Clowns mit Klassik-Vorliebe

Gogol und Mäx verzaubern mit ihrer liebenswürdig schrägen Musikakrobatik-Show in Ingolstadt

28.09.2022 | Stand 22.09.2023, 5:11 Uhr

„Zugabeee, Zugabeee!“: Pianist Gogol und Clown Mäx sind hervorragende Musiker und Akrobaten. Foto: Poese

Von Katrin Poese

Ingolstadt – Wenn das Klavier abenteuerlich halb in der Luft hängt, ein Pianist sich als Seiltänzer entpuppt, wenn eine Tuba zum Luftballon-Aufblasen dient und vom Trichter bis zur Glocke alles Musik macht, dann sind Gogol und Mäx am Werk. Die beiden Musikakrobaten waren am Dienstagabend mit ihrem Programm „Teatro Musicomico“ im Kulturzentrum neun zu Gast: eine Show fast ohne Worte, dafür mit liebenswürdig-schrulligem Witz und Überraschungseffekten.

Auch wenn das Duo aus den Berufsmusikern Christoph Schelb und Max-Albert Müller, beide aus dem Breisgau, im Rahmen der Ingolstädter Kabaretttage auftrat, passen die beiden eigentlich nicht in diese Kategorie. Schelb (Gogol) und Müller (Mäx) brauchen für ihre Nummern nur eine rudimentäre Fantasie-Konzertsprache. „Concerto piano Johann Sebastian Bach, Preludio, Piano solo!“, verkündet Gogol gewichtig, schmeißt die Frackschöße über den Klavierhocker und beginnt zu spielen. Die Geschichte wiederholt sich immer wieder: Gogol will seine Pianistenfähigkeiten zeigen, aber Mäx lässt ihn nicht.

Der clowneske Mäx, mit grotesk langen Schuhen und grauen Flatterhaaren, kramt lieber in Tonnen, Koffern, hinter dem Klavier und hinter dem Bühnenbild und zieht alles Mögliche hervor, um Gogol zu begleiten: ein Flügelhorn, ein Glockenspiel, ein Glas-Xylophon, ein Alphorn, einen Trichter mit Gartenschlauch, ein Mini-Saxofon, eine Okarina, eine Tuba. Es ist eine Materialschlacht. Gesprochene Worte werden dabei nur sparsam benutzt. „Musica Bavaria basta“, sagt Gogol entrüstet, als Mäx sich an einem Set Kuhglocken zu schaffen macht. „Clarinetta in agua“, stellt Mäx fest, als Gogol sein Blasinstrument kurzerhand in die Blumenvase gesteckt hat.

Man könnte meinen, dass der immer selbe Gag – das Publikum spricht bei Gogols Ansagen das „Piano solo!“ inzwischen amüsiert mit – irgendwann langweilig wird. Wird er aber nicht. Denn Gogols verzweifelte Versuche, endlich zu seinem Piano-Solo zu kommen, werden sehr fantasievoll verhindert. In den 30 gemeinsamen Jahren scheint sich einiges an Blödsinn-Expertise angesammelt zu haben. Wer hätte zum Beispiel gedacht, dass sich zwei Tubas, eine davon steckt umgedreht auf Gogols Kopf, wo auch sonst – dass sich diese zwei Tubas also mit Schläuchen so verbinden lassen, dass Mäx mit dieser Konstruktion einen Luftballon aufblasen kann? Den Rückstrom der Luft nutzt er dann, um mit ihm eine Melodika zum Klingen zu bringen. Na klar. Man fragt sich mehr als einmal, wo die beiden nur ihre Ideen hernehmen.

Dabei ist das Ganze, so absurd es zum Teil auch wird, sowohl artistisch als auch musikalisch komplett stimmig. Mäx spielt etwa 20 Instrumente, und zwar gerade so quäkig und dahergeschlenzt, dass man ihm den Clown abnimmt. Oder in Gogols Worten: „Dilettanto penetrante!“ Eigentlich aber spielt Mäx immer kunstvoll, wechselt zwischen Klassik und Weihnachtsliedern, schummelt zwischendurch sein heiß geliebtes „La Cucaracha“ hinein und hat manchmal herzerwärmende „melancholischer Clown“-Momente, in denen er mit dem Bogen ein Glockenspiel streicht oder wunderschön die Gitarre zupft. Gogols Pianistenfähigkeiten sind sowieso unbestritten, er kann aber auch Tuba, Saxofon, Flamencogitarre – und Seiltanzen! Denn nebenbei bauen die beiden auch artistische Nummern ein: auf den Händen laufen, sehr umständliche Hebefiguren, Kunstwurf mit Tellern.

Das Publikum haben diese beiden Komiker in kürzester Zeit in der Hand. „Oooh“ und „aaah“ kommen wie von selbst, am Ende gibt es viele Bravorufe und das Publikum wiederholt einen von Mäx‘ Lieblingsaussprüchen: „Zugabeee, Zugabeee!“

DK