Frickel-Jazz

Das Daniel Karlsson Trio im Diagonal

29.09.2022 | Stand 22.09.2023, 5:09 Uhr

Ausgetüftelte Kompositionen, wenig Spontanität: Daniel Karlsson in Ingolstadt. Foto: Poese

Von Katrin Poese

Ingolstadt – Ein skandinavisches Jazz-Klaviertrio – in dieser Kategorie hat man schon viele Formationen in der Konzertreihe des Bürgerhauses gehört. Am Mittwochabend war das Daniel Karlsson Trio aus Schweden im Diagonal zu Gast. Es rage aus dem übersättigten Markt der Klaviertrios heraus, heißt es im Marketingtext der Band – stimmt, aber anders als gedacht.

Die größte Überraschung: Es wird kaum improvisiert. Das einzige längere Schlagzeug-Solo des sehr einfallsreichen Fredrik Rundqvist wird einfach komplett ausgelagert. Es steht nackt am Anfang eines Songs, ohne eingebunden zu sein. Bassist Christian Spering bekommt klar eingezäunte Bereiche für seine Soli, ein paar Takte hier und da. Wirklich etwas Überraschendes entwickeln kann er in diesem festen Rahmen kaum. Der kreative Kopf der Band, der 49-jährige Daniel Karlsson erzeugt versunken in seine Musik zwar permanent flirrende Wendungen und Schnörkel, aber man kommt nicht so recht dahinter: Denkt er sich das gerade aus oder ist hier wirklich alles durchkomponiert? Was es jedenfalls überhaupt nicht gibt, sind Parts mit gemeinsamer Improvisation. Alle Stücke der bisher sechs gemeinsamen Alben des Trios stammen von Daniel Karlsson und er bevorzugt offenbar die durchkomponierte Form. Das lässt die Stücke mit Titeln wie „Climbing the ladder“ oder „Rule of thumb“ zwar ausgetüftelt und detailverliebt wirken. Doch es führt auch dazu, dass das Trio den Reiz einer Live-Performance kaum für sich nutzen kann. Gerade haben die drei ihre neue EP eingespielt, die im Herbst erscheinen soll. Wie sie so auf der Bühne stehen, könnte man auch meinen, sie wären noch immer im Studio und spielten ihren festen Ablauf herunter.

Das soll nicht heißen, dass die drei Musiker zu wenig Einfälle hätten. Es ist sehr unterhaltsam, Fredrik Rundqvist dabei zuzuschauen, wie er ein hyperaktives Drumset spielt. Er ist ständig am Frickeln: ein Gezirpe mit dem Jazzbesen auf den Zimbeln hier, ein Schaben mit dem Ende des Sticks übers Becken da und vor allem Wirbel in allen Längen und Formen auf allen Bestandteilen des großzügig bestückten Schlagzeugs. Wirbel, Schnörkel und Kleinteiligkeit sind die Haupt-Charaktermerkmale der Musik an diesem Abend. Auch Daniel Karlsson am Piano nutzt sie gern. Er hat viele Ideen. Aber sie folgen so Schlag auf Schlag, dass man sie kaum auskosten kann. Und Christian Spering wird bei all dieser Kleinteiligkeit eindeutig in die Rolle des Sideman verbannt.

Was das Daniel Karlsson Trio also nicht ist: eine Truppe aus drei gleichberechtigten kreativen Köpfen, die auf der Bühne miteinander interagieren und sich gegenseitig herausfordern. Was es aber liefert: gute Musik für Leute, die kleinteiligen, detailverliebten, ideenreichen Klavierjazz schätzen.

DK