Italienische Liebeswirren

Laura Faig sang Lieder von Simon Mayr und anderen Komponisten

30.10.2022 | Stand 22.09.2023, 3:56 Uhr

Laura Faig und Tobias Jackl präsentierten Werke von Franz Schubert, Felix Mendelssohn Bartholdy, André Campra, Alessandro Marcello und Simon Mayr im Rudolf-Koller-Saal vor. Foto: Schulze-Reimpell

Von Jesko Schulze-Reimpell

Ingolstadt – Was Venedig in der Musik bedeutet, ist eigentlich offensichtlich: wogende, wellenartige Begleitfiguren, melancholisch-romantische Stimmung und darüber die Singstimme voller Schmelz des Gondolieri. Dieses Bild der Lagunenstadt haben besonders die romantischen Komponisten vermittelt. Und so waren das Wasserrauschen und die betörenden Motive immer wieder zu hören in den Werken etwa von Franz Schubert und Felix Mendelssohn Bartholdy bei dem Konzert, das die Sopranistin Laura Faig und der Klavierbegleiter Tobias Jackl am Wochenende im Rudolf-Koller-Saal der Ingolstädter VHS gaben.

Das Konzert wurde von der Internationalen Simon-Mayr-Gesellschaft veranstaltet, und so stand letztlich ein anderer Komponist im Mittelpunkt des Abends. Simon Mayr näherte sich in seinen „Canzonetten Veneziane“ der norditalienischen Stadt musikalisch gänzlich anders. Bei ihm spielt die Stimmung aus rauschendem Wasser und nobel verblichener Architektur kaum eine Rolle. Für ihn ist Venedig schlicht eine typische italienische Stadt, in der sich die üblichen Liebeswirrnisse ereignen.

Es war ein geschickter dramaturgischer Schachzug der beiden Musiker, Mayrs Canzonette in einen Zusammenhang mit anderen Venedig-Kompositionen zu stellen. Nicht nur, weil so das Programm interessanter und abwechslungsreicher gerät, sondern vor allem, weil Mayr sich in seinen Liedern deutlicher abhebt. Und genau das tut ihnen sehr gut und zeigt auch, wie eindrucksvoll originell Simon Mayr komponieren kann.

Sicher, der in Mendorf geborene Komponist, der den größten Teil seines Lebens in Italien verbrachte, ist anders als etwa Schubert und Mendelssohn kein Romantiker. Vielmehr sind seine Lieder noch dem Rokoko und der Frühklassik stilistisch verpflichtet. Aber das allein macht nicht den Charme dieser wunderbaren Canzonette aus. Unterhaltsam und mitreißend sind sie vor allem, wegen ihres Humor, wegen der leichthändigen Art, wie Mayr mit eleganten Mitteln, Ärger, Verdruss, Übermut und Launenhaftigkeit schildert . Immer wieder geht es um Ninas, Bettinas oder Katinkas, aber auch um männliche Helden, die an der Liebe verzweifeln. Die beschließen, sich ihr zu verweigern und ihr Vergnügen lieber beim Champagner oder beim Schnaps zu suchen. Die sich darüber ärgern, dass die Frauen ihr Herz an oberflächliche Draufgänger verlieren, die ernst gemeinten Anträgen hingegen kühl zurückweisen. Die die Frauen loben, wenn sie so dehnbar und anpassungsfähig sind wie eine Socke.

Tobias Jackl, der zwischen den Mayr-Liedern „Lieder ohne Worte“ von Mendelssohn vortrug, wies in seinen launigen Erläuterungen darauf hin, dass Mayr Gedichte in Venetisch verwendet hat – in dem derberen Dialekt klingen die Conzonette vermutlich besonders witzig.

Der knabenhafte Sopran der Ingolstädterin Laura Faig eignet sich ganz besonders gut für die humorigen, opernhaften Melodien von Simon Mayr. Mit schauspielerischem Einsatz und viel Augenzwinkern sang sie die Conzenette, während Jackl mit größter Aufmerksamkeit begleitete und einige Solostück spielte, darunter Johanns Sebastian Bachs berühmte Klavierfassung von Alessandro Marcellos Oboenkonzert. Viel Jubel und Schmunzeln am Ende des Konzerts für die beiden Künstler.

DK