Ingolstadt
"Wir sollten öfter Liebesbriefe schreiben"

03.12.2009 | Stand 03.12.2020, 4:26 Uhr

Ingolstadt (DK) Eckart von Hirschhausen ist zurück auf der Bühne. "Liebesbeweise" heißt sein neues Programm, mit dem er am 21. Februar 2010 auch in Ingolstadt gastiert. DK-Redakteur Gereon Tönnihsen sprach mit dem 42-jährigen Kabarettisten und Mediziner.

Sie haben nach der letzten Tour pausiert, um den Kopf frei zu bekommen. Wie haben Sie da über die Liebe sinniert?

Eckart von Hirschhausen: Als erstes habe ich gründlich recherchiert, was es in Medizin, Psychologie und Wissenschaft Interessantes zu erzählen gibt, dann überlegte ich, wie man es erzählt. Ich versuche Theorie und Praxis, Aha und Haha zu verbinden. In meinem Programm gibt es zwei Stunden Lachen über Niveau. Und über uns selbst. Zum Beispiel über unsere Zerrissenheit zwischen Romantik und Realismus. Der Romantiker sagt, es gibt einen richtigen Partner für jeden auf der Welt. Der Realist denkt: Da muss ja nur einer den falschen nehmen und es geht für alle nicht mehr auf.

Wie kann man seine Liebe denn am besten zeigen?

Hirschhausen: Es sind vor allem die kleinen Alltagsgesten, die wirklich zählen. Wenn ein Mann einer Frau die Autotür aufhält, ist entweder das Auto neu oder die Frau. Aber wenn einer über Jahre hinweg seine Aufmerksamkeit aufrecht erhält für den anderen, sind das Liebesbeweise, die tragen.

Ist Liebe überhaupt gesund?

Hirschhausen: Schon – aber sie kann auch krank machen. Vor allem bei Liebesentzug sind Menschen zu ungeheuren Taten fähig. Studien belegen: Die gefährlichste Person, die man im Laufe seines Lebens kennenlernt, ist der eigene Partner. Denn die Wahrscheinlichkeit, vom Ex-Partner ermordet zu werden, ist statistisch gesehen 1000 Mal höher als bei jedem anderen Menschen. Mich interessiert aber mehr die gesunde Liebe die unser Herz anrührt. Menschen, die sich geliebt fühlen, haben weniger Herzinfarkte. Sie leben länger – und glücklicher.

Dennoch verlieben wir uns oft in den Falschen. Warum?

Hirschhausen: Verliebtsein hat mit Liebe wenig zu tun. Ob jemand wirklich zu einem passt, kann man in diesem Stadium der hormonellen Unzurechnungsfähigkeit nicht ernsthaft beurteilen. Ich plädiere deshalb für die "Vernunft-Ehe". Weil ich glaube, dass Gegensätze sich zwar anfangs anziehen und dann ausziehen, aber langfristig abstoßen – Gemeinsamkeiten halten zusammen.

Ist der Glaube an die echte, die einzige große Liebe altmodisch?

Hirschhausen: Nein. Noch immer träumen viele von dem einen Menschen, der auf sie wartet. Ich persönlich bin Romantiker und Realist. Wenn man jemanden findet, mit dem man viel Zeit verbringen möchte, ist das ein wunderbarer Zufall. Aber diese Liebe ist nicht nur mit einem Menschen möglich.

Was ist wichtig für eine gute Beziehung?

Hirschhausen: Sich gegenseitig zu unterstützen bei den Zielen, die man erreichen will. Verliebte gucken sich in die Augen. Liebende schauen in dieselbe Richtung.

Angesichts der hohen Scheidungsrate scheint das immer weniger Paaren zu gelingen.

Hirschhausen. Ja, manche Paare geben viel zu schnell auf. Wenn man sich schon bei der ersten Krise trennt, ist die Gefahr groß, dass man nichts dazulernt – und beim nächsten Partner die gleichen Probleme wieder entstehen. Unser Gehirn ist nun mal so strukturiert, dass wir Kritik viel ernster nehmen als lobende Worte. Um eine verletzende Äußerung emotional auszubalancieren, sind fünf Komplimente nötig. Deshalb kann man seinem Partner nicht oft genug schöne Dinge sagen. Besser: Wir sollten ihm öfter Liebesbriefe schreiben.

Neuerdings singen Sie auch auf der Bühne. Was ist Ihr liebstes Liebeslied?

Hirschhausen: Ganz klar: "Leaving on a Jet Plane" von John Denver. Bei dem Lied werde ich hemmungslos sentimental. Es geht darin um dieses seltsame Gefühl, auf Tour die Heimat, und zu Hause die große Welt zu vermissen. Das kenne ich wie alle Künstler nur zu gut.

Von Glück zu Liebe – ein logischer Schritt. Haben Sie schon neue Pläne für die Bühne?

Hirschhausen: Das nächste spannende Thema ist das Älterwerden. Alle wollen alt werden, keiner will es sein. Das Schlimmste, was mit diesen Anti-Aging-Pillen passieren könnte, ist, dass sie irgendwann funktionieren. Dann wird der Körper jünger, der Geist älter. Irgendwann hat jeder Alzheimer, aber ihr Körper steckt in der Pubertät. Du kannst wieder, weißt aber nicht warum. Das wünsche ich keinem.