Alte Kracher in neuem Outfit

Manfred Mann's Earthband in der Eventhalle Ingolstadt

19.01.2020 | Stand 23.09.2023, 10:07 Uhr
Mitreißendes Spiel: Robert Hart (links) und Manfred Mann. −Foto: Leitner

Ingolstadt - Sind wir doch mal ehrlich.

Jeder, der alt genug ist, um die Glanzzeiten der Earthband selber miterlebt zu haben, weiß doch im Grunde ganz genau, was ihn beim Konzert der Band um Manfred Mann und Mick Rogers erwarten wird. "Blinded By The Light" natürlich und "Davy's On The Road Again" und selbstverständlich "Father Of Day, Father Of Night". Die einzige Frage, die vorab nicht bereits geklärt wäre, lautet: Würden "You Angel You" und "The Mighty Quinn" bereits vor oder erst in der Zugabe zu hören sein?


Einmal war die Band ja bereits in Ingolstadt. Vor vielen Jahren anlässlich einer BR-Radltour am Brückenkopf nämlich. Viele waren seinerzeit zur Konrad-Adenauer-Brücke gepilgert. Manch einer von damals wird wohl jetzt wieder anwesend sein. Auch diesmal enttäuschen Mann, wie immer gut versteckt unter seinem obligatorischen Hut und hinter seinen Keyboards, und Rogers, wie immer mit seiner Gitarre an vorderster Front, nicht. Im Gegenteil: Diese Band will es immer noch wissen und bietet all jenen, die in die mit 700 Fans gefüllte Eventhalle gekommen sind, Gelegenheit, Anteil daran zu nehmen und Zeugnis davon abzulegen.

Natürlich gilt für ein Repertoire wie das der Earthband wieder mal das Zitat Max Goldts, dem zufolge ein Publikum nicht deswegen jubelt, weil ein Song besonders gut ist, sondern weil es ihn bereits kennt, es also sein eigenes Gedächtnis beklatscht. In diesem Fall aber ist das nur die halbe Wahrheit. Erstens sind Songs wie "Don't Kill It Carol" und "Martha's Madman" nun mal erstklassig, und zweitens haben sie sich im Laufe vieler Konzerte dermaßen verändert, dass deren neues Outfit immer wieder für Überraschungen gut ist.

Das, was die Earthband macht, ist typischer Seventies-Rock, ganz klar, aber eben einer, der bereits damals das Kunststück fertig brachte, einerseits "progessiv" - so hieß das seinerzeit - und andererseits kommerziell zu sein. Das gilt auch heute noch. Man darf, ja, man muss als Fan bei "Blinded by The Light" geradezu mitsingen und könnte das vermutlich tagelang tun, aber man ist zu Recht auch immer wieder fasziniert von Rogers' feiner Gitarrenarbeit, Mann's charakteristischem Moog-Sound und den durchaus verschachtelten Arrangements.

John Lingwood (ex-Roger Chapman's Shortlist) am Schlagzeug und Steve Kinch am Bass sorgen für den Drive und die Grooves und Robert Hart (ex-Bad Company) ist immer noch ein stimmgewaltiger Rock-Shouter. Es ist also alles in bester Ordnung. Der Saal tobt, die Stimmung ist hervorragend, am Ende hat jeder seinen Lieblingssong gehört und manch einer hat sich vermutlich selber in die eigene Vergangenheit zurückgeträumt.

Dass die Band nicht auch noch "Spirits In The Night" und "Chicago Institute" gespielt hat, ist zu verschmerzen. Vielleicht beim nächsten Mal, denn ein solches wird's sicherlich geben, obwohl Mann - immer noch fit wie ein Turnschuh - am 21. Oktober seinen Achtzigsten feiern wird.

DK


 

Karl Leitner