Kleinhohenried
Drei Oberbayern für Russland

Wisente aus dem Donaumoos ziehen in Nationalpark bei Moskau und frischen dort Gen-Pool auf

13.07.2017 | Stand 02.12.2020, 17:47 Uhr

Kleinhohenried (DK) Auf nach Russland: Drei Wisente aus dem Zuchtprogramm im Donaumoos im Landkreis Neuburg-Schrobenhausen sind gestern auf große Reise geschickt worden. Bald schon ist ihr neues Zuhause ein Nationalpark in der Nähe von Moskau. Dort verstärken sie die bestehende Herde.

So richtig traut sie der Sache nicht. Donna II scheint zu spüren, dass irgendetwas nicht stimmt. Die neun Jahre alte Wisent-Kuh läuft aufgeregt hin und her, beschnuppert den Gang, den sie nach dem Willen ihrer menschlichen Betreuer gehen soll. Der ist rechts und links mit hohen Heuballen ausgelegt. Und um die Ecke wartet ein Monster aus Stahl - ein riesiger Tiertransporter, der Donna II und ihre Gefährten Donika II und den Bullen Eggeprinz nach Russland bringen soll.

Oben auf dem Heu liegen die Experten vom Donaumoos-Zweckverband, locken Donna mit Karotten und Grünzeug und reden ihr gut zu. Allerdings ohne Erfolg. Die Wisent-Dame ziert sich. Sie ist ebenso wie Donika II im Donaumoos geboren - was an den ersten drei Buchstaben im Namen zu erkennen ist. Die Kuh ist eines der aktuell 37 Tiere umfassenden Herde, die hier seit fast 15 Jahren aufgebaut wird. Der Wisent ist Europas größtes Landsäugetier - und stand in den 1920er-Jahren bereits kurz vor dem Aussterben. Die heutige Population von europaweit 5000 Wisenten basiert auf der genetischen Grundlage von nur zwölf Zuchttieren. Durch die hohe Inzuchtrate gilt die Art als vom Aussterben bedroht und wird als "gefährdet" eingestuft.

Die drei Tiere aus dem Donaumoos dienen dazu, den Gen-Pool des russischen Bestands aufzufrischen. "Zwei der zwölf Gründertiere sind in den Genen der russischen Wisente nicht vorhanden", berichtet Michael Hafner vom Donaumoos-Zweckverband, der für das Zuchtprogramm zuständig ist.

Dass der Transport reibungslos abläuft, das ist eine durchaus komplizierte Angelegenheit. Bevor Donna II, Donika II und Eggeprinz überhaupt einen Huf in den Transporter setzen konnten, musste ihnen zunächst eine Blutprobe entnommen werden. Und weil das nicht ohne weiteres möglich ist, wurden die Tiere narkotisiert. "Theoretisch kann man die Wisente auch horizontal verladen, sprich sie erneut narkotisieren", erklärt der Tierarzt und Zuchtleiter Johannes Riedl. "Aber so ist es deutlich schonender." Also wurden die drei oberbayerischen Tiere mit viel Geduld und Ruhe in den klimatisierten Transporter gelockt. Besonders aufwendig war das Prozedere mit dem Bullen Eggeprinz, der eine enorme Kraft besitzt und mit dem deshalb sehr vorsichtig umgegangen wurde.

Die Tiere kommen nun aufgrund diverser Ausfuhrbestimmungen noch vier Wochen auf eine Quarantänestation bei Hannover, bis sie die über 2400 Kilometer lange Reise in ihr neues Zuhause antreten können. Es ist das erste Mal seit etlichen Jahren, dass wieder ein Wisent nach Russland transportiert wird - was vor allem politische Gründe hat. Im Streit um Handelssanktionen und die Ukraine-Krise hat Russland die Einfuhr von Rindern aus Europa untersagt. Ob Wladimir Putin, der als Tierfreund bekannt ist, nun persönlich dafür verantwortlich ist, dass die Donaumoos-Wisente die Herde bei Moskau verstärken dürfen, das ist allerdings nicht überliefert.