Seelenbilder der Fleißer
Erste Sonderausstellung im Fleißerhaus Ingolstadt zeigt Arbeiten Ingolstädter Künstler

01.07.2021 | Stand 23.09.2023, 19:32 Uhr
Porträts zu Marieluise Fleißer und Zeichnungen zu ihrem Werk haben Emil Stumpp (von oben im Uhrzeigersinn), Georg Hetzelein, Knut Schnurer und Liselotte Spreng geschaffen. −Foto: Roessle, Stadtmuseum

Ingolstadt - Mal blickt Marieluise Fleißer melancholisch-nachdenklich in die Ferne, mal scheint sie einem nackten Paar - selbst nackt hinter ihren Büchern halb verborgen - bei der Lektüre zuzusehen, dann wieder schaut sie als junge Frau skeptisch zur Seite.

Und da ist das kniende Pferd zur Erzählung "Das Pferd und die Jungfer": Die erste Sonderausstellung im Fleißerhaus Ingolstadt zeigt insgesamt zehn Werke aus dem Bestand der Graphischen Sammlung des Stadtarchivs Ingolstadt. Von Sonntag, 4. Juli, bis Sonntag, 26. September, sind sie in den Räumen des 2. Obergeschosses zu sehen.

Marieluise Fleißer gab der Kunstszene in Ingolstadt sowohl durch ihre Persönlichkeit als auch durch ihre literarischen Stoffe Impulse. Fünf Fleißer-Porträts stehen fünf Zeichnungen anderer Künstlerinnen und Künstler gegenüber. Dabei zeigen die Porträts "oftmals mehr davon, wie die Dichterin von den bildenden Künstlerinnen und Künstlern selbst wahrgenommen wurde", sagt Beatrix Schönewald, Leiterin des Stadtmuseums Ingolstadt, zu dem auch das zum Museum sanierte und erweiterte Geburts- und Wohnhaus der großen Tochter Ingolstadts gehört.

Aufgrund des knappen Platzangebots in dem historischen Bürgerhaus musste für die Sonderausstellung eine besondere Auswahl getroffen werden. Was Kuratorin Doris Wittmann zusammengestellt habe, sei spannend, so Schönewald. Auch von mal "glatt, kantig, sperrig" spricht die Historikerin, was wunderbar neue Horizonte eröffne. Dies insbesondere bei den Porträts, weil hier auch Kunstschaffende darunter seien, die die Fleißer noch zu Lebzeiten kennenlernten. So entstanden Blicke und Interpretationen zu Marieluise Fleißer als Dichterin und als Mensch zugleich. Im gleichen Maße bringen sich die Künstlerinnen und Künstler nicht nur durch ihre unterschiedlichen Techniken selbst ein: Georg Hetzelein, Emil Stumpp, Gerda-Wanda Wasmuth Pohley, Lieselotte Spreng und Babette Ueberschär zeigen Fleißer konservativ schwarz-weiß bis progressiv farbig. Doch ist eine persönliche Begegnung nicht unbedingt ausschlaggebend, dass die Kunstschaffenden bei ihrer Beschäftigung mit Fleißer sich selbst einbringen. Auch die Illustrationen, die zu Werken Fleißers entstanden, eröffnen über den persönlichen Zugang zu Werk und Autorin nicht nur vieles über Marieluise Fleißer selbst. So fühlen sich einige selbst getroffen oder erkennen sich in der Rolle der Außenstehenden, der singulären Frau im Kunst- und Kulturbetrieb.

Vor allem die Erzählungen boten hier Anknüpfungspunkte für Dorothea Grill ("Englischer Garten"), Knut Schnurer ("Das Pferd und die Jungfer"), Klaus Sporer ("Der Apfel"), und Annete Lucks ("Ein Pfund Orangen"). Während Ana Feiner-Zalác in den Mittelpunkt ihrer künstlerischen Auseinandersetzung das Stück "Fegefeuer in Ingolstadt" stellt. "Alle Künstlerinnen und Künstler haben sich immer wieder mit Fleißer intensiv auseinandergesetzt, haben teils auch eigene Ausstellungen zur Fleißer gehabt oder wie Annette Lucks für ihre Illustrationen einen entsprechenden Preis gewonnen. Die Sonderausstellung eröffnet damit neue Zugänge zur Dauerausstellung", sagt Beatrix Schönewald.

DK

"Fleißers Ingolstadt - Arbeiten von KünstlerInnen zu Marieluise Fleißer und ihrem Werk", Fleißerhaus, Kupferstraße 18, 4. Juli bis 26. September, Di bis Fr von 9 bis 12, Sa und So von 10 bis 16 Uhr.

Barbara Fröhlich