München
Schwieriger Fall

Das Musical "Sherlock Holmes - Next Generation" feiert Premiere in München

23.06.2019 | Stand 23.09.2023, 7:30 Uhr
Eher bieder als britisch: Ethan Freeman als Sherlock Holmes (links) und Merlin Fargel als John. −Foto: Wagner

München (DK) Nachdem Sherlock Holmes, der berühmteste fiktive Detektiv der Welt seinen ersten Musical-Mord bei der Uraufführung in Hamburg erfolgreich gelöst hat, gehen die Ermittlungen jetzt in München weiter. "Sherlock Holmes - Next Generation" feiert Premiere am Deutschen Theater.

Und es ist ein schwieriger Fall, den sich Autor und Regisseur Rudi Reschke da ausgedacht hat. Sowohl im tatsächlichen Sinn, denn die Story um einen Mord und einen sagenumwobenen Diamanten, Familienverstrickungungen und einen alten Erzfeind in neuer Gestalt ist kompliziert. Aber auch im übertragenen Sinn. Die Handlung wirkt etwas arg konstruiert und über weite Teile zusammenhanglos. Die Musik und gute Songs von Komponist Christian Heckelsmüller liefern den stark singenden Akteuren, wie Ethan Freemann (bekannt aus Musicals wie "Evita" und "Tarzan") als Sherlock Holmes und seinem Gefährten Dr. Watson, gespielt von Frank Logemann, aber viel Gelegenheiten zu glänzen.

Vor einem einfachen aber effektiven Bühnenbild, für das sich auch Regisseur Reschke verantwortlich zeigt, wird (klanglich) kombiniert was das Zeug hält. Die Band unter der Leitung von Philipp Polzing agiert unter Tüchern über einer Stahlkonstruktion, die als Leinwand und zweite Spielebene zugleich dient. Durch schlichte Requisiten wie hineingeschobene Laternen wird die Illusion der Straßen von London erzeugt. Und da das Ganze im Untertitel ja "Next Generation" heißt, kommt mit Merlin Fargel als John und Alice Wittmer als Catherine auch die Jugend und der kriminalistische Nachwuchs ins Spiel. Beide haben wie die anderen Darsteller starke Solos, wenngleich einige Gesangsnummern mit zu viel Text überladen und teilweise schwer verständlich sind. Der Humor ist eher bieder als britisch. Hier hätten ein bisschen mehr Schwärze und Skurrilität gutgetan. Manche Dialoge und Gags sind schon arg flach. Und warum die Londoner Krankenschwester hörbar aus Hamburg stammt und der Arzt Österreicher ist, könnte wohl nicht einmal der clevere Titelheld schlüssig ermitteln. Wenn auch nicht allzu viel Witz, so gibt es doch eine Menge Action mit interessanten Kampfszenen in Stop-Motion und Zeitlupe, Exotik in einer Opiumhöhle und ein dramatisches Finale am Hafen. Bei den Choreografien von Marta Di Guilio ist dabei aber noch deutlich Luft nach oben.

Im zweiten Teil nimmt die Handlung ebenso Fahrt auf wie die Musik. Eine Verfolgungsjagd wird rasant und rockig in Szene gesetzt. Piano und Pathos gibt es beim Liebeslied von Alice Wittmer vor herbstlicher Kulisse, das zwar für die Story nicht wichtig aber einfach schön ist. Neben bekannten Charakteren aus den Romanen von Sir Arthur Canon Doyle wie Inspector Lestrade von Scotland Yard, tauchen auch historische Figuren wie der Satanist Aleister Crowley und der ägyptische Politiker Boutros Boutros-Ghali auf, was dann doch ziemlich dick aufgetragen ist.

Alles in allem ist "Sherlock Holmes - Next Generation" vor allem gesanglich und schauspielerisch gute Unterhaltung. Und als Holmes zum Ende seine berühmte Lupe metaphorisch und buchstäblich an die nächste Generation weiterreicht, gibt es vom Premierenpublikum Standing Ovations und der Fall ist gelöst.
ZUM STÜCK
Theater:
Deutsches Theater München
Regie, Bühne und Autor:
Rudi Reschke
Aufführungsdauer:
2 Stunden 30 Minuten
Kartentelefon:
(089) 55 234 444
Termine:
Noch bis zum 30. Juni.

Martin Buchenberger