Desaster für Audi

Ein Kommentar von Stefan König

18.06.2018 | Stand 02.12.2020, 16:13 Uhr

Es ist der schwärzeste Tag für Audi in der Unternehmensgeschichte. Seit gestern Morgen sitzt Rupert Stadler in Untersuchungshaft und damit hat der Abgas-Skandal eine neue Dimension erreicht. Der Audi-Chef ist der erste aktive Vorstandsboss eines Autoherstellers, der ins Gefängnis muss.

Die Ermittlungsbehörden haben damit ein starkes Signal gesetzt. Hatte man zu Beginn des AbgasSkandals noch den Eindruck, dass die Mühlen der Justiz nur langsam mahlten, so haben die Staatsanwälte und Richter nun die Faxen dicke. Die Ergebnisse der Hausdurchsuchung bei Stadler vergangene Woche und weitere belastende Aussagen haben ihnen offenbar keine andere Wahl gelassen, als Haftbefehl zu beantragen. Auch wenn der Audi-Chef nicht müde wurde, seine Unschuld zu beteuern: Die Beweislage hat nun ein anderes Bild ergeben.

Dabei mutet es schon etwas kurios an. Denn die Vorwürfe gegen den Audi-Chef, die ihm jetzt zu Verhängnis wurden, stammen aus der jüngeren Vergangenheit und nicht, wie man meinen könnte, aus der Zeit, als die illegale Software bei Audi entwickelt wurde. Dass zuletzt immer noch A6- und A7-Modelle mit der Betrugssoftware weiterverkauft wurden, haben den Anfangsverdacht gegen Stadler veranlasst. Ein Dokument aus dem Dezember 2015 belastet den Audi-Chef und Vorstand Bernd Martens schwer. Jetzt kam hinzu, dass sich Stadler offenbar mit anderen Beschuldigten und Zeugen treffen wollte. Zu viel für die Staatsanwaltschaft, die nun Verdunklungsgefahr als Haftgrund nennt.

Es sei die Frage erlaubt, weshalb es das Unternehmen mit seinem Heer an Juristen und Top-Managern nicht geschafft hat, zumindest den Weiterverkauf der betroffenen Modelle zu stoppen. "Vor lauter Überprüfungen und Rückrufen hat man an der Ettinger Straße den Überblick verloren", sagt ein hoher Audi-Manager und dürfte damit recht haben.

Gleichwohl wie die Causa Stadler ausgeht: Für ihn ist die Zeit als Audi-Chef wohl abgelaufen. Der oft heraufbeschworene Neuanfang bei den vier Ringen wird ohne Rupert Stadler passieren. Das ist nach der Entwicklung in der vergangenen Woche die Konsequenz. Alles andere wäre eine große Überraschung. Der bittere Abgang Stadlers ist aber auch eine Quittung für das Versagen des gesamten Unternehmens. Mehr Kooperation mit der Justiz und eine gründlichere Aufarbeitung hätte dem Volkswagen-Konzern in seiner Position gut getan. Dann hätte sich die Staatsanwaltschaft vielleicht auch den Aufschlag gestern früh sparen können.