Pfeile und Ketten der Liebe

Barocktage Schrobenhausen gedenken in einem Konzert einer fürstlichen Hochzeit vor 300 Jahren

11.09.2022 | Stand 22.09.2023, 5:48 Uhr

Grandioses Sängerensemble beim Auftaktkonzert der Barocktage Schrobenhausen. Foto: Schalk

Von Jesko Schulze-Reimpell

Schrobenhausen – Es gibt wahrscheinlich kaum einen Augenblick so uneingeschränkten Glücks wie der Moment der Hochzeit – wenn das Leben zweier Menschen sich vereint. Aber kein Glück ohne ein wenig Streit. Das dachte sich wahrscheinlich der Barockmeister Antonio Caldara als er seine Kantate „Il Trionfo d’Amore e d’Imeneo“ (Der Triumpf von Liebe und Hymenäos) für die Hochzeit des bayerischen Kurfürsten Karl Albrecht mit der Kaisertochter Maria Amalia komponierte. In der weltlichen Kantate rüsten die beiden Streithähne Amor, der Gott der Liebe, und Hymen, der Gott der Hochzeit, mächtig auf. Da geht es um den Kriegsgott, um Helden, Kampf, Augen, die Brände entfachen, Bogen, Pfeile und Verletzte. Und vor allem darum, wer der Mächtigere wäre. Natürlich, am Ende einigen sich die beiden und singen beseelt in einem Duett von den wunderbaren Pfeilen der Liebe und den schönsten Ketten überhaupt, den Fesseln der Ehe.

Es ist das Verdienst des Künstlerischen Leiters der Barocktage Schrobenhausen, dem Gambisten Jakob Rattinger, dass die längst vergessene, unterhaltsame Kantate nun, ziemlich genau 300 Jahre nach ihrer Uraufführung anlässlich der feudalen Hochzeit, wieder erklingen kann – zur Eröffnung der 14. Barocktage. Der Aufwand hat sich gelohnt – besonders, weil die beiden Sängerinnen mit viel Witz den eher kleinlichen Konflikt in der Stadtpfarrkirche St. Jakob am Wochenende zu Gehör brachten. Besonders Kristine Jaunalksne verkörperte mit viel Humor und klarem, warmem Sopran eindrucksvoll den Amor, während Alexandra Rawohl mit weicher Altstimme gegenhielt. Ralph Stelzenmüller leitete dazu sein Ensemble Combassal angenehm beschwingt.

Vorher erklangen noch zwei weitere Werke von Antonio Caldara: eine Chiacona und ein Satz für Cello und Basso Continuo. Stelzenmüller ist kein Revoluzzer der Originalklang-Szene, keiner, dem kein musikalischer Kontrast groß genug sein kann, kein Tempo zu schnell, keine Dynamik zu gewaltig. Vielmehr lässt er die Barockmeister in einem milden, melodischen Licht erscheinen, die Streicher klingen weich und rund, Cembalo und Orgel unterstützen zurückhaltend. Solange die Sänger mit viel Energie und Witz agieren, klingt das alles vorzüglich, wenn jedoch das Ensemble Combassal alleine agiert, ist die Gefahr der Langeweile nicht fern. Besonders das Oboenkonzert von Tomaso Albinoni im Zentrum des Konzerts mit der Oboistin Hanna Geisel hätte gut mehr Elan und Frische vertragen können.

Zugleich kämpfte das Ensemble mit der schwierigen Akustik in der Kirche. Alle Klänge schienen vom Altarraum mit Zeitverzögerung als Echo wieder zurückgeworfen zu werden und mischten sich ungünstig mit den direkten Tönen. Allein die Sänger, die weiter vorne standen, waren von dem akustischen Chaos weit weniger betroffen.

Keine Hochzeit ohne den Segen einer höheren Macht: Am Ende des gelungenen Konzerts erklang noch Johann Sebastian Bachs Kantate „Der Herr denket an uns“. Was für ein mitreißendes Werk! Aber auch hier galt: Etwas mehr Drive hätte der Kantate gutgetan.

DK