es auch in der ausverkauften Saturn-Arena, als French nach nicht einmal drei Minuten mit seinen Händen ein „T“ für Timeout formte und eindringlich zu seinem Team sprach. Was war passiert? Zunächst hatten die Panther einer großartigen „Meister“-Choreografie ihrer Fans einen ebenso großartigen Start folgen lassen: Nach nur 35 Sekunden staubte Maury Edwards zum 1:0 ab, nachdem Ty Ronning und Tye McGinn den Puck vors Tor von Mathias Niederberger gearbeitet hatten.

Doch danach erinnerte die Begegnung an jene vom 28. Oktober 2022, als die Münchner beim 6:3-Erfolg in Ingolstadt fünf Treffer im Auftaktdrittel erzielt hatten. Oder an das erste Play-off-Duell zwischen beiden Teams am Freitag, bei dem der EHC vom ersten Bully weg dominiert hatte. Am Sonntag benötigten die „Bullen“ nur 14 Sekunden, um durch Ben Smiths Abfälscher auszugleichen, und weitere 41, um nach perfektem Konter über Trevor Parkes und Ben Street in Person von Filip Varejcka in Führung zu gehen (2.). „Ich fand, dass wir im ersten Drittel zu aufgeregt waren. Wir haben keine guten Entscheidungen mit der Scheibe getroffen, waren nicht ruhig genug, hatten Puckverluste“, sagte French nach den wilden Minuten. „Aber wir wachsen an unseren Erfahrungen.“

Als Maximilian Kastner nach einem Abspielfehler Reichs der dritte Münchner Treffer gelang, war alle Ingolstädter Anfangseuphorie endgültig dahin (3.). Es folgte Frenchs Auszeit, aber keine Besserung: Mit Ablauf eines Powerplays versenkte Konrad Abeltshauser den Puck zum Münchner 4:1 im Winkel (10.). Reichs Arbeitstag war kurz darauf beendet, der angeschlagene 27-Jährige fuhr vom Eis und verließ später sogar die Ersatzbank, auf der Erik Eder mit seinen 17 Jahren Platz nahm. So kam Goalie Stettmer zu seinem dritten DEL-Einsatz im ERC-Trikot. Der 21 Jahre alte Förderlizenzspieler, der 15-mal für Ravensburg in der DEL2 aufgelaufen war, stand direkt im Fokus: Weil Edwards Chris DeSousa nur regelwidrig stoppen konnte, gab es einen Penalty. Stettmer parierte sicher (16.).

Vielleicht wäre es mit einem schnellen Panther-Treffer im Mitteldrittel noch einmal spannender geworden, doch Daniel Pietta scheiterte mit der Rückhand an Niederberger (21.). Am anderen Ende der Eisfläche zeigte Stettmer eine Top-Parade gegen Kastner (26.), doch auch so bauten die Münchner mit zwei Powerplay-Treffern von Austin Ortega (29.) und Yasin Ehliz (37.) ihre Führung auf 6:1 aus. „Nur noch vier“, höhnten die Gäste-Fans in der Hoffnung auf ein zweistelliges Ergebnis, bevor ERC-Verteidiger Mat Bodie einen Frust-Boxkampf mit EHC-Kapitän Patrick Hager anzettelte. Die zehnte Niederlage in Folge gegen München war da längst besiegelt.

Im Schlussabschnitt legten die Gäste durch Justin Schütz’ Unterzahltreffer noch mal nach und brachten ihren Sieg locker nach Hause. Die Panther hingegen erzielten in den vergangenen sechs Partien abzüglich Empty-Net-Treffern nur sieben Tore und verloren zum ersten Mal in diesen Play-offs zweimal hintereinander. Nicht jedoch die Unterstützung ihrer Anhänger, die das Team bis zum Schluss und darüber hinaus feierten.

Und auch French erhielt eine Aufmunterung: „Ingolstadt wäre nicht im Finale, wenn sie kein großartiges Team wären. Mach weiter so, Mark!“, sagte Don Jackson. Es wirkte beinahe so, als wolle sich der EHC-Coach für den hohen Sieg entschuldigen.

Am Dienstag (19.30 Uhr) muss für den ERC nun unbedingt ein Erfolg her, denn kein Team hat in der DEL je einen 0:3-Rückstand in einer Play-off-Serie noch gedreht. Ein 0:2 dagegen schon: 2014 gewann der ERC nach zwei Auftaktniederlagen im siebten Finale bei den Kölner Haien den Titel. „Man lernt nur durch Fehler, aber man darf diese Fehler nicht zweimal machen. Wir müssen Lösungen finden für Spiel drei – das Trainerteam und die Spieler“, schloss French.

DK


ERC Ingolstadt: Reich (14. Stettmer) – Edwards, Wagner; Hüttl, Quaas; Jobke, Bodie – Ronning, Pietta, McGinn; Krauß, Höfflin, Friedrich; Storm, Feser, Matteau; Bertrand, Stachowiak, Simpson; Henriquez.
EHC München: Niederberger – Boyle, Daubner; Blum, Abeltshauser; McKiernan, Johansson; Szuber – Kastner, Hager, DeSousa; Schütz, Eder, Tiffels; Parkes, Street, Varejcka; Ortega, Smith, Ehliz.
Schiedsrichter: MacFarlane/Schukies. – Tore: 1:0 Edwards (1.), 1:1 Smith (1.), 1:2 Varejcka (2.), 1:3 Kastner (3.), 1:4 Abeltshauser (10.), 1:5 Ortega (29./PP1), 1:6 Ehliz (37./PP1), 1:7 Schütz (53./SH). − Strafminuten: 21/19. – Zuschauer: 4815 (ausverkauft).