Musikalische Qualität und mitreißendes Entertainment

Die Allotria Jazzband begeistert im Audi-Forum in Ingolstadt

25.11.2022 | Stand 19.09.2023, 3:29 Uhr

Rundum gelungener Abend mit der Allotria Jazzband: Nahezu kein vergleichbares Ensemble verfügt über derart viel Erfahrung im Zusammenspiel und auch im Umgang mit dem Publikum. Foto: Leitner

Von Karl Leitner

Ingolstadt – Wie in jedem Bereich gibt es auch innerhalb der Jazzgemeinde Leute, die das Risiko eher meiden und lieber auf Nummer sicher gehen. Und natürlich ist es völlig legitim, statt auf herausfordernde Musik lieber auf Altbewährtes zu setzen, wenn man einen angenehmen und entspannten Abend verbringen möchte. Wer sich dieser Fraktion zugehörig fühlt, liegt bei der sturmerprobten und seit ihrem Gründungsjahr 1969 permanent präsenten Allotria Jazzband absolut richtig.

Die Herren Rainer Sander (Klarinette, Altsaxofon), Colin T. Dawson (Trompete, Gitarre, Gesang), Andrey Lobanov (Trompete), Mathias Götz (Posaune), Thilo Wagner (Klavier), Peter Cischeck (Kontrabass) und Gregor Beck (Schlagzeug) erfüllen die Erwartungen ihres Publikums auf überaus angenehme und souveräne Weise. Jeder im gut besuchten Audi-Forum ist sich selbstverständlich im Klaren darüber, dass es beim Repertoire der Band weniger um eine tiefe Verbeugung vor einem einzelnen Musiker handelt, sondern vielmehr vor einer ganzen Ära, der des Oldtime Jazz nämlich. Dass es um eine Sammlung von bekannten und gottlob auch ein paar weniger bekannten Stücken aus einer längst vergangenen Epoche geht, um Oldies, Evergreens, Klassiker oder Standards. Oder wie auch immer man Benny Goodmans „All The Cats Join In“, den „Down Home Rag“ von 1911 oder Louis Primas „Ain‘t Got Nobody“ bezeichnen möchte.

Und wenn das Auditorium immer wieder heftig Beifall spendet, geht es wohl nicht nur ausschließlich um die Würdigung der seinerzeitigen Kreativität bei der Erschaffung so zeitloser Melodien wie Neal Heftis „Them There Eyes“ oder „Jelly Roll Mortons „Wolverine Blues“, sondern es wird auch irgendwie das reibungslose Funktionieren des eigenen Gedächtnisses mit beklatscht. Nun ja, was man besonders gut kennt und über die Jahre liebgewonnen hat, kommt beim erneuten Hören bekanntlich besonders gut an.

Diese Reaktion ist nachvollziehbar, und der Musikbetrieb lebt von ihr. Der Jubel beim Stones-Konzert ist bei „Satisfaction“ erfahrungsgemäß am größten und Mozart und Beethoven locken in der Regel mehr Leute an als Stockhausen oder John Cage. Natürlich ist die Ausführung entscheidend. Man hat als Hörer oftmals gespielter Stücke wie Ellingtons „East St. Louis Doodle-Oo“ und Goodmans „Sing Sing Sing“ vermehrt Vergleichsmöglichkeiten, hat schon mal gute und weniger gute Versionen ein und desselben Stücks gehört.

In dieser Hinsicht stechen die Bearbeitungen der Allotria Jazzband natürlich heraus. Nahezu kein vergleichbares Ensemble verfügt über derart viel Erfahrung im Zusammenspiel und auch im Umgang mit dem Publikum – denn die Band ist nicht nur ein gut geschmiertes Kollektiv, sondern immer auch eine Art Showband – , über dermaßen viel Souveränität im Vortrag und über so viel Routine.

Wobei man letztere dem Septett aber gar nicht anmerkt. Die Musiker spielen das, was sie tagtäglich in unzähligen anderen Konzertsälen auch spielen und die Menschen im Audi-Forum haben – wider besseres Wissen natürlich – trotzdem den Eindruck, hier finde speziell für sie ein einmaliges Ereignis statt. Musikalische Qualität und passendes Entertainment reichen sich die Hand. Mehr braucht es nicht für einen rundum gelungenen Abend.

DK