FCI-Jubiläumsserie
13 Trainer, ein Pressesprecher: Oliver Samwald über seine Zeit beim FC Ingolstadt

23.01.2024 | Stand 23.01.2024, 9:42 Uhr

Unmittelbar nach der Zweitliga-Meisterschaft 2015 des FC Ingolstadt ist der Arbeitstag für Pressesprecher Oliver Samwald (vorne links) noch längst nicht beendet. Auf dem Podium versucht er, der drohenden Bierdusche durch die Schanzer Profis zu entkommen. Foto: Strisch

Oliver Samwald war zwölf Jahre lang Pressesprecher des FC Ingolstadt, hat mehrere Hundert Medienrunden geleitet und Interviews, PR-Auftritte sowie Werbeaktionen koordiniert. Höhepunkte und Tiefschläge in der Klub-Historie hat der 41-Jährige – abgesehen von Spielern und Trainern – so intensiv miterlebt wie kaum jemand anderes. „Der FCI ist mir richtig ans Herz gewachsen“, gesteht Samwald. Die Entstehung der Liebe bezeichnet er indes als „blanke Fügung“.



Samwald, studierter Politikwissenschaftler, arbeitet 2009 als Redakteur beim „Augsburg Journal“, zusätzlich als Freier Mitarbeiter bei der „Bild“. Das Boulevard-Blatt bittet Samwald, den FC Ingolstadt wegen des damaligen Trainers Thorsten Fink im Auge zu behalten. „So entstand der Kontakt“, erinnert sich Samwald. Der Austausch mit Sabrina Fritsche (geb. Bernecker), erste FCI-Pressesprecherin, wird reger.

„Zirka Mitte 2009 habe ich mal wegen einer Story über Stürmer Stefan Müller und dessen Wechsel zum FCI (inzwischen beim SV Manching; d. Red.) angefragt. In dem Gespräch kam raus, dass Sabrina aufhört“, verrät Samwald. Er ist auf Jobsuche, bewirbt sich, wird genommen und tritt zum 1. September die Nachfolge als Pressesprecher an. Er sagt rückblickend: „Dass kommt, was dann kam, hätte ich niemals gedacht.“

Erste Spielberichte aus dem Container

Auf der ersten von ihm geleiteten Pressekonferenz beim FCI ist sein Nervositätsbarometer „ganz weit oben“. Der Anfang wird gemeistert, auch dank des neben Trainer Horst Köppel bereitgelegten Spickzettels. Als Pressesprecher ist Samwald zu dieser Zeit Solist, in der Bundesliga hat das FCI-Medienteam bis zu sechs Mitglieder.

Bei den FCI-Heimspielen im ESV-Stadion, Samwald ist auf der Pressetribüne, sitzt Thorsten Beewen aus dem Ticketing im Container hinter der ehemaligen Geschäftsstelle und schreibt einen Spielbericht, der mit Abpfiff online gehen soll. „Das war ein Büro mit Sichtbehinderung. Oft hat er nur den Rücken des Keepers gesehen und mich dann angerufen, wer das Tor geschossen hat. Absoluter Wahnsinn!“, sagt Samwald und lacht. „Aber als Drittligaverein musst du damals wie heute um Aufmerksamkeit kämpfen.“

Samwald beim FCI: Erste Saison, erster Aufstieg

Sportlich geht es schnell und steil aufwärts. „Gleich in meiner ersten Saison schafften wir in Rostock den Aufstieg in die 2. Liga. Davon bekomme ich heute noch Gänsehaut“, sagt Samwald. „Auf der einen Seite unsere Freude, die wegen des konfliktgeladenen Umfelds in Rostock nicht gleich so richtig rauskonnte. Wenige Meter neben dir auf Hansa-Seite eine brutale Niedergeschlagenheit.“ Eine „emotionale Achterbahnfahrt“ – bis ins Flugzeug, dann wird gefeiert.

Ausscheidungsspiele um Auf- oder Abstieg erlebt Samwald mit den Schanzern auch 2019, 2020 und 2021. „Ich bin ein Kind der Relegation geworden“, meint er und gibt Einblicke in den Arbeitsalltag eines Pressesprechers in dieser Phase der Saison. „Zumindest Bausteine für die Texte hatten wir immer dabei, auch wenn diese von den Verantwortlichen besonders im Fall einer Niederlage natürlich niemand gerne sehen will“, erklärt er.

Warum am Abstieg des FCI 2017 nicht alles schlecht war

Den Abstieg aus der Bundesliga im Mai 2017 verknüpft er auch mit positiven Erinnerungen. Nach dem bitteren 1:1 in Freiburg wird die Schanzer Mannschaft in der Nacht am Hauptbahnhof Ingolstadt von ihren Fans in Empfang genommen und aufgemuntert, dann geht es für die Spieler um Kapitän Marvin Matip, Pascal Groß und Co. sowie Mitarbeiter aus verschiedenen Bereichen des Vereins noch in eine Bar. „Natürlich war das ein Stück weit Frustsaufen. Aber es hat auch den Spirit der Truppe gezeigt. In Schieflagen war der Zusammenhalt besonders groß“, schildert Samwald stolz.

13 verschiedene Cheftrainer, darunter alle drei Amtszeiten von Tomas Oral, erlebt der gebürtige Oberpfälzer bei den Schanzern. „Mitunter nerven die vielen Wechsel schon“, räumt Samwald ein. Aber auch dafür entwickle man eine gewisse Routine: „Das muss man professionell nehmen, auch wenn es bitter ist, weil man ja Vertrauen zu den Leuten aufbaut.“ Wichtig dabei: ein enger Draht und gute Kommunikation mit den Verantwortlichen des Vereins: „Wenn sie dich am langen Arm verhungern lassen, macht der Job keine Freude.“

Samwald: Fußball ohne Fans im Stadion fühlt sich falsch an

Im Sommer 2021 verlässt Samwald die Schanzer und arbeitet seither als Senior Berater für Heinrich Kommunikation, eine Ingolstädter PR-Agentur. Ein Job, der es ihm möglich macht, mehr Zeit mit Ehefrau Nina und den beiden jungen Töchtern Mila und Hanna zu verbringen. Zudem hinterlässt die Corona-Zeit bei ihm Spuren: „Fußball in einem Stadion ohne Fans, das hat sich falsch angefühlt. Ganz ohne Bejubelt- oder auch Bepöbelt-Werden.“

Längst sind die Fans zurück in den Arenen, und auch der FCI arbeitet an einem Wiedersehen – jenem mit der 2. Bundesliga. Samwald, hin und wieder noch zu Gast im Audi-Sportpark, ist guter Dinge: „Die aktuelle Mannschaft hat gebraucht, um zusammenzuwachsen. Aber die Qualität ist da, und auf die kommt es in der Rückrunde an.“ Und sollte der runderneuerte FCI wirklich auf dem dritten Platz landen, wäre Samwald ganz sicher der Letzte, der keine Relegations-Tipps weitergeben würde.


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