Schweiz kontra Allgäu

Großer Jubel für „Die Kuhgirls“ im Ingolstädter Altstadttheater

03.08.2022 | Stand 22.09.2023, 20:20 Uhr

On the Road: Manuela Brugger Margit Sonnauer und Margret Gilgenreiner (von links) träumen sich in die Ferne. Foto: Wobker

Von Anja Witzke

Ingolstadt – Ein Allgäuer Emmentaler! Ist das jetzt ein Oxymoron? Ein Paradoxon? Oder ein Pleonasmus? Für s’Rüthli steht fest, dass ein echter Emmentaler aus der Schweiz stammt, nämlich aus dem Emmental – wie der Name schon sagt. Aber weil d’Mandy darauf besteht, dass der Emmentaler aus dem Allgäu einfach besser schmeckt, organisieren die beiden kurzerhand eine Käse-Verkostung im Publikum. Ergebnis? Kein Ergebnis. Denn natürlich gerät alles durcheinander. Und am Ende kann nur ein Lied die zwei „Kuhgirls“ befrieden. Wie immer!

Denn davon lebt dieser überaus unterhaltsame Abend von Manuela Brugger und Margret Gilgenreiner, der am Dienstagabend im Altstadttheater Uraufführung feierte: von Unterschieden und Gemeinsamkeiten. Die eine kommt aus der Schweiz, die andere aus dem Allgäu, und da konkurrieren sie gern um die bessere Luft, die größeren Löcher im Käse und die besseren Geschichten. Aber gemeinsam ist ihnen die Liebe zur Natur, zu den Bergen, zum Volkslied. Sie teilen den gleichen Witz. Und die gleiche Sehnsucht. Und so machen sich die beiden auf in das Land ihrer Träume – nach Amerika. In die Freiheit.

Das ist vielleicht die schönste Szene der an komischen Highlights reichen Inszenierung von Dominik von Gunten: Wie s’Rüthli (Manuela Brugger) und d’Mandy (Margret Gilgenreiner) ihre Sonnenbrillen aufsetzen, sich ein Cabrio zusammenbasteln – aus Theaterstühlen, Regenschirm und Mikroständer – durch Arizona brettern, um dann doch wieder im Allgäu zu landen. Beim Kuhglockengeläut. Und bei wunderschönen mehrstimmig vorgetragenen Volksliedern.

Dieses verwegene Durcheinander aus realen Personen und fiktiven Figuren, aus Alltag und Sehnsucht, aus Historie und Gegenwart, aus Gesang und Schauspiel, auf Schweizerisch und Bairisch hat Charme und birgt viel Potenzial. Denn aus der scheinbaren Improvisation entwickelt sich ein stimmiger, immer wieder überraschender und künstlerisch absolut überzeugender Abend. Die beiden Vollblutschauspielerinnen und -sängerinnen Manuela Brugger und Margret Gilgenreiner haben sich mit Margit Sonnauer (Künstlername: Chantal) eine Musikerin an Bord geholt, die mit ihrem Witz perfekt ins kreative Chaos passt, umwerfend Akkordeon spielt und tanzt wie ein Derwisch.

Regisseur Dominik von Guten sorgt für Struktur. Dafür, dass sich der Liederabend zum Stück rundet, in den ein „Thelma & Louise“-Roadmovie-Zitat genauso passt wie die unheimliche Sage vom Vrenelisgärtli, in dem italienischer Schlager auf American Yodeling trifft, in dem mit Kleiderbügel, Besen und Kuhglocken Musik gemacht wird und sich Schweizer-allgäuerische Frotzeleien zur köstlichen Kabarettnummer aufschwingen.

Ein Abend über Heimat und Sehnsucht, für den es am Ende frenetischen Beifall gibt. Und Blumen. Und natürlich eine Zugabe.

DK




ZUR PRODUKTION

Theater:

Altstadttheater Ingolstadt

Regie:

Dominik von Gunten
Ausstattung:

Christina Huener
Vorstellungen:

11., 12. und 13. August

Kartentelefon:

(0176) 32607265