Fall Sonja Engelbrecht
Mordermittlungen bei Kipfenberg: Hautnah bei der großen Suchaktion dabei

29.03.2022 | Stand 23.09.2023, 2:10 Uhr

Annähernd 100 Polizeikräfte suchen seit Montag einen Wald bei Kipfenberg ab (links), in der Hoffnung, den Mordfall Engelbrecht klären zu können. Mit dabei sind Christian Nikolic (rechts) und sein Spürhund Mali – das Tier ist darauf trainiert, Leichenliegeplätze selbst nach Jahrzehnten noch aufzuspüren. Fotos: Richter

Von Horst Richter

Dort war sie bereits im vergangenen November und Dezember mit bis 140 Kräften unterwegs gewesen. Hintergrund ist der mutmaßliche Mord an der seit April 1995 verschollenen Sonja Engelbrecht (19) aus München. Ein Waldarbeiter hatte 2020 in dieser Gegend einen Oberschenkelknochen der Frau gefunden. Seither laufen die Ermittlungen.



Fast 100 Polizistinnen und Polizisten

Annähernd 100 Polizistinnen und Polizisten durchkämmten am Montag ab 10 Uhr den Forst. Dicht nebeneinanderstehend räumten sie Äste und Laub zur Seite, um am Boden nach verwertbaren Spuren im Zusammenhang mit dem Verbrechen zu suchen. „Das könnten weitere Knochen der Vermissten oder irgendwelche Gegenstände sein“, sagte Werner Kraus vom Polizeipräsidium München unserer Zeitung.

Die warme Frühlingssonne ließ die Arbeit weit besser vorangehen als zuletzt im Winter. Neben den rund 100 Frauen und Männern waren diesmal auch Hundeführer aus Ingolstadt und Kräfte der alpinen Einsatzgruppe des Präsidiums Oberbayern-Süd an der Aktion beteiligt. Eine Drohne half dabei, Bilder aus der Luft zu erhalten. Die Suche soll bis Donnerstag andauern. „Ob wir danach nach einmal kommen, hängt vom Ergebnis ab“, sagte Kraus.

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Große Hoffnungen der Kriminalpolizei München ruhen dabei auf zwei Spezialisten aus Kroatien: Christian Nikolic und seine Frau Andrea Pintar sind mit zwei Leichenspürhunden mit ganz besonderen Fähigkeiten angereist. „Mali“ und „Arwen“, wie die Vierbeiner heißen, können Liegeplätze von Toten selbst nach Jahrzehnten oder Jahrhunderten noch Aufstöbern. „Wir arbeiten viel mit Archäologen zusammen, und der älteste von uns gefundene Tote war 6000 Jahr alt“, sagte Andrea Pintar unserer Zeitung.

„Der Boden und die Erde vergessen nichts“

„Der Boden und die Erde vergessen nichts, falls an einer Stelle einmal eine Leiche gelegen ist.“ Nicht einmal der Regen könne das wegwaschen. Wenn ein Körper sich zersetze, würden Geruchsmoleküle entstehen, „und die bleiben dauerhaft in der Erde. Sie können zwar mit der Zeit durch Niederschlag weiter nach unten wandern, aber wenn die Sonne auf den Boden scheint, kommen sie durch die Wärme wieder nach oben“, sagte die Spezialistin.

Das Ehepaar ist nach eigenem Bekunden sehr viel für internationale Ermittlungsbehörden tätig. Spürhunde wie „Alwen“ und „Mali“ waren nach Ende der Balkankriege ausgebildet worden, um Massengräber nach Massakern zu finden. Heute kommen sie unter anderem bei der Polizeiarbeit zum Einsatz. Ob sie die Aufklärung im Fall von Sonja Engelbrecht voranbringen, wird sich diese Woche zeigen.

Die Kripo geht davon aus, dass der Fundort von Sonjas Oberschenkelknochen in der Nähe eines Waldhauses des Kipfenberger Forstbetriebs und unweit des bei Wanderern beliebten Panoramawegs nicht unbedingt der Ablageort der Leiche war – letzterer dürfte sich aber in der Nähe befinden. Der Knochen war wohl durch im Wald lebende Tiere oder nicht angeleinte Hunde verschleppt worden. Das Landeskriminalamt hatte Ende Januar fast 27 Jahre nach dem mysteriösen Verschwinden der Schülerin 10000 Euro Belohnung für den entscheidenden Hinweis zur Klärung des Verbrechens ausgesetzt. Die Polizei geht von Mord aus. Die 19-Jährige war zuletzt am 11. April 1995 in München lebend gesehen worden. Wer damals rund um Kipfenberg verdächtige Beobachtungen gemacht hat, möge sich unter Telefon 089-29100 melden, bittet die Münchner Polizei.

DK