Sonntagskrimi
Spannend wie ein Wassertropfen: Empathische Ermittlerin kann Münchner „Polizeiruf“ nicht retten

15.05.2022 | Stand 15.05.2022, 12:00 Uhr

Eine Münchner Eishalle spielt bei den Nachforschungen von Bessie Eyckhoff (Verena Altenberger, rechts) eine wichtige Rolle. Hier befragt sie Stefanie Reither (Zoë Valks). Foto: Heiden/BR/Bavaria Fiction

Von Roland Holzapfel

München – Es waren schon sehr große Fußstapfen, in die Verena Altenberger trat, als sie 2019 die Hauptrolle im Münchner „Polizeiruf 110“ übernahm. Ihr Vorgänger war schließlich kein Geringerer als der großartige Matthias Brandt, dessen Anwesenheit bisher noch jeden Film veredelt hat. Das gelingt der Österreicherin zumindest in Ansätzen; den neuen Fall „Das Licht, das die Toten sehen“ kann sie aber auch nicht davor bewahren, in arge Langeweile abzudriften.
Auf jeden Fall hat Altenberger es geschafft, ihrer Figur der Elisabeth „Bessie“ Eyckhoff eine individuelle Note zu verleihen, die sich wohltuend von einigen Sonntagskrimi-Kolleginnen abhebt. Sie setzt nicht auf Härte oder kühle Analytik, sondern auf menschliche Nähe und darauf, das Vertrauen ihrer Gesprächspartner zu gewinnen. In Vernehmungen geht sie die Gegenüber nicht aggressiv an, sondern treibt sie sanftmütig in die Enge, massiert die Wahrheit im besten Fall verbal aus ihnen heraus. Ihr unstetes TV-Berufsleben begann Bessie als Streifenpolizistin, wechselte den Arbeitsplatz mit jeder Folge, ehe sie beim vierten Einsatz als Ermittlerin in der Mordkommission landete. Hier ist sie auch in Fall Nummer fünf zugange und muss den Mord an der 16-jährigen Laura aufklären, deren in Plastikfolie eingewickelte Leiche in einem Park gefunden wird.
„Der Zahnstatus lügt nicht“, teilt Bessies nicht ganz so feinfühliger Kollege Dennis Eden (gespielt vom Trostberger Schauspiel-Musik-Kabarett-Multitalent Stephan Zinner) Lauras geschockter Mutter beim Überbringen der Todesnachricht mit. Überraschenderweise steht kurz darauf eine andere Mutter vor dem Polizeirevier. Caroline Ludwig (Anna Grisebach) befürchtet, dass die Tote ihre vor zwei Jahren verschwundene Tochter Anne ist. Das ist sie nicht, dennoch wird Bessie Eyckhoff nun stutzig. Denn die Tote und die Vermisste sehen sich auffallend ähnlich und verbrachten ihre Freizeit gern in derselben Eislaufhalle. Mama Ludwig macht sich durch sonderbares Verhalten zunehmend selbst verdächtig. Und da ist auch noch ein junges Paar, dessen Beziehungsstatus lange diffus bleibt und das irgendwie in der Sache mit drinhängen muss. Er ein permanent benebelter, chaotischer, verpickelter Jammerlappen, sie eine Drogen-Kleindealerin mit Hang zu sadistischen Psychospielchen.
Was genau diese Figuren verbindet, denen man bei ihrem sinnlosen Treiben nicht gerne zusehen mag, stellt sich erst gegen Ende des einschläfernden Abends heraus. Die Spannungskurve ist in etwa so steil wie bei der Betrachtung eines Wassertropfens, der sich langsam vom Hahn des Waschbeckens löst. Das Ergebnis ist ähnlich vorhersehbar. Wir prognostizieren: Die maximale Entschleunigung wird auch bei eingefleischten Krimifans einen heftigen Drang zur Fernbedienung verursachen. Schade für die nette Bessie und ihren kongenialen Kollegen.

DK

Sonntag, 15. Mai, ARD, 20.15 Uhr.