Das Thema Künstliche Intelligenz
Zwischen Misstrauen und Euphorie

Das Thema Künstliche Intelligenz (KI) ist derzeit in aller Munde. Während es auf der einen Seite sehr hohe Erwartungen an die neue Technik gibt, erfüllt sie gleichzeitig auch viele Menschen mit Angst - so fürchten viele etwa um ihre Jobs. <?ZuVor "7dp"> <DK-Autor>Von Sebastian Oppenheimer<?ZE></DK-Autor>

03.12.2018 | Stand 23.09.2023, 5:17 Uhr
Roboter "Pepper" in der Ausstellung "Out of Office" in Hamburg: "Pepper" zeigte, dass er in der Lage ist, mit Menschen zu kommunizieren. −Foto: Charisius/dpa

Das Thema Künstliche Intelligenz (KI) ist derzeit in aller Munde. Während es auf der einen Seite sehr hohe Erwartungen an die neue Technik gibt, erfüllt sie gleichzeitig auch viele Menschen mit Angst - so fürchten viele etwa um ihre Jobs.

Nürnberg (DK) Auf dem gestern in Nürnberg gestarteten Digitalgipfel des Bundeswirtschaftsministeriums waren die Chancen und Risiken von KI das zentrale Thema. Aktuell müsse man davor warnen, Künstliche Intelligenz zu überschätzen, sagte Dietmar Harhoff, Direktor des Max-Planck-Institus für Innovation und Wettbewerb in München: "Wir müssen auf dem Boden bleiben, wenn wir über KI reden." Er bezeichne KI gerne auch mal despektierlich als "angelernte Intelligenz". Schließlich haue das mit dem künstlichen Denken noch nicht immer ganz hin. Dennoch sei auch unbestritten, dass Künstlicher Intelligenz künftig eine beträchtliche ökonomische Bedeutung zuteil werde.

Auch Sami Haddadin wies darauf hin, dass man bei KI noch ziemlich am Anfang stehe. Der Professor für Künstliche Intelligenz und Robotik an der Technischen Universität München erklärte, dass aktuell die Verbindung von KI und körperlichen Fähigkeiten noch sehr schwierig sei. Als Beispiel nannte er, dass zwar inzwischen Computer Schach- oder Go-Spiele gegen die besten menschlichen Spieler gewinnen könnten - die Züge, aber müssten immer noch Menschen ausführen. Ziel sei Roboter mit Feingefühl zu schaffen und aus möglichst wenig Daten möglichst viel zu lernen.

Über ein momentan in der Öffentlichkeit eher wenig beachtetes Projekt referierte Ute Schmidt, Professorin für Angewandte Informatik an der Otto-Friedrich-Universität in Bamberg: Lernen mit KI. So sei man beispielsweise dabei, Programme zu entwickeln, die individuelle Rechenfehler erkennen und diese den Schülern in strukturanalogen Beispielen zu erklären versuchten.

Bereits im Einsatz ist dagegen die Software von Scoutbee, wie Mitgründer Christian Heinrich berichtete. Das Start-up hat ein KI-Programm entwickelt mit dessen Hilfe Unternehmen die passenden Zulieferer finden und gleichzeitig ihre Kosten senken können sollen. Aktuell seien bei den meisten Firmen von vornherein nur wenige Zulieferer in der Auswahl, so Heinrich. Etwa, weil der zuständige Mitarbeiter nur wenige Sprachen spreche. Mit der KI-Software könne man dagegen weltweit aus Tausenden Firmen auswählen. Die Software ist angeblich schon beim Ingolstädter Autobauer Audi im Einsatz.

Klaus Büttner, der sich bei BMW mit dem autonomen Fahren beschäftigt, verwies auf Probleme mit dem Datenschutz. Wenn ein Auto zuverlässig Fußgänger erkennen sollte, sei es schwierig, deren Gesicht zu verpixeln oder mit einem schwarzen Balken zu versehen. Sonst lerne die Software, dass Fußgänger immer ein "Brett vor dem Kopf" hätten. Man brauche die Rohdaten und dafür eine Rechtssicherheit in der man agieren könne.

Auf ethische Probleme wies Julian Nida-Rümelin hin, Professor für Philosophie an der Ludwig-Maximilians-Universität in München. "Wir haben da so eine Eigendynamik, die manchen Leuten Angst macht und andere so euphorisiert, dass sie denken, wir schaffen jetzt den neuen Menschen." Seine Botschaft sei: "Digitaler Humanismus ist praktische Vernunft." Digitale Systeme und künstliche Intelligenz sollten den Menschen auf keinen Fall ersetzen, sondern ihn unterstützen und seine Fähigkeiten erweitern.

Zugleich warnte Nida-Rümelin vor dem zerstörerischen Potenzial von KI. Wenn sich die Trennung zwischen privater und öffentlicher Welt auflöse - so wie in China mit dem Sozialen Punkte-Bewertungssystem - dann wäre das eine Katastrophe für die weitere demokratische Entwicklung.

Julia Bangerth, Personalchefin bei Datev in Nürnberg, erklärte, dass KI gerade im Personalbereich großes Potenzial hätte. Zwar setze man aktuell noch keine solche Software ein, könne sich das aber sehr gut vorstellen. "Wir kriegen mehrere Zehntausend Bewerbungen pro Jahr", sagte Bangerth. "Es ist ein wahnsinniger Aufwand für den einzelnen Personaler diese Bewerbungen alle im Detail zu prüfen." Eine Vorselektion durch KI wäre daher denkbar. So könne sich der menschliche Bearbeiter besser um die "richtigen" Bewerber kümmern.

Aktuell gehe es sogar schon weiter, so Julia Bangerth: Es gebe bereits erste Ansätze von KI, die in einem 15-minütigen Gespräch herausfinden könne, welche Charaktereigenschaften Menschen haben. "Davon sind wir in unserem Unternehmen aber noch relativ weit entfernt", sagt Julia Bangerth. "Wir werden sehen was die Zeit bringt."

Sebastian Oppenheimer