München
"Mit der würde ich aneinanderrumpeln"

Gisela Schneeberger spielt in der neuen BR-Serie "Im Schleudergang" die resolute Wäschereibesitzerin Christa Bachmeier

03.04.2013 | Stand 03.12.2020, 0:19 Uhr

 

München (DK) Eigentlich wollte Gisela Schneeberger ja mal Psychologin werden. Das war natürlich vor ihrer Ausbildung an der Otto Falckenberg Schule in München und ihrem ersten Engagement am Berliner Schillertheater, war lang vor ihren Auftritten im „Scheibenwischer“ und ihren Satirefilmen mit Gerhard Polt unter der Regie ihres damaligen Ehemanns Hanns Christian Müller.

Mittlerweile hat die heute 64-Jährige, die offenbar 1971 die richtige Berufs(um)entscheidung traf, mit Regisseuren wie Helmut Dietl, Dieter Wedel, Vivian Naefe oder Matti Geschonneck gearbeitet, hat zwei Grimme- und zwei Deutsche Fernsehpreise eingeheimst – und ist heute beschäftigter denn je. Soeben drehte Schneeberger mit Gerhard Polt den Film "und Äktschn", der 2014 in die Kinos kommen soll. Und bereits morgen ist sie, an der Seite von Gerd Anthoff und Udo Wachtveitl, in einer neuen Serie des Bayerischen Rundfunks zu sehen. "Im Schleudergang" heißt die Sitcom von Autor Peter Bradatsch um eine temperamentvolle Münchner Wäschereibesitzerin, die - natürlich -"die Schneebergerin" spielt. Unsere Redakteurin Karin Derstroff sprach mit Gisela Schneeberger über die Rolle und ein wenig auch über Psychologie.
 
Frau Schneeberger, wie kolportiert wird, ist die Grundidee zur Serie entstanden, als Sie während eines ersten Gesprächs mit dem Autor Peter Bradatsch über ein neues gemeinsames Projekt kurz mal in die Wäscherei mussten. Und schon war das passende Ambiente gefunden . . .

 Gisela  Schneeberger: (lach t) Also ich musste bestimmt nicht während unseres Gesprächs in die Wäscherei, so frech bin ich nicht. Da wär mir im Zweifelsfall schon das Gespräch mit Peter Bradatsch wichtiger als die Wäsche abzuholen! Aber wahrscheinlich kam ich grad daher oder war am Tag vorher dort. Wir waren auf der Suche nach Mikrokosmen: Der Peter wollte unbedingt, dass ich eine Geschäftsfrau spiele, das war seine Fantasie, die ihn beflügelt hat, und da haben wir über verschiedene Geschäftsfraumodelle für mich nachgedacht. Dabei hab ich mir auch die Geschäfte in meiner näheren Umgebung vorgestellt – und da gibt es eine kleine Wäscherei, die fanden wir ganz ergiebig für Geschichten.

 

Und nun sind Sie also Wäschereibesitzerin Christa Bachmeier. Die ist ja eine handfeste Person: egoistische Chefin, übergriffige Mutter, ihr langjähriges Bratkartoffelverhältnis Freddy Biber nennt sie auch schon mal gefühlskalt. Eine Heile-Welt-Figur ist Christa also nicht gerade.

Schneeberger: Ja Gott sei Dank! Sonst hätt mich das überhaupt nicht interessiert. Mich interessieren Figuren, die irgendwo realistisch sind, und in der Realität sehe ich fast nirgends eine heile Welt. Die wird oft nur so gern von Fernsehredakteuren gewollt. Keine Ahnung, warum.

 

Ist Ihnen diese Christa denn sympathisch?

Schneeberger: Irgendwo schon, dochdoch – ich muss zwar nicht immer eine Figur haben, die mir sympathisch ist, um sie spielen zu können. Andererseits ist sie schon sehr dominant und manipuliert gerne ihre Mitmenschen. Ich glaube, ich selber würde mit der Christa aneinanderrumpeln.

 

Vielleicht auch wegen ihres Verhaltens als Mutter? Christa ist ziemlich dominant ihrer Tochter gegenüber, das schwierige Verhältnis ist einer der komischen roten Fäden in der Serie. Schütteln Sie da den Kopf oder erkennen Sie sich als Mutter – Sie haben selbst einen mittlerweile erwachsenen Sohn – eher in Christa wieder?

Schneeberger: Ich glaube, jede Mutter erkennt sich da in ganz kleinen Grundzügen wieder. Ich hoffe mal, ich war nie derartig (betont) dominant, aber das muss ja immer das Kind entscheiden. Es gibt manchmal Erinnerungen von Kindern, die stimmen überhaupt nicht mit der eigenen Erinnerung überein, das seh ich nicht nur bei mir, sondern auch bei Freunden. Ich finde, Peter Bradatsch hat das sehr gut dargestellt: diese ständigen Missverständnisse! Grad im Moment vertragen sie sich, und dann sagt eine wieder ein falsches Wort und dann ist die andere schon wieder auf 180.

 

Eine etwas bestimmende Mutter spielten Sie auch in „Franzi“, ebenfalls eine Serie aus der Feder von Peter Bradatsch. Und auch bei Helmut Dietls „Monaco-Franze“ waren Sie dabei. Was gefällt Ihnen an bayerischen Serien? Ist es etwa eine Art typisch bayerischer Humor?

Schneeberger: Was den typisch bayerischen Humor betrifft – da bin ich überfragt. Aber das Schöne für uns alle, die in diesem Beruf sind, ist, dass wir sehr gerne im Dialekt spielen, das ist viel näher an den Figuren. Und Peter Bradatsch beherrscht die Kunst, so einen Dialekt zu schreiben, der trotzdem ganz poetisch ist. Da darf man dann auch keine Silbe ändern oder irgendwie improvisieren, sonst bricht der ganze Rhythmus zusammen. Das schätze ich sehr.

 

Ihr künstlerisches Spektrum ist aber viel breiter: Sie haben beispielsweise mit Doris Dörrie „Bin ich schön“ gedreht, mit Vivian Naefe „Auf einen Schlag“ und und und. Gibt es noch einen Film, den Sie unbedingt machen, eine Rolle, die Sie unbedingt spielen wollen?

Schneeberger: Ja, ich hab in den letzten Jahren vieles mit vielen Regisseuren gemacht, mit denen ich immer so ein bisschen geliebäugelt hab – insofern bin ich also ein bisschen gesegnet. Aber natürlich gibt es immer wieder Fantasien von Figuren, die ich spielen möchte, die ich vielleicht nur in mir selber sehe. Eine meiner ganz großen Lieblingsrollen zum Beispiel war „Der Hahn ist tot“ von Ingrid Noll. Meine Figur Rosemarie war eine verklemmte Psychopatin, eine Stalkerin, und sowas find ich schon interessant. Ich spiele eben skurrile Figuren total gern, aber die können auch tragisch skurril sein.

 

Sie haben vor Ihrem Schauspielstudium Psychologie studiert. Kommt Ihr Interesse an den etwas anderen Menschen, an solchen mit Macken, aus diesem ursprünglichen beruflichen Interesse?

Schneeberger: Ich glaube, das hat jeder Schauspieler. Jeder Schauspieler schaut gern andere Menschen an und vergleicht sich mit anderen Menschen. Die meisten Schauspieler, die ich kenne, sind gar nicht so selbstbewusst, wie sie wahrgenommen werden. Und wenn man eine Unsicherheit hat, dann schaut man anderen Menschen zu, wie die ihr Leben meistern. Das ist in meinem Beruf ganz normal.

 

Ihr Name als Schauspielerin ist längst eng mit München verbunden. Allerdings stammen Sie aus Dollnstein, in der Nähe von Eichstätt. Gibt es da noch einen Bezug außer dem Ortsnamen auf der Geburtsurkunde?

Schneeberger: Ja (sehr bestätigend)! Vor ein paar Jahren hat Dollnstein tausendjähriges Bestehen gefeiert, da bin ich zur Schirmherrin gekürt worden. Außerdem telefoniere ich hin und wieder mit einer Bekannten dort. Und vor etlichen Jahren war ich mit meinen Schwiegereltern und meinem Sohn an meinem Geburtsort und da haben wir uns auch mein Geburtshaus angeschaut, so ein kleines Häuslein, das immer noch steht. Doch, ich hab einen Bezug zu Dollnstein, das ist eine ganz wichtige Zeit in meinem Leben, obwohl es nur vier Jahre sind, die ich da groß geworden bin. Aber das sind ja oft die prägenden Jahre.