Berlin
Zwischen Hollywood und Schrobenhausen

Filmausstatter Bernhard Henrich arbeitete mit Regiestars zusammen - Nun ist er Jurymitglied bei einem regionalen Festival

08.05.2019 | Stand 23.09.2023, 6:55 Uhr
Bernhard Henrich wurde 2016 für den Oscar nominiert. In Schrobenhausen ist er nun Jurymitglied beim Bundesfilmfestival Fiction. −Foto: Zinken/dpa

Berlin/Schrobenhausen (DK) Eigentlich wollte er sich ja Schrobenhausen genauer ansehen, vielleicht einen Tag früher kommen oder einen dranhängen.

Er hatte von dem berühmten Spargel gehört und wollte das Edel-Gemüse mit einem Glas Bier genießen. Aber daraus wird wahrscheinlich nicht viel. Denn: "Nun muss ich um jeden freien Tag kämpfen", gesteht der bekannte Filmausstatter Bernhard Henrich, der in den oberbayerischen Ort gekommen ist, um als Jurymitglied beim Bundesfilmfestival Schrobenhausen mitzuwirken. Gerade noch war er in Los Angeles, um seinen neuen Film, den Blockbuster "Master Of The Universe" vorzubereiten. Und nächste Woche geht es für ihn gleich weiter.

Dazwischen also Schrobenhausen, was ein etwas eigentümliches Ereignis ist. Denn Henrich ist einer der ganz Großen seines Genres. 2016 wurde er für seine Arbeit an "Bridge of Spies - Der Unterhändler" für den Oscar nominiert. Seitdem ist er Mitglieder der Academy of Motion Picture Arts and Science und bestimmt selber über die Vergabe der Oscars mit. Ein Leben also zwischen Hollywood und den Schrobenhausener Kurzfilmen.

Der 66-Jährige ist sich keineswegs zu fein, auch für ein eher kleines Festival zu arbeiten. Als er kürzlich vom Festivalleiter Marcus Siebler angesprochen wurde, war er sofort bereit dazu. Warum er das tut? Dazu muss der gebürtige Saarländer etwas ausholen. "Ich habe in 23 Ländern gedreht, ein Jahr war ich dienstlich in Neuseeland. Ich habe so viele tolle Sachen gemacht und erlebt, da sollte ich nun auch etwas von diesen Erfahrungen weitergeben", erzählt er. "Ich mache das wirklich gerne. "

Der Spaß an seinem Job ist ihm jederzeit anzumerken. Auch wenn er dann schon mal betont, dass der Begriff Spaß nicht unbedingt immer passen würde. "Das war immer auch sehr viel Arbeit", erzählt er. Am glücklichsten war er bei Filmen wie "Der Ghostwriter" von Roman Polanski, den Produktionen, die er mit Steven Spielberg gemacht hat oder "Monuments Men" von George Clooney, mit dem er besonders gerne zusammengearbeitet. Sofort kommt er ins Schwärmen. "Was wir da machen, dass sind ganz andere Dimensionen", sagt er. "Bei ,Monuments Men' haben wir für einen halben Drehtag vier Quadratkilometer komplett ausgestattet, das ist einfach der Wahnsinn. " Noch faszinierender sind für ihn nur noch Fantasy-Filme, wie etwa "Hänsel und Gretel. Hexenjäger". Oder jetzt "Master of the Universe".

Es war ein langer Weg für Henrich bis nach Hollywood. Aufgewachsen ist er in dem kleine saarländischen Ort Niederwürzbach als Sohn eines Bergarbeiters. Nach einer Ausbildung als Schaufensterdekorateur zog es den ehrgeizigen jungen Mann nach Berlin, wo er schnell feststellen musste, dass "ich von dieser Arbeit nicht leben kann". Es gelang ihm, Theaterplastiker beim Schillertheater zu werden, damals Deutschlands größter Sprechtheaterbühne, wo er noch mit dem Dichter und Regisseur Samuel Beckett eine Inszenierung von "Warten auf Godot" gestaltete. Das gefiel ihm so lange, bis ihm eine Zulage gestrichen wurde und er sich verärgert nach einer neuen Stelle umsah. Er nahm Kontakt mit dem legendären Produzenten Artur Brauner auf, der ihn als Requisiteur einstellte. Bald war Henrich an so wichtigen Filmen beteiligt wie "Der Zauberberg", "Der große Bellheim" und "Der Bär". Die Arbeit veränderte sich, nun wirkte Henrich zunehmend als Ausstatter großer Produktionen, bald besonders in Hollywood. So richtig in den USA gelebt hat er allerdings selten. "Ich habe keine Greencard", sagt er. "Außerdem werden viele der berühmten Produktionen gar nicht in den USA gedreht. Seit das Studio Berlin Babelsberg so groß geworden ist, wird auch oft hier produziert, was mir am liebsten ist", sagt er als überzeugter Berliner.

Auch die Tätigkeit für die Academy of Motion Picture Arts and Science ist für ihn selten ein Grund, in die USA zu reisen. Die besonderen Filmvorführungen kann er auch woanders wahrnehmen, oder er bekommt die Filme ohnehin als Blu-ray Disc zugeschickt. Jury-Sitzungen gibt es nicht, man schickt lediglich sein Votum nach Hollywood. 85 Filme hat der 66-Jährige im vergangenen Jahr angesehen, zu ihnen gibt er ein Urteil über sein Fachgebiet Ausstattung ab und über die Kategorie "Bester Film". Erst nach den Nominierungen stimmt er in allen Kategorien mit ab.

Henrich fehlt ein wenig der Kontakt zu anderen Academy-Mitgliedern. So organisiert er gelegentliche Treffs, bei denen man Filme ansieht und auch mal dazu kommt, über die Filme zu sprechen. Ein Mangel, über den er wahrscheinlich beim Kurzfilmfestival in Schrobenhausen, bei dem die Jury ständig im Gespräch mit dem Publikum ist, nicht klagen wird.

Kurzfilmfestival im Herzog-Filmtheater Schrobenhausen am Freitag, 10. Mai, 17 Uhr, Samstag, 11. Mai, 9 Uhr und Sonntag, 12. Mai, 11 Uhr.
 

Jesko Schulze-Reimpell