Ingolstadt
Lust am Untergang

Severin Groebner in der Ingolstädter Neuen Welt

17.01.2018 | Stand 02.12.2020, 16:56 Uhr

Amüsante Apokalypse: Severin Groebner in Ingolstadt. - Foto: Leitner

Ingolstadt (DK) Ein Kabarettist aus Wien beschäftigt sich mit dem Ende der Welt. Das passt ins morbide Bild der Stadt. Dass er dabei die pure Lust am Untergang verspürt und sich die Zeit bis zum ultimativen Finale mit Kernfragen der Existenz wie "Was ziehe ich an" oder "Soll ich die Heizung abdrehen" vertreibt, liegt ebenso auf der Hand.

Zumindest für Severin Groebner, der sein Programm "Der Abendgang des Unterlands" bei den Kabaretttagen vorstellt.

Die knappen zwei Stunden in der ausverkauften Neuen Welt sind inhaltlich überaus geschickt strukturiert. Allgemeine Unsicherheit, Angst vor der Krise, Orientierungslosigkeit, Verschwörungstheorien, grassierender Pessimismus - da ist der Untergang quasi unausweichlich, möchte man meinen. Zu diesem Schluss kommt auch Groebner. Wieselflink sind seine Gedankengänge, komisch seine Einlassungen zur hektischen Umtriebigkeit kurz vor Torschluss. Und auch die eingestreuten Witze sind nicht von schlechten Eltern. "Alles geht zugrunde!", jammert er. "Schauen's doch nur mal morgens in den Spiegel!"

Nach der Pause ist er fertig mit der Bestandsaufnahme, nun ist der Boden bereitet für das Wesentliche. Jetzt kommen Sätze, die man sich unbedingt merken sollte. "Gefahr für unsere Kultur besteht nur, wenn deren Verteidiger keine haben." "Es gibt keinen Untergang der Welt, nur einen Untergang des alten Weltbilds". "Wir Abkömmlinge des Einzellers sollten uns nicht allzu viel einbilden auf unsere Herkunft." - Und schon ist er mittendrin in der Diskussion um Heimat, Volk und Nation, beim Unterschied zwischen Navi und Nazi ("Beide geben die Richtung vor."), bei Reichsbürgern und Abgrenzung per Stacheldraht, bei dumpfen Parolen aus vernebelten Gehirnen.

Jetzt wird der nach wie vor freundlich oder doch wenigstens verbindlich lächelnde Herr Groebner wirklich böse, seine Wut bricht sich Bahn in einer überragenden Autofahrerszene, und man fragt sich, wie er am Ende noch einmal die Kurve kriegen wird. - Jedoch: Alles kein Problem. Souverän rundet sich das Programm. "Weltuntergang? - Den überleben wir auch noch!", sagt er leichthin, und zwischen den Zeilen meint man sogar herauszuhören, dass, wenn man sich offenen Auges so umschaue, der "Abendgang des Unterlands" so tragisch gar nicht wäre.

Und da ist er dann wieder, der Wiener, der sich lieber noch einen Spritzer bestellt, statt sich übermäßig Sorgen zu machen, der so wunderbar über die Apokalypse reden und aus dem Stoff einen überaus amüsanten Abend machen kann, dem aber am Ende dann doch lieber "ollas wuascht" ist. Oder mit Karl Valentin zu reden: "Am Freitag geht die Welt unter? - Des is mir egal. Da bin ich in Freising."