„Lasst uns fröhlich sein“

Igor Loboda hat für die ungewöhnliche Besetzung Orgel und Klavier ein launiges Stück komponiert – Uraufführung in Ingolstadt

15.07.2022 | Stand 22.09.2023, 21:11 Uhr

Räumlich weit auseinander, musikalisch eng zusammen: Masha Dimitrieva und Felix Glombitza als Duo. Fotos: Schulze-Reimpell

Von Jesko Schulze-Reimpell

Ingolstadt – Themenkonzerte sind ein den Horizont erweiterndes Angebot – es sei denn: das Thema existiert überhaupt nicht. Dann wird es schwierig.

Die Pianistin Masha Dimitrieva und der Organist Felix Glombitza haben sich vorgenommen, ein Konzert zu gestalten, das die Musik Ingolstadts zu Zeiten der 1472 gegründeten Landesuniversität reflektiert. Nur dass aus dieser Zeit so gut wie keine anspruchsvollen Ingolstädter Kompositionen existieren. Da es damals kein stehendes Orchester in der Stadt gab, konnte sich das Musikleben kaum entwickeln. Begabte Musiker sind meistens sehr schnell weitergezogen zu Metropolen mit besserer kultureller Infrastruktur.

Da man es mit einem Nicht-Thema zu tun hatte, haben sich Dimitrieva und Glombitza offenbar gedacht, sie könnten ihr Konzept zumindest mit einer zusätzlichen Idee erweitern: der Besetzung für Orgel und Klavier. Was für ein Fehlschlag! Denn auch dieser Plan ist eine Einbahnstraße, es gibt so gut wie keine Werke für diese Instrumentenkombination.

Trotz dieser Hindernisse ist den beiden Tastenkünstlern am Donnerstagabend ein bemerkenswert interessantes und spannendes Konzert gelungen in der gut besuchten Ingolstädter Matthäuskirche. Der wichtigste Kunstgriff: Wo es keine Kompositionen von Ingolstädter Komponisten für Orgel und Klavier gibt, lässt man sich einfach eine schreiben – von dem Geiger des Georgischen Kammerorchesters Igor Loboda. Eine hervorragende Entscheidung!

Passend zum universitären Umfeld komponierte Loboda eine Fantasie auf das bekannteste Studentenlied überhaupt: „Gaudeamus igitur“. An dem Abend wurde das Lied zunächst von einem Männerchor aus Unsernherrn gesungen, danach folgte die Uraufführung. Tatsächlich hat sich Loboda bei dem Stück einen großen Spaß erlaubt. Es beginnt mit der Originalkomposition, geht über in Abgründe moderner, eher dissonanter Kompositionstechniken, inszeniert gewaltige Konflikte zwischen Klavier und Orgel, fantasiert dann weiter augenzwinkernd ins leicht Jazzige und filmmusikartige Kitschige. Bis sogar ein paar Takte „Heilige Nacht“ erklingen und das Publikum schmunzeln lassen. Dabei klingt die Instrumentenkombination von Orgel und Klavier viel besser als erwartet. In der leicht überakustischen Matthäuskirche wirken die Klaviertöne weicher und wärmer als sonst, während die Orgel immer noch klar hörbar artikulieren kann. Die Töne mischen sich vorzüglich, auch wenn die Koordination zwischen den weit auseinander stehenden Instrumenten so schwierig ist, dass Oliver Scheffels als Hilfsdirigent einspringen musste. Viel Jubel am Ende für den Komponisten und die beiden Künstler.

Aber auch sonst bot der Abend spannende Musik: etwa eine hochbarocke Orgel-Toccata von Johann Kasper Kerll, durchaus komplexe und sehr melodische Klavier-Suiten von Johann Simon Mayr, eine Toccata im (allerdings nur schwer erkennbaren) Rumba-Rhythmus von Peter Planyavsky. Zusammen spielten die Künstler nur noch das meditative, sehr repetitive Werk „Spiegel in Spiegel“ von Arvo Pärt und Ragtimes von Scott Joplin – beides Bearbeitungen.

Felix Glombitza zeigte sich als extrovertierter Tastenstürmer, der es auch gerne mal ein bisschen krachen lässt, bei den Details aber manchmal nicht so genau ist. Während Masha Dimitrieva ihren warmen Anschlag ausspielen kann und mit viel Fantasie etwa die Chaconne mit 21 Variationen von Georg Friedrich Händel gestaltet.

Fazit: Es gibt praktisch keine Literatur für Orgel und Klavier – aber es sollte sie geben, denn die Klänge der beiden Tasteninstrumente ergänzen sich vorzüglich.

DK