München
"Wie Roadmovie mit schlechtem Kaffee"

Josef Hader über seine Kabaretttouren, seinen Nebenjob als Schauspieler und seine nächsten Auftritte

02.10.2019 | Stand 23.09.2023, 8:50 Uhr
Sabine Busch-Frank
Hader spielt Hader: Der Kabarettist gastiert demnächst in München und Regensburg. −Foto: Jörg Carstensen/dpa

München (DK) Zunächst fällt auf, wie freundlich und fröhlich er ist.

Den Kabarettisten und Schauspieler Josef Hader (57) darf man nämlich nicht mit dem "Hader" verwechseln, seiner Bühnenfigur. Bei dem ist Nomen gleich Omen und Wiener Grant sowie depressive Endzeitstimmung dringen ihm aus jeder Pore. Einem Schauspieler sagt man etwas Fatales nach, wenn man befindet, er "spiele immer nur sich selbst" - einem Kabarettisten beweist das, dass er seine Figur perfekt beherrscht.

Hader erklärt dazu im Interview: "Die ändert sich von Programm zu Programm allein dadurch, dass man selbst älter wird. Wer mit 60 den Lederjackenrevoluzzer gibt, der wird nicht ernst genommen. Wobei ich mir schon den Spaß mache, den Hader so abzuwandeln, wie ich ihn gerade brauche. Letztes Mal habe ich ihn beispielsweise schon nach einer halben Stunde sehr unsympathisch gemacht. So eine Kabarettfigur ist wie ein Organismus, vielleicht wie eine Topfpflanze. "

Dass er in Deutschland so viel auf Tour gehen kann, erklärt der gebürtige Oberösterreicher übrigens mit einem gesunden Misstrauen gegenüber dem eigenen Erfolg: "In meiner Jugend bin ich gern Auto gefahren, wollte überall in Österreich und nicht nur in Wien Publikum haben. Als ich die Österreicher hatte, dachte ich, jetzt probier ich Bayern, falls die Österreicher auslassen, und so weiter. "

Dass er als Kabarettist, wie er selbst kokettiert, immerzu das gleiche Programm mit der gleichen Figur gibt, relativiert sich durch die Flexibilität des Solokabaretts: "Man muss es sich vorstellen wie bei einem Musiker, der jeden Abend seine Stücke spielt, aber sehr frei ist und abweichen kann, wie er grad lustig ist und was seine Tagesverfassung hergibt - mal leiser und fein oder gerne extrovertiert. Inhaltlich kommen nicht dauernd neue Themen. Ich recherchiere auch nicht jeden Tag, was in dem Ort los ist, wo ich auftrete. Aber als ich in Regensburg war, da gab es Probleme mit dem Bürgermeister - wenn so starke Dinge im Ort vorgehen, kann man es verwenden. "

Die Arbeitsteilung zwischen Filmen, Schreiben und Touren ist für ihn, den "Brenner" aus den Haas-Krimis, ideal. "Meine Grundtätigkeit ist Kabarettist, das bin ich seit den frühen 20-ern. Wenn man was lang macht, gibt es zwei Möglichkeiten: Besser oder schlechter werden. Aber man hat sehr viel Erfahrung, die hilft dabei, mehr zu riskieren. Schauspielern hab ich dagegen nie gelernt und spät angefangen, da hab ich einen Minderwertigkeitskomplex. Ich bin da auch überbewertet, weil ich mir die Rosinen herauspicken darf. Schauspieler ist mein Nebenberuf. Gerade will ich die Zeit nutzen, in der ich Filmförderungen bekomme, und drehe viel. Ich habe so viel mitgestalten können am Drehbuch, das macht dann aber auch natürlich mehr Arbeit, als nur die Hauptrolle spielen. Und nach jeder langen Pause ist dann das Kabarettprogramm wieder sehr weit weg, ich kann es auch gar nicht mehr, höre es mir wieder an, überlege, ob ich was Neues einfüge. So kommen manche Zuschauer nach drei Jahren wieder und finden den Abend sehr verändert, was mir gar nicht so bewusst war. "

Dass er in Bayern an gleich drei Abenden in den Audimax-Sälen Regensburgs und Münchens auftritt, ist übrigens kein Zufall: "Ich spiele bewusst und seit Jahren gern an Unis, da ist immer tolles Publikum, das ist fast ein Naturgesetz. Wobei es in Regensburg diesmal Premiere ist - sonst war ich da im Antoniussaal. Regensburg ist eh ein Phänomen, ich spiele kaum in einer Stadt vergleichbarer Größe so oft wie da! Das kann keiner erklären. Warum ich zu jedem Ort so ein Verhältnis hab, ist, weil ich so lang schon mit jedem Veranstalter Freunde vor Ort habe. Ich hab auch dieselbe Agentur seit vielen Jahren, das ist bei mir nicht so groß betriebsmässig. Altes Handwerk! Wir spielen ja meist im Herbst beim schlechten Wetter, manche Szenen, wenn ich mit meinem Techniker Gerhard unterwegs bin, sind wie ein Roadmovie mit schlechtem Kaffee an Autobahnraststätten. "

Den größten Unterschied zwischen seinem Haupt- und Nebenberuf sieht Hader aber nicht in der lästigen Reiserei, sondern im Energiemanagement. "Bei Kabarett muss ich mich tagsüber so herrichten, dass ich um acht Uhr abends lustvoll und aufgeladen auf die Bühne kann. Untertags wird man da nicht wahnsinnig viel arbeiten. Beim Film muss man sehr früh aufstehen und hat diesen Kick, dass man heute eine Szene gut oder schlecht machen kann. Man kann sie nie wiederholen, denn dafür gibt es zu wenig Geld. Dadurch muss man sich nicht mehr so stark motivieren, man geht ab wie ein ,Fidschi-Pfeil', wenn Sie das Wort kennen? Im Kabarett hab ich zwei Stunden, mich langsam hineinzufräsen. Egal, ob es eine schlechte Akustik gibt oder ein Publikum, das man nicht spürt - man hat ja Zeit, alles zum Guten zu wenden. "

Sabine Busch-Frank