Mainburg
Sie ziehen den Stecker

Das Start-up Wechselfabrik hilft Kunden im Energie-Tarifdschungel Geld zu sparen

30.08.2019 | Stand 23.09.2023, 8:23 Uhr
Der Startup-"Stromfritze" −Foto: Richter Horst

Mainburg (DK) Ganz zufällig fiel Christoph Hermann mal die Stromrechnung seiner Eltern in die Hände. Er staunte: Sie erschien ihm viel zu hoch. Der junge Mann aus Mainburg, der an der Technischen Hochschule Ingolstadt Wirtschaftsinformatik studierte und inzwischen seinen Master hat, fuchste sich in das Thema hinein – und hatte plötzlich eine zündende Idee.

Aus einer ganz alltäglichen Situation eine Geschäftsmodell entwickeln – dazu muss man ziemlich clever sein. Und es dann umsetzen, erfordert eine gehörige Portion Mut und Unternehmergeist. Aber nur wer wagt, gewinnt: Christoph Hermann erzählte seinen Freunden Sebastian Gründig und Eric Vogelreuter von der Idee – sie alle wollten sich selbstständig machen –, und die waren sofort wie elektrisiert. Auch eine kleine Umfrage im Freundes- und Bekanntenkreis brachte positive Resonanz. „So haben wir auch gleich unsere ersten Kunden akquiriert“, sagt Hermann. Ende 2016 gründeten die drei Studenten die Wechselfabrik.

Die Gründer haben einen neuen Dreh bei der Verwaltung von Strom- und Gasverträgen gefunden. Jeder hat es selbst schon mal erlebt: Immer dann, wenn Strom oder Gas mal wieder teurer werden, ärgert man sich und nimmt sich vor, die Preise zu vergleichen und gegebenenfalls den Anbieter zu wechseln. Doch das scheitert oft an der Bequemlichkeit. Oder man blickt im Tarifdschungel nicht durch. Viele Kunden hegen auch die Befürchtung, bei einem unseriösen Lieferanten zu landen. Und so bleibt alles beim Alten.

Hier kommt nun die Wechselfabrik ins Spiel, eine Gesellschaft des bürgerlichen Rechts. Rechtzeitig vor Ablauf eines Vertrags erhält der Kunde Angebote aus drei Kategorien zur Auswahl: der günstigste Tarif, der günstigste Öko-Tarif sowie der günstigste Tarif ohne Bonussystem. Hat man sich entschieden, übernimmt die Wechselfabrik die Abwicklung wie die Kündigung des alten Vertrags und den Wechsel zum neuen Tarif. Und sobald der Vertrag ausläuft, wird der Kunde wieder informiert über neue Wechseloptionen. „Die Provision, die wir für die Vermittlung von Anbietern bekommen, geben wir komplett an den Kunden weiter“, erklärt Hermann. „Stattdessen stellen wir 30 Prozent der jährlich gesparten Summe in Rechnung.“ Weitere Wechsel erfolgen automatisch, so dass keine Preiserhöhung übersehen wird: Die höchste Ersparnis ergibt sich natürlich bei einem jährlichen Wechsel. Der Unterschied zu anderen Wechseldiensten im Internet: „Die haben Vertragslaufzeiten und Fristen nicht im Blick und nehmen den Usern den Papierkram nicht ab – im Gegensatz zu uns.“

Mehr als 1500 Kunden betreut die Wechselfabrik mittlerweile. Im August hat Hermann den ersten Mitarbeiter eingestellt. Besonders stolz ist er auf die Bewertung der Stiftung Warentest: Die nahm das Startup gründlich unter die Lupe, prüfte beispielsweise Transparenz, Zuverlässigkeit, Einhaltung der Datenschutzrichtlinien und natürlich auch, ob der günstigste Anbieter gefunden wurde. Das Ergebnis: „empfehlenswert“.

Das Urteil freut die Gründer. „Denn das Herzstück unserer Arbeit ist die Vollmacht, die uns der Kunde ausstellt: Er muss uns vollständig vertrauen.“ Es ist schon vorgekommen, dass sich Strom- oder Gasversorger anfangs quer stellten, denn sie sind nicht begeistert vom Service der Wechselfabrik: „Manche akzeptieren die Vollmachten nicht, die wir vorlegen.“ Aber das lässt sich schnell klären. Dass einem der Saft abgedreht wird, muss kein Kunde befürchten.

Die Wechselfabrik steht unter Strom: „Wir sind noch in der Start-up-Phase und wollen langsam und strukturiert wachsen“, betont Hermann, der keine Geschäftszahlen preisgeben will. Nur soviel: „Ich bin zwar noch nicht Millionär – aber die Masse macht’s. Wenn nur 0,1 Prozent der Strom- und Gaskunden bei uns mitmachen, dann ist das völlig ausreichend.“ Die durchschnittliche Ersparnis pro Haushalt beziffert Hermann auf 250 bis 280 Euro pro Jahr.

 

Suzanne Schattenhofer