Ingolstadt
Staatsanwalt fordert drei Jahre Haft für Ingolstadts Ex-OB

11.10.2019 | Stand 02.12.2020, 12:52 Uhr
Alfred Lehmann (CSU), läuft vor Prozessbeginn vor dem Landgericht Ingolstadt entlang. −Foto: Peter Kneffel/dpa

Ingolstadt (dpa) Im Korruptionsprozess gegen den ehemaligen Oberbürgermeister von Ingolstadt, Alfred Lehmann, werden heute 9.15 Uhr die Plädoyers erwartet. Ursprünglich sollte das Verfahren bereits vor zwei Monaten beendet werden. Aber weil der 69-Jährige damals kurz vor den geplanten Plädoyers ein Teilgeständnis ablegte, musste die Strafkammer noch weitere Verhandlungstage ansetzen.

Wegen Korruption in zwei Fällen hat die Staatsanwaltschaft für den früheren Ingolstädter Oberbürgermeister, Alfred Lehmann (CSU), eine Gefängnisstrafe von drei Jahren verlangt. Lehmann habe seine „Stellung als Oberbürgermeister missbraucht“ und bei zwei Bauprojekten dadurch finanzielle Vorteile in Höhe von rund 600 000 Euro erzielt, sagte Staatsanwalt Gerhard Reicherl am Freitag vor dem Landgericht in Ingolstadt.

Er bewertete die Immobiliengeschäfte des ehemaligen Rathauschefs als zwei besonders schwere Fälle der Bestechlichkeit. Eine Bewährungsstrafe sei dabei nicht vertretbar. Lehmann habe seine privaten Interessen über seine Dienstpflichten gestellt, meinte der Ankläger. Er beantragte auch, dass der Staat bei Lehmann die 600 000 Euro als Wertersatz einzieht.

Die Verteidiger forderten hingegen eine Bewährungsstrafe von weniger als zwölf Monaten für den 69-Jährigen. Die Urteilsverkündung ist für den 22. Oktober geplant.

In dem Prozess geht es um zwei Sanierungsprojekte in Ingolstadt. Lehmann war als OB am Verkauf öffentlicher Flächen an Investoren beteiligt und erwarb später in den modernisierten Objekten selbst Wohnungen. In dem Prozess hatte Lehmann erst spät Fehler und die Annahme von Vorteilen eingeräumt, nachdem er zunächst alle Vorwürfe abgestritten hatte.

Die Staatsanwaltschaft sieht den Unterschied zwischen dem Marktpreis der von Lehmann erworbenen Immobilien und dem gezahlten Kaufpreis als Vorteil des Kommunalpolitikers an. Zudem soll dem kommunalen Krankenhauszweckverband bei dem Verkauf des früheren Krankenhauses ein Schaden von mehr als einer halben Million Euro entstanden sein, weil dem Investor zu wenig berechnet wurde.

Die Anwälte des CSU-Politikers sehen keinen Schaden bei der Stadt und gehen auch von einem deutlich geringeren finanziellen Vorteil für Lehmann aus. Der Rathauschef habe selbst nichts gefordert, sondern nur geschwiegen, als er aktiv hätte „Nein“ sagen müssen, meinten die Verteidiger. Letztlich habe der damalige OB auch einmal etwas günstig haben wollen.

Den Anwälten Lehmanns geht es insbesondere auch darum, eine Freiheitsstrafe von einem Jahr oder mehr für ihren Mandanten zu vermeiden. Denn dann würde Lehmann seinen Beamtenstatus und somit auch seine Pensionsansprüche verlieren, auch bei einer Bewährungsstrafe. Die Rente, die Lehmann dann als Ersatz bekäme, sei nur ein Bruchteil der bisherigen Pension, rechneten die Verteidiger in ihrem Plädoyer vor. Lehmann war zwei Amtszeiten lang, von 2002 bis 2014, OB in Ingolstadt.

Ein Verantwortlicher eines Bauträgers, der Lehmann bestochen haben soll, ist in dem Prozess mitangeklagt. Für ihn forderte der Staatsanwalt zweieinhalb Jahre Haft. Der Verteidiger des Unternehmers verlangte einen Freispruch.

Auch der suspendierte Regensburger Oberbürgermeister Joachim Wolbergs muss sich derzeit erneut wegen Korruptionsvorwürfen vor Gericht verantworten. Dabei geht es um Parteispenden, mit denen sich Unternehmer laut Anklage das Wohlwollen des früheren SPD-Politikers bei der Vergabe von Bauprojekten sichern wollten. In einem ersten Prozess war Wolbergs wegen zwei Fällen von Vorteilsnahme verurteilt und in weiteren Anklagepunkten freigesprochen worden. Das Gericht hatte allerdings keine Strafe gegen den Kommunalpolitiker ausgesprochen.

Mitteilung der Staatsanwaltschaft zur Anklage

dpa