Keifender Demokrat

Hans-Joachim Heist teilt als Gernot Hassknecht aus<?_Schrift>

19.01.2020 | Stand 23.09.2023, 10:07 Uhr
Plaudernd, pöbelnd, politisch: Als Gernot Hassknecht teilt Hans-Joachim Heist gegen alles und alle aus. −Foto: Persy

Ingolstadt - Der Kabarettabend "Gernot Hassknecht - Jetzt wird's persönlich" beginnt mit einem Video.

Das, so scheint's, erst am Samstag aufgenommen wurde: Nach Zähneputzen, Zeitungslektüre, die ihn zu einem seiner berüchtigten Ausbrüche bringt (Mit "So ein Scheiß! " wirft er die Zeitung aus dem Fenster), fährt er im Auto zum Auftritt in Ingolstadt. Am Ende der Einspielung nämlich öffnet Hans-Joachim Heist eine grüne Eingangstür, die jenen des Kulturzentrums sehr ähnelt. Kurz darauf läuft er als Gernot Hassknecht auf die Bühne. Erster Beifall brandet auf. Die Halle neun ist bis auf die vorletzte Reihe besetzt mit Fans jeden Alters dieser in der "heute-Show" des ZDF stets cholerischen Figur.

Zwei Stunden lang - mit einer kurzen Pause - regt sich der bieder-korrekt in Anzug, Hemd und Krawatte gewandete ältere Herr mit Brille von "A" wie "zu viele AfDler" bis "Z" wie "keine Zinsen auf Sparbüchern" über alles auf, was im Argen liegt. Zum Dauergebrüll aber kommt es nicht, sein zweites Bühnenprogramm ist gut choreografiert. So plaudert er über seine Beobachtungen, wechselt in drohenden Ton für die knallharten Analysen, wirft auch mit Schmähungen um sich ("Die Welt wird von Idioten regiert") und verbindet das mit klugen Lehrstunden in Demokratie wie dem Einspieler über das Grundgesetz als Buchtipp. Oder dem Ratespiel "Wer hat's gesagt - Höcke oder Hitler? ", bei dem das Publikum über Zitate abstimmt, ins Grübeln kommt, am Ende den Antisemitismus des Martin Luther ("Das war die Fangfrage! ") nicht erkennt.

Alle bekommen ihr Fett weg. Angela Merkel für ihre "postfaktischen Zeiten": "Der Zustand nach den Fakten ist Demenz! ", Friedrich Merz für seinen Rückzieher beim CDU-Vorsitz: "Der Fritze vergeigt jede Revolution! ", Andreas Scheuer als nichtsnutziger Minister: "Wieso ist er nicht der ja-sagende, grinsende Fotohintergrund für Horst Seehofer geblieben? " Demokratie sei "Scheißarbeit", müsse aber gemacht werden, weil "die am wenigsten bescheuerte Form des Zusammenlebens". Gegen Rechts müsse klar "Nein. Arschlecken! " gesagt werden oder "Na, Oarschleckn" für die Bayern.

Viele Lacher gibt es für die Tiraden gegen Schönheitswahn - "ältere Männer bekommen auch in Radlerhosen keine junge Frau ab. Frauen schauen auf Macht und Geld wie der slowenische Roboter an der Seite Trumps. " Heist hat ein Herz für die jungen Menschen - "vom Bachelor und Master in den Zeitvertrag, also ins prekäre Arbeitsverhältnis. Das ist keine Zukunft", wettert er. Da verzeiht man ihm auch blöde Witze über Frauen. Es ist eben ein mit viel Applaus bedachter Rundumschlag.

DK

Barbara Fröhlich