KABARETT
Gaudi mit Haltung

Django Asül zeigte sein neues Programm "Offenes Visier" in Unterpindhart

18.11.2019 | Stand 23.09.2023, 9:31 Uhr
Django Asül hat einen ganz eigenen Blick auf die Welt. −Foto: Leitner

Unterpindhart (DK) Das neue Programm des Kabarettisten Django Asül heißt "Offenes Visier". Das hört sich nach kriegerischer Auseinandersetzung an und nach Waffengewalt. Ist aber nicht so gemeint. Es sei denn, es geht um einen Feldzug gegen Scheuklappenträger, Bornierte und intellektuell Vernagelte. Mit denen nämlich hat er's nicht so, der Django Asül. Nach den gut anderthalb Stunden in der Kleinkunstbühne Unterpindhart ist das offensichtlich.

Asül weiß, wie man's macht. Man stelle eine These auf, kleide sie in eine Szene, die jeder aus eigener Erfahrung kennt und somit nachvollziehen kann und unterfüttere sie je nach Bedarf mit witzigen, lustigen, verblüffenden aber stets originellen Beispielen und bisweilen auch mal mit einer gehörigen Portion purer Gaudi. Dann kann man sich der Aufmerksamkeit des Publikums schon mal sicher sein und hat die Lacher auf seiner Seite. Dann gibt's da noch eine zweite Ebene, quasi die Geschichte hinter der Geschichte. Und die ist bisweilen in ihrem Kern so lustig nicht.

Asüls Meinung zum Urlaub mit den Schwiegereltern ist noch harmlos: "Allein in der Idee sind bereits alle Zutaten für ein Inferno vorhanden." Dann aber zum Stichwort Asylanten: "Ein Weißer, der in Bayern auffallen will, muss sich richtig aufführen, bei einem Afrikaner langt die Farbe. Pech für ihn." Oder zum Thema Ausländer generell: "Ein Syrer, wenn er Herzchirurg ist, geht bei uns locker als Schwede durch." - Hinter solchen Statements stecken durchaus Brisanz und ein wahrer Kern, ebenso wie hinter allgemein gültigen Beobachtungen wie "Ein jeder Depp will heutzutage ums Verrecken was Besonderes sein." Nein, Django Asül ist mit seinem neuen Programm nicht plötzlich zu einem nach gnadenloser verbaler Abrechnung mit Regierung, Wirtschaft, Heuchelei und Korruption hechelnden Politkabarettisten geworden, aber gesellschaftskritisch ist er durchaus.

Natürlich gibt's auch puren Lachstoff, auch Kalauer. "Karl May war ja ein Sachse. Ein Ossi schreibt Western. Unglaublich!" oder "Die Berliner haben den einzigen CO²-freien Flughafen der Welt". Flapsig in den Redeschwall eingestreute Bemerkungen dieser Art kommen natürlich bestens an, sind aber eher ausschmückende Elemente, denn eigentlich geht es Asül um Solidarität, um Verständnis, um die Entfernung eventuell vorhandener Scheuklappen, um verschiedene Blickwinkel und die daraus resultierende Toleranz. Die täte nicht nur "meinen Hengersberger Aboriginees" - so nennt er die Bewohner seiner Heimatstadt - gut, sondern uns allen. Dafür mit offenem Visier zu streiten und sich dadurch vielleicht sogar angreifbar zu machen, verrät durchaus Haltung. Das ist wichtig in Zeiten, in denen, wie Asül sagt, "die Realität schon lange nichts mehr mit der Wirklichkeit zu tun hat". Ein wirklich gutes Programm.

Karl Leitner