Le Bourget
"Hohe Relevanz für Manching"

Auf der Luftfahrtmesse in Le Bourget werden die Weichen für ein neues europäisches Kampfflugzeug gestellt

17.06.2019 | Stand 23.09.2023, 7:27 Uhr
Großer Besucherandrang herrschte gestern bei der Eröffnung der 53. Internationalen Pariser Luftfahrtausstellung auf dem Flughafen Le Bourget. −Foto: Euler/dpa

Le Bourget (DK/AFP) Frankreich, Deutschland und Spanien haben gestern den Bau eines neuen europäischen Kampfflugzeugs auf den Weg gebracht. Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU), die französische Verteidigungsministerin Florence Parly und ihre spanische Kollegin Margarita Robles unterzeichneten bei der Luftfahrtmesse in Le Bourget bei Paris im Beisein von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron einen Entwicklungsvertrag. Kritiker monieren die Milliardenkosten des Projekts und einen möglichen Export in Drittländer.

Das Kampfjet-System namens "Future Combat Air System" (FCAS) soll ab dem Jahr 2040 die alternden Tornado-Kampfjets und den Eurofighter der Bundeswehr sowie die Rafale-Maschinen der französischen Luftwaffe ersetzen. Geplant ist ein bemanntes Mehrzweckkampfflugzeug, das vernetzt mit anderen bemannten und unbemannten Waffensystemen wie Drohnen zum Einsatz kommen soll. Ein erster Testflug ist für 2026 geplant. Im Beisein von Macron und den Ministerinnen wurde in Le Bourget ein erstes Modell des neuen Kampfflugzeugs enthüllt. Federführend bei dem Projekt sind die Konzerne Airbus und Dassault Aviation.

In Deutschland setzt Airbus Defence and Space große Hoffnungen in das Projekt - und das besonders für den Standort Manching bei Ingolstadt. Defence-Sprecher Florian Taitsch teilte gestern auf Anfrage mit: "FCAS ist für Airbus das wichtigste europäische Verteidigungsprojekt der nächsten Jahrzehnte - sowohl in Bezug auf die technische Komplexität als auch von der schieren Größe. Es ist wichtig, die nächsten Schritte konsequent anzugehen und auf industrieller und politischer Seite gemeinsam an einem Strang zu ziehen. In Deutschland hilft uns da die enorme Erfahrung aus dem Eurofighter-Programm. Was viele nicht wissen ist, dass der Eurofighter einerseits die technologische Brücke zum FCAS ist und dann aber auch bis über das Jahr 2060 Teil des FCAS-Systems sein wird."

Der Betriebsratsvorsitzende von Airbus in Manching, Thomas Pretzl, sprach gestern gegenüber unserer Zeitung von einem "Meilenstein". Der Startschuss gestern in Le Bourget sei "ein absoluter Lichtblick für die Zukunft". Weil das neue Projekt "nicht nur ein Flugzeug" sei, sondern ein ganzes System - mit Flugzeug, Drohnen, einer Cloud-Lösung und vielem mehr, könne es "diesen Standort noch einmal richtig wandeln". Pretzl nannte als Stichwort "Industrie 4.0 in der Luft". Die Arbeitsplätze in Manching seien damit jedenfalls auf Jahrzehnte gesichert. Entsprechend gut sei gestern bereits die Stimmung in den verschiedenen Manchinger Fachabteilungen gewesen. "Es ist schon begeisternd. Wir freuen uns alle auf ein neues Programm."

Der Ingolstädter Bundestagsabgeordnete Reinhard Brandl (CSU) nahm gestern in Le Bourget an der feierlichen Unterzeichnung der Absichtserklärung teil. Er verfolgte sie aus der ersten Reihe und war den ganzen Tag mit der Delegation um den französischen Staatspräsidenten Emmanuel Macron auf der Luftfahrtmesse unterwegs. "Das Projekt hat hohe Relevanz für Manching", sagte er gestern auf Anfrage, deswegen sei er nach Le Bourget gefahren. Jetzt gehe es darum, dass auch deutsche Interessen bei dem Projekt entsprechend berücksichtigt werden. Er selbst sei zuversichtlich, dass das gelingen werde. Die Franzosen hätten ihm zugesichert, dass es zu einer "fairen Arbeitsteilung" mit Deutschland kommen werde. "Aber man muss natürlich immer auch aufpassen." FCAS sei nämlich nichts Geringeres als die Zukunft der deutschen und europäischen militärischen Luftfahrt. Ziel sei es, die europäische Souveränität im Kampfflugzeugbau zu erhalten und damit unabhängig zu sein von anderen Ländern, etwa von den USA. Und das ungeachtet der Tatsache, dass die USA im Bündnis der wichtigste Partner seien.

Richard Auer