Ingolstadt
Grant auf Glitzer-Pumps

"Wahnsinn" als Programm: Kabarettistin Monika Gruber trifft mit ihren Tiraden den Nerv des Publikums in Ingolstadt

15.06.2018 | Stand 23.09.2023, 3:48 Uhr
"I bin a Bayer, zefix. Des is a a Identität." Monika Gruber begeisterte im Festsaal. −Foto: Foto: Weinretter

Ingolstadt (DK) Der Wahnsinn: Die Gruber-Griftspritzn mit ihren Glitzer-Pumps von Jimmy Choo hat das Publikum im Ingolstädter Festsaal am Donnerstagabend in Verzückung versetzt. Lachsalven. Begeisterungsstürme. Klatschen wie beim chinesischen Volkskongress. War auch klar: Wer über Nacht ansteht für ein paar Karten, der ist ein Fan, ein Mega-Fan sogar. Der Auftritt von Monika Gruber - a gmahte Wiesn, sozusagen.

Da hätt's Roland Hefter als Anheizer überhaupt nicht gebraucht, der erklärte, er solle jetzt eine saubere Stimmung in den Saal bringen, sonst müsse eer der Moni das Auto "im Leopardenhosl" putzen. Jawohl. Monika Gruber und die Männer - das ist ein weites Feld, da können sich die Frauen wegwerfen vor lachen. Wenn sie zum Beispiel von ihrem Blind Date mit Manfred erzählt.

Dieser Manfred bekennt sich als Hipster, der gern Marathon läuft und Stand Up Paddling macht. "Und wia schaust's mit Stand Up Biesling aus?", will die Monika wissen. Er sucht nichts Festes, sie erwidert: "Da datn dir meine Oberschenkel gfoin." Er begleitet sie am Schluss trotzdem noch zum Auto. Aber nur, weil sein Schrittzähler noch ein Defizit ausweist. Die Zuschauerinnen und Zuschauer lachen Tränen, und jeder kann sich ausmalen, warum die 46-Jährige, die aus der Gegend von Erding stammt und sich als "Prosecco-Schwester" bezeichnet, noch Single ist. Sie sehnt sich nach einem Rendezvous wie früher, für das man sich vorher gewaschen hat. "Auch der Mo."

Aber warum klappt das alles nicht mehr so wie früher? Immer wieder im Programm: Szenen einer Ehe der Gruber-Eltern. Sonntags vorm Fernseher, es läuft Rosamunde Pilcher, denn den "Tatort" erträgt die Gruberin nicht. Weil die Schauspieler so nuscheln. Und scheiße ausschauen. So wie in Dortmund. "Wer wui Sonntagabend was von Kinderschändern seng?" Also Pilcher. Die Mutter zum Vater, der vom zweiten Stammtisch kommt: "Du kanntst a moi wieda sogn, dass du mich liebst." Er antwortet: "Des hob i bei unserer Hochzeit gsogt, und wenn sich was gändert hätt, hätt ich's dir scho gsogt."

Ja, es könnte so einfach sein. Lust auf ein Date mit der knackigen Kabarettistin? "Sie brauchen nur ihr gutes Stück mit gebratenem Fett einwickeln", verrät sie den Männern. Sie hat es gefressen, dieses "Veganer-Gschwerl", das bei jeder Party missioniert. Sie hat es dick, wenn der Nikolaus "Ho, ho, ho" ruft. "Wenn ich des hörn will, fahr i in die Oberpfalz." Sie hasst diese "Event-Mania", ist froh, wenn mal nix passiert - frei nach Mozart: "Gar nichts erlebt. Auch schön." Thermomix und Alexa findet sie nervig. Der Grant trieft ihr aus allen Poren, und sie schleudert ihn um sich. Redet sich in Rage. Irgendwann schüttelt es sie, sie rauft sich die blonden Haare, und es wirkt nicht wie gespielt.

Aber mit ihren Tiraden trifft sie genau den Nerv des Publikums. Darf man überhaupt noch Führerschein sagen? Oder Heilfasten? "Es gibt nur noch Gutmenschen oder Nazis", ärgert sich die Gruberin, und wieder brandet Beifall auf. Ein muslimischer Feiertag - wie "Allah-Heiligen"? Sie ächzt: Übers Weihnachtsgeld hätte sich noch kein Muslim beschwert. Beim Thema Flüchtlingskrise wird es plötzlich still im Saal: "Ich geb's ehrlich zu: Seit 2015 hab ich Angst - und ich erwarte, dass ich ernstgenommen werd und mich dafür nicht verteidigen muss." Ein Mann ruft in die Stille: "Genau." Und jeder will plötzlich Europäer sein, grantelt die Gruberin und keift: "I bin a Bayer, zefix. Des is a a Identität."

Das Beste kommt zum Schluss: Monika Gruber entschuldigt sich "in aller Form" bei ihren Fans, die so lange anstehen mussten für Karten. Sie verspricht: "Nächstes Jahr gibt es alles wieder online." Na also, geht doch.
 

 Meine Frau hat sich ab sechs Uhr früh für dreieinhalb Stunden angestellt. Gut, dass wir die Karten bekommen haben, denn an der Gruberin gefällt mir einfach alles. Ich hab davor schon einmal ein Kabartettprogramm von ihr besucht –  und sie ist einfach immer top.
 

 Mein Partner ist für mich angestanden, nicht ich selbst. Es war ein Geburtstagsgeschenk. Erstmal ist er 470 km von Magdeburg hergefahren und dann ist er sechseinhalb Stunden angestanden. Für ihn hat es sich wohl gelohnt, weil er es mir zuliebe gemacht hat.
 

 Ich muss ehrlich sagen, dass ich mich gar nicht angestellt habe. Meine Oma hat das für mich gemacht – und das sechs Stunden lang. Aber ja, es hat sich gelohnt, eindeutig, denn live habe ich sie noch nie gesehen. Und ich mag ihre bayerische Art, das Bodenständige. Sie nimmt wirklich kein Blatt vor den Mund.
 

 Das Programm kannte ich vorher nicht, aber meine Tochter hat gesagt, sie brauche unbedingt Karten und ich soll welche besorgen. Das war ein Tag nach dem Vatertag. Da hatte ich einen schweren Tag, aber um halb sieben war ich da und jetzt muss ich sagen: Es ist einfach super.
 

 Es hat sich auf jeden Fall rentiert, sich so lange, über vier Stunden, anzustellen. Jetzt sehe ich sie zum ersten Mal live. Grundsätzlich gefällt mir an ihrem Programm einfach, dass es so alltagsnah ist. Das,  was sie bringt, ist nichts Gekünsteltes, sondern einfach mitten aus dem Leben.
 

 Ich hatte Glück: Um halb eins bekam ich die letzten zwei Karten, auch wenn meine Bekannte und ich jetzt nicht  nebeneinander sitzen. Wir hatten das lange geplant. Das Programm ist ungewohnt politisch, aber die Alltagsgags sind schon gut – typisch Monika Gruber.  
 

Suzanne Schattenhofer